# taz.de -- Frauen im Radsport: Am Katzentisch der Tour de France | |
> Für sie werden keine Strecken abgesperrt, wird kein Verkehr angehalten. | |
> Radrennfahrerinnen kämpfen für eine weibliche Tour de France. | |
Bild: Berge kann sie auch: Annemiek van Vleuten gewinnt La Course | |
LE GRAND-BORNARD taz | Die Frauen saßen wieder mal am Katzentisch der Tour | |
de France. Sie boten dort aber eine große Show, bei der sich am Dienstag in | |
einem Herzschlagfinale Vorjahressiegerin Annemiek van Vleuthen durchsetzte | |
und Ausreißerin Cecilie Uttrup Ludwig für den emotionalen Höhepunkt sorgte. | |
Das Rennen, [1][La Course by Le Tour de France], ist ein ultimatives | |
Argument für eine Aufwertung des Frauenradsports. | |
Vier Stunden vor den [2][männlichen Profis] und zwei Stunden vor der | |
gigantischen Werbekarawane der Tour de France nahmen 113 Fahrerinnen von 20 | |
Teams die 112,5 Kilometer von Annecy nach Le Grand-Bornand auf sich. Es | |
waren 46 Kilometer weniger als die Männer. Unter anderem wurde die | |
Bergwertung der 1. Kategorie am Col de la Croix Fer ausgelassen. | |
Fahren allerdings können Frauen solche Berge. Auch wenn davor und danach | |
noch andere Gipfel sind. Das zeigten am Tag zuvor die Teilnehmerinnen der | |
alternativen Tour de France der Frauen. Unter dem Namen „Donnons des Elles | |
au vélo“ (Bringen wir sie aufs Rad) bestreiten 13 Frauen seit dem 6. Juli | |
die komplette Tour de France. Sie fahren alle Etappen ab, einen Tag vor den | |
Männern. Für sie werden keine Strecken abgesperrt, für sie wird kein | |
Verkehr angehalten. Sie schaffen es aber doch. | |
„Wir wollen die Tourorganisatoren unter Druck setzen, damit sie eine | |
richtige Tour de France der Frauen organisieren“, sagte Sprecher Mathieu | |
Istil der taz am Telefon. An dem Tag, als die Profifrauen und Profimänner | |
auf dem Weg nach Le Grand-Bornand waren, befanden sich die Aktivistinnen | |
schließlich schon auf dem nächsten Tagesabschnitt, von Albertville nach La | |
Rosière. Angesprochen auf La Course meinte Istil trocken: „Ein Tag | |
Frauenrennen bei der Tour ist viel zu wenig. Die ASO (Tourorganisation; d. | |
Red.) muss mehr leisten!“ | |
Die Profisportlerinnen bei La Course freute allerdings, dass ihr Rennen | |
erneut als Bergetappe ausgetragen wurde. Das Auftaktrennen 2014 war | |
lediglich ein Rundkurs auf den Champs Elysees – ausgetragen am Finaltag der | |
Männer. „Es war schön, so viele Zuschauer an der Strecke zu haben“, blick… | |
Annemiek van Vleuthen zurück. „Sportlich interessant war es aber nicht. Wir | |
Frauen können mehr als im Flachen Runden zu drehen.“ | |
Van Vleuthen gewann 2017 die Austragung am Col d’Izoard. Beim aktuellen | |
Rennen machte sie erst in einer Dreiergruppe Jagd auf die Ausreißerin | |
Cecilie Uttrup Ludwig, dann sprengte Olympiasiegerin Anna van der Breggen | |
die Gruppe. Sie strebte allein dem Gipfel zu. Die Niederländerin sah aus | |
wie die sichere Siegerin, da mobilisierte Landsfrau van Vleuthen die | |
allerletzten Reserven und flog vorbei. Es war ein Bilderbuchfinale mit | |
vielen Zuschauern. | |
„So klasse kann Frauenradsport sein, schaut hin, Leute, schaut hin“, meinte | |
im Ziel dann auch die Gesamt-Vierte Ludwig. Sie wurde von Tränen | |
geschüttelt. Und wer sie sah, dachte, sie weine, weil ihr der Tagessieg | |
verwehrt geblieben war. Ludwig aber weinte vor Glück: „So ein schöner Tag, | |
einer der schönsten in meinem Leben. Ich werde das nie vergessen“, sagte | |
sie. „So viele dänische Fahnen waren am Straßenrand, so viele Leute haben | |
meinen Namen gerufen. Es war einfach großartig.“ | |
Gut, die dänischen Fahnen werden die Fans von Astana-Kapitän Jakob Fuglsang | |
geschwenkt haben. Dass die Fuglsang-Fans aber Cecilie Ludwigs Namen | |
ebenfalls kannten, spricht für die wachsende Akzeptanz des Frauenradsports. | |
„Sogar Franzosen riefen meinen Namen“, freute sich Ludwig. | |
## Deutsche Starterinnen abgehängt | |
Deutsche Starterinnen hatten mit dem Rennausgang nichts zu tun. Beste wurde | |
Clara Koppenberg auf Platz 30 mit mehr als neun Minuten Rückstand, | |
zweitbeste Kathrin Hammes. Berge sind unbedingt das Terrain der Kölnerin. | |
Sie hatte ein paar Tage zuvor auch schon den Zoncolan bei Giro rosa, dem | |
Frauenrenenn des Giro d’Italia, in den Beinen. Klagen wollte sie darüber | |
aber nicht, auch nicht über die lange Autofahrt direkt von den Dolomiten zu | |
den Alpen. | |
Sie wünschte sich aber auch eine echte Tour de France der Frauen. „Warum | |
nicht auch drei Wochen? Wir können das“, meinte sie selbstbewusst. Und im | |
Gegensatz zu den Männern, die den großen Tourtransfer von Roubaix nach | |
Annecy mit dem Flugzeug absolvierten, kamen die Frauen von Italien aus mit | |
dem Auto. | |
17 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.lacoursebyletourdefrance.com/fr | |
[2] /Sprinter-bei-der-Tour-de-France/!5521823 | |
## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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