| # taz.de -- Flüchtlinge in Berliner Schule: Grüne lassen räumen | |
| > 900 Polizisten sperren die Straßen um die Schule in der Ohlauer Straße | |
| > ab. Nun will das Bezirksamt räumen lassen. Eine verfahrene Situation. | |
| Bild: Eine bizarre Szenerie | |
| BERLIN taz | Nun also doch. Der grün regierte Bezirk Berlin-Kreuzberg hat | |
| bei der Polizei die Räumung der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule | |
| beantragt. Ein einwöchiges Tauziehen, bei dem ein komplettes Wohnviertel | |
| durch die Polizei lahmgelegt war, findet so ein Ende. Allen | |
| Verhandlungsbemühungen des Bezirksamts zum Trotz, hatten sich rund 40 | |
| Flüchtlinge geweigert, das Gebäude zu verlassen. Im Falle einer Räumung | |
| werde man sich vom Dach stürzen oder sich anzünden, hatten sie gedroht. | |
| Noch Montagnacht hatte die Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann eine | |
| Räumung durch die Polizei abgelehnt. Sie wolle nicht, dass jemand zu | |
| Schaden komme. Es war dann der grüne Baustadtrat Hans Panhoff, der das | |
| Räumungsersuchen unterschrieben hat. Er gehe davon aus, dass die Polizei | |
| mit „höchstmöglicher Sensibilität“ vorgehe und weiterhin eine Chance für | |
| eine friedliche Lösung bestehe, teilte Panhoff mit. | |
| Das Fax des Stadtrats erreichte die Polizei am Dienstagmittag. Über Twitter | |
| und SMS lief sogleich die Mobilisierungskette in der Unterstützerszene | |
| heiß. Aber die Polizei ließ sich Zeit. „Erst mal führen wir noch Gespräche | |
| und gehen das dann mit Augenmaß an“, sagte Polizeisprecher Stefan Redlich. | |
| Bis Dienstagabend war rund um die Schule kaum ein größeres Polizeiaufgebot | |
| zu verzeichnen als in den Tagen zuvor. Das zu toppen ist aber auch schwer. | |
| Seit einer Woche hatten 900 Uniformierte die Straßen rund um die | |
| Gerhart-Hauptmann-Schule abgesperrt. Vergleichbares ist in Berlin noch nie | |
| vorgekommen und erst recht nicht im grün regierten Kreuzberg. Anwohner | |
| wurden nur nach Ausweiskontrollen durchgelassen. Eltern, die ihre Kinder in | |
| die Kita brachten und alte Leute, die einkaufen gehen wollten, mussten | |
| große Umwege laufen. | |
| Eine bizarre Szenerie. Vor den Augen der Polizisten, die sich mit Knöpfchen | |
| im Ohr hinter Absperrgittern lümmelten, machten Unterstützer mit Blick zu | |
| den Flüchtlingen auf dem Dach auf Bürgersteigen Party. | |
| ## Kontrolle entglitten | |
| Die leerstehende Schule wurde im Winter 2012 besetzt. Zunächst waren es nur | |
| Flüchtlinge aus dem mittlerweile geräumten Zeltdorf auf dem Kreuzberger | |
| Oranienplatz, die das Haus zusammen mit Autonomen in Beschlag nahmen. | |
| Gefordert wurde, dass der Bezirk ein selbstverwaltetes Flüchtlingshaus | |
| zulässt. Das lehnte das Bezirksamt ab. In der Schule sei ein | |
| Projektezentrum geplant. | |
| Aus einer Duldung für den Winter wurden zwei Jahre. Dem Bezirksamt entglitt | |
| zunehmend die Kontrolle über das Gebäude. Die Schule wurde zur Anlaufstelle | |
| für Flüchtlinge mit und ohne Papiere, für Roma-Familien und Obdachlose. Die | |
| Zustände waren fatal. Ende April wurde ein Marokkaner erstochen – angeblich | |
| im Streit um die Nutzung der einzigen Dusche. | |
| Monatelang hatte Stadtrat Panhoff mit den Bewohner über einen freiwilligen | |
| Auszug aus dem Gebäude verhandelt. Die Gespräche traten auf der Stelle. | |
| Anfang vergangener Woche stellte die Bürgermeisterin Monika Herrmann dann | |
| bei der Polizei das Amtshilfeersuchen, den Umzug der Bewohner in andere | |
| Quartiere abzusichern – gegen etwaige Störungen und Behinderungen von | |
| Unterstützern. | |
| Über 200 Bewohner der Schule zogen in vom Senat zur Verfügung gestellte | |
