| # taz.de -- Fotojournalist im Irak festgenommen: „Ich habe mich abschieben la… | |
| > Der Fotograf Hinrich Schultze wurde in Erbil, Nordirak, am Flughafen | |
| > festgehalten – nicht sein erstes Zusammentreffen mit den | |
| > Sicherheitsbehörden. | |
| Bild: Festnahme am Flughafen: Die Asta-Vorsitzende Sofia L. und Ramazan M. von … | |
| taz: Herr Schultze, sind Sie wieder frei? | |
| Hinrich Schultze: Ja, ich bin im Schanzenviertel und frei. | |
| Wo wurden Sie festgehalten? | |
| Auf dem Flughafen von Erbil, Nordirak. Ich war mit der gleichen | |
| internationalen Friedensdelegation unterwegs [1][wie die | |
| Fraktionsvorsitzende der Linken, Cansu Özdemir], und andere, die auch | |
| festgehalten wurden, allerdings schon in Düsseldorf. | |
| Warum wurden Sie erst in Erbil aufgehalten? | |
| Ich war ausnahmsweise mal früh dran und saß schon in Düsseldorf im | |
| Flugzeug, als die Polizisten kamen und die anderen festhielten. Das | |
| Flugzeug startete dann ohne sie. | |
| Was passierte [2][in Erbil]? | |
| Einige von uns wurden schon vor der Passkontrolle mitgenommen, die hatten | |
| die Beamten wohl vom Gesicht her erkannt. Woher die Behörden im Irak | |
| wissen, wer in Hamburg zum Beispiel Asta-Vorsitzende ist – keine Ahnung. | |
| Die meisten wurden aber wie ich nach der Ausgabe der Visa aufgegriffen.– | |
| Was wurde Ihnen über den Grund der Festnahme mitgeteilt? | |
| Nichts. Ein paar Herren kamen auf uns zu, einige stark tätowiert, andere | |
| muskelbepackt, andere in schicken Anzügen. Sie sagten nur, wir sollten | |
| mitkommen und brachten uns in einen abgelegeneren Teil des Flughafens. Da | |
| hielten sie uns von 14 Uhr bis 4 Uhr morgens fest. | |
| Sie wurden nicht verhört? | |
| Nein. Irgendwann wurden die Herren etwas freundlicher und gaben uns Wasser | |
| und ein halbes Huhn. Wahrscheinlich, weil es internationale Nachfragen | |
| gegeben hatte. Am Schluss boten sie uns an, dass wir überallhin fliegen | |
| könnten mit Quatar Airlines, wenn es nur nicht im Irak sei. | |
| Und da haben Sie Deutschland gewählt. | |
| Ja. Ich habe mich quasi [3][abschieben lassen.] | |
| Hatten Sie Angst? | |
| Nein, höchstens um die türkischen Teilnehmer unserer Delegation. Was | |
| sollten die mit uns anderen machen außer uns abzuschieben? | |
| Sie wurden nicht zum ersten Mal in der Region von den Behörden | |
| festgehalten. | |
| Nein, das passiert öfters. Ich bin als Journalist oft in der Region | |
| unterwegs. So um 2015, 2016 wurde man ständig aufgegriffen, auch wenn man | |
| nur einkaufen war. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft es war, meistens wird | |
| man ja nach einigen Stunden freigelassen. | |
| Was glauben Sie, warum das Regime Ihnen so misstraut? | |
| Ich denke, es geht um militärische und wirtschaftliche Interessen. Im | |
| Nordirak herrscht ja eine Art Krieg, die Türkei ist gegen die Kurden | |
| einmarschiert. Dörfer wurden bombardiert, Zivilisten sind betroffen. Dabei | |
| werden auch deutsche Waffen eingesetzt. Wenn es um Krieg oder gegen | |
| Russland geht, halten Deutschland und die Türkei zusammen. | |
| Glauben Sie, dass der deutsche Geheimdienst sich auch für Sie interessiert? | |
| Gemeldet hat der sich nicht bei mir, aber das heißt ja nichts. Meine | |
| [4][geschätzte Kollegin Marily Stroux], mit der ich bei der taz sowie der | |
| Agentur Panfoto zusammengearbeitet habe, wurde ja auch jahrelang | |
| observiert. Journalisten sind grundsätzlich verdächtig für Regime, die was | |
| zu verbergen haben. | |
| Wollen Sie wieder nach Kurdistan reisen? | |
| Ich arbeite als Journalist kontinuierlich an Themen, zu denen ich weiter | |
| berichten will. Seit 2015 wurden in Kurdistan viele Städte zerstört, auch | |
| traditionelle Wohnformen und Kulturstätten verschwinden nach und nach. Mir | |
| ist es wichtig, so viel wie möglich zu dokumentieren, solange es noch da | |
| ist. | |
| 24 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
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