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# taz.de -- Erfinder der Regenbogenflagge gestorben: Der Sichtbar-Macher
> Er schuf das Symbol schlechthin für queere Behauptung und Solidarität:
> die Regenbogenflagge. Im Alter von 65 Jahren ist Gilbert Baker nun
> gestorben.
Bild: Somewhere under the rainbow: Gilbert Baker 2006 bei einer Gay-Pride-Parad…
Wer in Parsons, Kansas, aufwächst, einem Kaff mit gerade einmal 10.000
Einwohnern irgendwo in der leeren Mitte der USA, und obendrein empfindet,
irgendwie anders als die anderen zu sein, ist stark angeregt, sich nach
Großem zu sehnen. Gilbert Baker, 1951 zur Welt gekommen, schlug zunächst
die Laufbahn ein, die Jungs wie ihn locken musste: Sie verhieß, in die
weitere Welt hinauszukommen, oder wenigstens bis nach San Francisco, an den
äußersten Rand des Landes.
Baker ging zum Militär, absolvierte dort zwei Jahre Dienst bis 1972. In der
Bay Area kam er, als schwuler Mann, ersehnter- und notgedrungenerweise mit
der Schwulenbewegung in Kontakt. Setzte sich wie tausende andere dafür ein,
diskrimierende Bestimmungen gegen Homosexuelle zu tilgen. Bakers
Verständnis von dem, was politisch wichtig sein könnte, war schlicht und
wahrhaftig: Sich nie mehr zu verstecken, im Schwulen keinen Umstand der
Beschämung zu sehen.
Nach dem Militärdienst und dem dort gelernten Handwerk der Schneiderei
schuf er, erstmals zu sehen bei der Gay Freedom Parade 1978 in San
Francisco, die wichtigste Ikone der modernen Bewewgung von Lesben und
Schwulen (und Trans* natürlich auch), das Zeichen von Sichtbarkeit
generell: die Regenbogenflagge. Baker ‚erfand‘ dieses Banner ausdrücklich
als Symbol nicht allein der Schwulenbewegung, sondern als eines, das
insgesamt für „sexual otherness“, für sexuell Andere, die nicht das
heterosexuelle Frau-Mann(-plus-Kind/er) repräsentieren.
Ikonen haben nur Erfolg, wenn sie nicht als solche konzipiert wurden:
Bakers geschneiderte Idee wollte acht Farben zur Geltung bringen; Pink
sollte für das Sexuelle stehen und an die Männer mit dem Rosa Winkel (den
Schwule in den NS-Konzentrationslager zur Erkennung als „warme Brüder“ zu
tragen hatten) erinnern; Rot steht für das Leben, Orange für Heilung,
Türkis für (Lebens-)Kunst, Indigo für Harmonie, Violett den menschlichen
Geist, Grün für die Natur und Gelb für das Sonnenlicht. Zwei Farben
entfielen schließlich, denn sowohl Pink als auch Türkis ließen sich
farblich nicht für größere Produktionsmengen herstellen.
Seit damals ist diese Flagge überall zu sehen, wo queere Menschen
willkommen sind – und insofern in Ländern wie Saudi-Arabien, Russland oder
dem Iran verboten. Der Unterschied zur Fahne der Friedensbewegung ist meist
nicht auf Anhieb zu erkennen: Die queere Fahne sortiert die Rottöne nach
oben und die Blautöne nach unten, die der Friedensbewegung hält es genau
umgekehrt.
Gilbert Baker hat auf diese Kreation, auf sein Design nie ein Copyright
angemeldet – mit Absicht: Er wollte, dass diese Fahne, die auch eine
Referenz an die am 22. Juni 1969 verstorbene Filmschauspielerin Judy
Garland und ihr Lied „Somewhere Over The Rainbow“ war, allen zugänglich
sein kann, ohne finanzielle Hürden.
Baker zog 1994 nach New York City; dort ist er, wie der San Francisco
Chronicle [1][in seinem Nachruf schreibt,] am Donnerstag im Alter von 65
Jahren gestorben, friedlich in seinem Bett, wie es heißt. Der kalifornische
Senatsabgeordnete Scott Wiener für San Francisco sprach davon, Baker habe
mit der Regenbogenfahne die moderne LGBTI*-Bewegung „mit definiert“.
Freunde und Freundinnen trauern.
1 Apr 2017
## LINKS
[1] http://www.sfchronicle.com/bayarea/article/Gilbert-Baker-designer-of-the-ra…
## AUTOREN
Jan Feddersen
## TAGS
Regenbogenflagge
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Schwulenbewegung
San Francisco
Nachruf
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Sofia
US-Army
Christopher Street Day (CSD)
Bundesumweltministerium
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