| Heime in anderen Stadtteilen, doch rund 40 weigerten sich, das Gebäude zu | |
| verlassen. Sie forderten ein Bleiberecht nach § 23 Aufenthaltsrecht aus | |
| humanitären Gründen. Doch dafür wäre Innensenator Frank Henkel (CDU) | |
| zuständig und der lehnt jegliche Sonderbehandlung ab. | |
| ## Eine verfahrene Situation | |
| Eine verfahrene Situation. Am Montag signalisierte Polizeipräsident Klaus | |
| Kandt im Abgeordnetenhaus, die Polizei sei nicht länger gewillt, die | |
| Absperrungen aufrechtzuerhalten. Der Bezirk müsse zu einer Lösung kommen. | |
| Bis Dienstagfrüh setzte er dem Bezirksamt ein Ultimatum. Entweder es komme | |
| ein Räumungsantrag oder die Polizei ziehe ab. Die Folgen eines Abzugs seien | |
| klar, so Kandt: „Die Schule wird dann sehr schnell wieder mit Leuten | |
| volllaufen“, sagte der Polizeichef. „Es wird schwer, sie dann wieder leer | |
| zu bekommen.“ | |
| Zu guter Letzt bot der Bezirk den Flüchtlingen sogar an, in einem Teil des | |
| Hauses bleiben zu können. „Der Bezirk akzeptiert, dass wir im Gebäude | |
| bleiben, wenn wir vom Dach kommen“, bestätigte einer der Flüchtlinge das am | |
| Dienstagmittag. In der Schule zu sein sei aber nicht ihr Ziel. „Wir fordern | |
| ein Bleiberecht. Erst dann kommen wir vom Dach.“ | |
| 1 Jul 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Plutonia Plarre | |
| ## TAGS | |
| Flüchtlinge | |
| Polizei | |
| Berlin | |
| Ohlauer Straße | |
| Bündnis 90/Die Grünen | |
| Flüchtlinge | |
| Flüchtlinge | |
| Flüchtlinge | |
| Gerhart-Hauptmann-Schule | |
| Berlin | |
| Flüchtlinge | |
| Berlin | |
| Flüchtlinge | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Refugees in Berlin-Kreuzberg: „We were made almost crazy“ | |
| Mai M., originally from the Sudan explains: For the refugees in a Berlin | |
| school the stand off with police and state was an extreme situation. | |
| Kommentar besetzte Schule: Unterstützer machen es sich leicht | |
| Man kann die Grünen für ihr Auftreten im Konflikt um die Flüchtlinge | |
| kritisieren. Doch die Empörung der Unterstützer kommt zu spät. | |
| Kommentar Flüchtlingspolitik Grüne Berlin: Am eigenen Anspruch gescheitert | |
| Ohne Unterlass betonen die Grünen ihre Unterstützung für die Ziele der | |
| Flüchtlinge. Letztlich fehlt ihnen aber der Mut, die Konsequenzen daraus zu | |
| ziehen. | |
| Berlin-Kreuzberg blockiert: Vier Platzhalter für eine Pinkelpause | |
| An den Sperren rund um die von Flüchtlingen besetzte Schule in Berlin | |
| fanden am Dienstag Sitzblockaden statt. Eindrücke von vor Ort. | |
| Besetzte Schule in Berlin-Kreuzberg: Panik vor der Räumung | |
| Die Flüchtlinge in der Schule reagieren geschockt auf die neue Drohkulisse. | |
| Linke und Piraten äußern scharfe Kritik an den Grünen. | |
| Besetzte Schule in Berlin-Kreuzberg: Protest gegen Flüchtlingspolitik | |
| 1.500 demonstrieren in Berlin aus Solidarität mit den Flüchtlingen in der | |
| Schule. Vor den Polizeisperren kommt es zu Auseinandersetzungen. | |
| Besetzte Schule in Berlin-Kreuzberg: Kommt jetzt doch die Räumung? | |
| Die Polizei hatte dem Bezirksamt in Berlin ein Ultimatum gestellt, bevor | |
| sie aus Kreuzberg abzieht. Nun will das Amt die Flüchtlinge wohl doch | |
| räumen lassen. | |
| Kommentar Flüchtlinge in Schule: Politische Lehrstunde in Kreuzberg | |
| Die Polizei stellt dem Bezirk ein Ultimatum, das ihm keine Wahl lässt. Die | |
| Probleme der Flüchtlinge auf dem Dach sind damit noch lange nicht gelöst. | |
| Kommentar Panikmache bei Twitter: Wo viele Vögel zwitschern | |
| Räumung sofort! Polizeieskalation! Tweets zur Situation in der besetzten | |
| Schule machen viel Wind, sind aber nicht immer richtig. Oder hilfreich. |