# taz.de -- Eritrea-Festival in Gießen: Generäle und Propagandisten | |
> Die brutale Militärregierung Eritreas will sich wieder in Gießen feiern, | |
> die Stadt ist dagegen. Die Polizei bereitet sich auf einen Großeinsatz | |
> vor. | |
Bild: Das Eritrea-Festival in Gießen kann stattfinden | |
BERLIN taz | Am Wochenende, 8. und 9. Juli, will sich die eritreische | |
Diktatur im hessischen Gießen wieder selbst feiern. Es geht [1][um das | |
Eritrea-Festival,] das wie fast jedes Jahr seit 2011 in den Messehallen | |
stattfinden soll und für das europaweit mobilisiert wird. Die Stadt | |
verhängte diesmal ein Verbot – das indes vom Gießener Verwaltungsgericht | |
gekippt wurde. | |
Die Diktatur flog für das Festival in den vergangenen Jahren immer wieder | |
hohe Generäle, Musikgruppen und Propagandisten aus Eritrea ein. Parallel | |
gab es friedliche Proteste gegen die Diktatur, das als das Nordkorea | |
Afrikas gilt und seine Bürger in einem zeitlich unbefristeten Militärdienst | |
versklavt. Im vergangenen Jahr gab es während des Aufbaus zu einem Konzert | |
auch einen gewaltsamen Angriff mehrerer Männer auf Aufbauhelfer – der aber | |
nichts mit dem Gegenprotest zu tun hatte. Das führte zu zahlreichen | |
Verletzten. Die Veranstaltung wurde von der [2][Polizei abgebrochen.] | |
Darum bereitet sich die Polizei dieses Jahr auf einen Großeinsatz vor. | |
Weite Teile Gießens wurden zur Waffenverbotszone erklärt. Der Polizei | |
liegen Erkenntnisse vor, dass eine Gruppe „Brigade N’Hamedu“, die über | |
Tiktok europaweit mobilisiert, mit mehreren hundert Personen das Festival | |
gewaltsam stören will. | |
Wegen der Gewaltaufrufe und des nach Ansicht der Stadt unprofessionellen | |
Sicherheitskonzeptes des Veranstalters, eines regimenahen Vereins, hatte | |
die Stadt ein Verbot des Festivals ausgesprochen. Das Verwaltungsgericht | |
aber kippte dieses: Die möglichen Störungen seien dem Veranstalter nicht | |
anzulasten. Die Stadtverwaltung hat eine Beschwerde gegen diesen Entscheid | |
beim Verwaltungsgerichtshof Kassel angekündigt. | |
## Auch Regimegegnerinnen sehen sich gefährdet | |
Dem Verwaltungsgericht liegt aber auch ein Verbotsantrag von zwei | |
oppositionellen hessischen Eritreerinnen vor. Anders als die Stadt | |
begründen sie das Verbot des Festivals inhaltlich: Die | |
[3][propagandistische Veranstaltung] diene dazu, die Diktatur in Eritrea zu | |
rechtfertigen. Die Regimegegnerinnen gehen davon aus, dass auf dem | |
Eritrea-Festival Spenden zur Unterstützung des Regimes und zur Finanzierung | |
bewaffneter Konflikte im Nachbarland Äthiopien gesammelt werden, was ein | |
Verstoß gegen internationale Embargos gegen Eritrea wäre. | |
Zudem legen die Regimegegnerinnen ein Dokument vor, in dem Personen, die | |
gegen die Veranstaltung auftreten, aus Veranstalterkreisen pauschal als | |
„Terroristen“ verunglimpft werden, wodurch sie sich in ihren | |
Persönlichkeitsrechten verletzt fühlen. In dem Dokument, das der taz | |
vorliegt, ist davon die Rede, dass die Regimeanhänger mit einer | |
Schlägertruppe kooperieren. Dadurch sehen sich die Regimegegnerinnen | |
gefährdet. | |
Die eritreische Diaspora in Deutschland ist tief gespalten. Auf der einen | |
Seite gibt es die Flüchtlinge, die während des Unabhängigkeitskrieges von | |
Äthiopien bis 1993 flohen. Viele von ihnen glorifizieren Eritrea. Sie | |
wollen nicht wahrhaben, dass sich aus der nationalen Befreiungsbewegung, | |
der sie angehörten, eine Diktatur gebildet hat. | |
Die zweite Gruppe floh nach der Jahrtausendwende vor der Diktatur, die sie | |
versklavte. Ein großer Teil der Flüchtlinge im Mittelmeer stammt aus | |
Eritrea. Beide Gruppen leben in großer Zahl in Hessen. | |
7 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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