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# taz.de -- Eritrea-Festival am Samstag: Gießen droht Diktatur-Fest
> In Gießen findet ein „Eritrea-Festival“ statt. Gegner fürchten, dass do…
> Jugendliche für den Krieg in Äthiopien rekrutiert werden sollen.
Bild: Junge eritreische Soldaten kehren aus einem Ausbildungslager zurück
Berlin taz | Am Samstag wird in Gießen wieder ein Eritrea-Festival
stattfinden. Hinter dem Wort „Festival“ versteckt sich eine
Propagandaveranstaltung, auf der sich Eritrea, eine der brutalsten
Diktaturen weltweit, von ihren in Deutschland lebenden Anhängern feiern
lässt.
Als [1][die taz 2019 bei einem solchen Festival war,] waren nach
Veranstalterangaben 2.000 Diktaturanhänger gekommen. Das waren zumeist
Eritreer aus Deutschland, die sich in den 1990er Jahren im nationalen
Befreiungskampf gegen Äthiopien engagierten. Sie flohen damals nach
Deutschland und ignorierten, dass die nationale Befreiungsbewegung Eritrea
zu einer Diktatur formte, die gemeinhin das „Nordkorea Afrikas“ genannt
wird. Jüngere eritreische Flüchtlinge, die in den letzten 15 Jahren vor der
Diktatur flohen, standen 2019 auf der anderen Seite: Sie demonstrierten
gegen die Diktatur-Feier.
Im Vergleich zu den Eritrea-Festivals bis 2019 dürfte der Ton dieses Mal
schärfer werden. Grund dafür ist, dass Eritrea [2][faktisch an
Kriegshandlungen im äthiopischen Bürgerkrieg beteiligt ist.] Petros Zere,
Bundesvorsitzender der Exilorganisation Yiakl, sagt der taz: „Wir fürchten,
dass über erhöhte Preise für Eintritt und Getränke Kapital für das
eritreische Regime rekrutiert wird, das für den Krieg verwendet wird. Damit
werden [3][internationale Sanktionen gegen Eritrea] umgangen.“
Das Regime will durch Propaganda die zweite Generation der in den 1990er
Jahren nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge erreichen, meint Zere: „Wer
in Deutschland Rassismus erlebt, der ist möglicherweise sehr empfänglich
für das eritreische Narrativ von einem vom bösen Westen zu Unrecht
dämonisierten Land und ist oft bereit, sein letztes Hemd für Eritrea zu
geben. Es kann aber nicht sein, dass unter dem Deckmantel einer
Kulturveranstaltung in Gießen Jugendliche aus Deutschland militarisiert
werden.“
## Martialische Redebeiträge
Klaus-Dieter Grote von den Grünen in Gießen geht weiter: „Ich habe die
begründete Vermutung, dass in Gießen unter Eritreern Soldaten rekrutiert
und in den äthiopischen Bürgerkrieg geschickt werden sollen.“ Er habe die
Stadt damit konfrontiert und ein Verbot der Veranstaltung angeregt. „Dort
hieß es aber, eine Rekrutierung von Soldaten für ausländische Armeen sei
nur strafbar, wenn sie sich an deutsche Staatsbürger wendet und dieser
Nachweis sei schwierig.“
Die Befürchtungen über einen militanten Verlauf des angeblichen
Kulturevents stützen Videos im Internet von Eritrea-Festivals, die diesen
Monat in den USA und Schweden stattfanden. Darin sind Menschen in
eritreischer Militäruniform zu sehen, teilweise mit Waffenattrappen, die
sich in Marschformation mit der eritreischen Flagge aufstellen. Es wird
dazu aufgerufen, in Europa lebende Flüchtlinge aus der äthiopischen Provinz
Tigray zu attackieren.
Auf den Videos sind Hetzreden eines eigens aus Eritrea eingeflogenen
„Poeten“ Awel Seid bei seinen Auftritten in Schweden zu hören, der auch
Werbeträger für das Eritrea-Festival in Gießen ist. Er äußert sich
kriegsverherrlichend und homophob, unterstützt und romantisiert die
russische Invasion in der Ukraine und die Unterstützung Eritreas für
Russland. Dabei nutzt er eine „Sprache der Entmenschlichung der Gegner“, so
der Frankfurter Rechtsanwalt Marcel Kasprzyk, der die Diktaturgegner
vertritt.
Der Anwalt hat im Namen von eritreischen Diktaturgegnern das Ordnungsamt
Gießen aufgefordert, die Veranstaltung zu verbieten oder aber zumindest den
Auftritt des Propagandisten Awel Seid, das Tragen von Militäruniformen und
Uniformteilen sowie das Sammeln von Geldern für den eritreischen Staat zu
untersagen. In der niederländischen Gemeinde Rijswijk wurde nach den Bilder
aus Schweden am letzten Wochenende ein Eritrea-Festival mit denselben
Akteuren verboten.
Diese Möglichkeit sieht Gießens Bürgermeister Alexander Wright (Grüne) für
Gießen nicht. „Die Veranstaltung könnte nur verboten werden, wenn unter
anderem im Vorfeld klar wäre, dass strafbare Handlungen mit sehr hoher
Wahrscheinlichkeit vorgenommen werden,“ schreibt er der taz. Das
Strafgesetzbuch gelte jedoch für diese Veranstaltung, so der Bürgermeister.
Am Samstag wollen deutsche und eritreische Diktaturgegner in Gießen gegen
das Festival demonstrieren.
Änderungshinweis: In einer vorherigen Version des Artikels stand, das
besagte Fest sei Teil einer fast jährlichen Veranstaltung. Das gemeinte
Eritrea-Festival in Gießen fand allerdings bereits im Juli 2022 statt. Dort
wurden aber keine Künstler und Propagandisten aus Eritrea eingeflogen. Das
Festival im August wäre eine gesonderte Veranstaltung und Teil einer
europaweiten Tour gewesen.
18 Aug 2022
## LINKS
[1] /Eritrea-Festival-in-Giessen/!5606803
[2] /Krieg-in-Aethiopien/!5736994
[3] /Krieg-in-Aethiopien/!5815284
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Eritrea
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