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# taz.de -- Kommentar besetzte Schule: Unterstützer machen es sich leicht
> Man kann die Grünen für ihr Auftreten im Konflikt um die Flüchtlinge
> kritisieren. Doch die Empörung der Unterstützer kommt zu spät.
Bild: Demonstranten in der Ohlauer Straße: Warum wurde nicht eine funktioniere…
Man möchte wirklich nicht den Grünen angehören in diesen Tagen, schon gar
nicht in Kreuzberg. Von allen Seiten werden sie beschossen: Für die Szene
der Flüchtlings-Unterstützer haben Monika Herrmann, Hans Panhoff und Co.
die Büchse der Pandora geöffnet, heraus fliegen Polizeistaat, Zensur und
wer weiß was noch. Und für viele, die eine Räumung der
Gerhart-Hauptmann-Schule eigentlich befürworten, sind sie
entscheidungsschwache, inkompetente Hampelmänner und -frauen, die sich auf
Kosten der Allgemeinheit ideologisch verrenken.
An beiden Anwürfen ist etwas dran. Natürlich ist das polizeiliche
Sperrgebiet eine Zumutung, natürlich ist der Umgang mit der Presse nicht in
Ordnung. Und natürlich ist es ein bemitleidenswerter Anblick, wie die
Verantwortlichen des Bezirksamts da in der selbstgebauten Sackgasse
herumstehen.
Andererseits ist es dieser Tage auch so furchtbar leicht, auf der scheinbar
richtigen Seite zu stehen. Endlich mal klare Fronten! Von pfeffersprayenden
Cops verteidigt! Und es geht um Menschenrechte! Kein Wunder, dass die
Sitzblockaden im Reichekiez der Place-to-be sind in diesen Tagen.
Und viele, sehr viele von denen, die da protestieren, müssten sich
eigentlich die Frage gefallen lassen, wo sie denn waren, als die Zustände
in der besetzten Schule immer krasser wurden, im schlechtestmöglichen Sinne
anarchisch, manchmal auch gewalttätig. Da hätten auch alle etwas tun
können, die jetzt die Räumungsversuche des Bezirksamts verteufeln.
Warum haben die, die monatelang darüber Klage geführt haben, dass es nur
eine funktionierende Dusche in der Schule gab, nicht eine weitere Dusche
oder einen Klempner organisiert? Wäre das zu mühsam gewesen?
## Größtmögliche Beißhemmung
Die "bösen" Grünen, das muss man jetzt auch mal sagen, haben jedenfalls
immer versucht, ihre hohen Ansprüche in der Flüchtlingspolitik mit den
Beschränkungen und den Notwendigkeiten vor Ort auszutarieren. Sie haben dem
Protest einen Raum gegeben, sie haben das Camp auf dem Oranienplatz und die
Schulbesetzung lange toleriert und begleitet - an sehr wenigen Orten in
Deutschland dürfte so etwas möglich sein.
Und auch der ausgeuferte Polizeieinsatz ist ja gerade das Ergebnis einer
größtmöglichen Beißhemmung. In einem CDU-regierten Bezirk wäre vermutlich
längst bei Nacht und Nebel geräumt worden, es hätte einen kurzen Aufschrei
gegeben, und dann hätte jeder wieder seins gemacht. Die ganze
Reibungsfläche ist ja entstanden, weil die angeblichen Grünfaschisten jeden
gewaltsamen Zugriff vermeiden wollten - wobei die Polizei martialischer
auftrat, als das gewünscht war.
Klar ist: In der Schule konnte es so nicht weitergehen. Wer jetzt wieder
fordert, dort solle Selbstverwaltung herrschen, hat mindestens die letzten
zwölf Monate verpennt. Außerdem haben die Projekte, die dort einziehen
wollten und wollen, einen legitimen Anspruch auf Räume. Den können ein paar
Dutzend Flüchtlinge und Unterstützer nicht einfach für sich beanspruchen.
A propos: Wenn es diesen Unterstützern tatsächlich um die Menschen geht,
die da drohen, sich vom Dach zu stürzen, dann sollten sie nicht deren
Ankündigung als politisches Faustpfand präsentieren, sondern verdammt noch
mal alles dafür tun, sie von ihrem Ansinnen abzubringen.
2 Jul 2014
## AUTOREN
Claudius Prösser
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