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# taz.de -- Epidemien in Ostkongo: Bye-bye Ebola, hallo Corona
> Gerade hat der kriegsgebeutelte Osten des Kongo Ebola besiegt. Jetzt muss
> das Land gegen die nächste Seuche ankommen.
Bild: Mwamini Kahindo hat Ebola überlebt
BENI taz | Sein Gesicht war angsterstarrt, vor Mund und Nase trug er eine
Maske. Als Jean-Edmond Nyonyi Bwanakawa, Bürgermeister der
ostkongolesischen Stadt Beni, am vergangenen Freitag vor seine Residenz
trat und den versammelten Journalisten die ersten Coronavirus-Fälle der
Stadt mitteilte, sorgte er sofort für Panik.
Zwei Infizierte gebe es in Beni, betonte Nyonyi, nicht bloß einen wie am
Abend zuvor die Behörden in Kongos ferner Hauptstadt Kinshasa gemeldet
haben. Der zweite sei ein Mann, der gemeinsam mit der zuerst als positiv
getesteten Frau unterwegs gewesen sei. Sie seien mit drei weiteren Personen
in Quarantäne.
In Windeseile schlossen die wenigen Bars und Restaurants, die sich bislang
in Beni der staatlich verfügten Schließung widersetzt hatten. Am Abend fand
man im Ausgehviertel der Stadt nicht einmal mehr ein Motorradtaxi. „Wir
haben gerade erst die schwierige Ebola-Zeit überstanden, [1][es gibt immer
wieder Massaker] und jetzt hält auch noch Corona bei uns Einzug“, klagte
Germaine Kavira, während sie ihre Snackbar dichtmachte.
Zwei Infektionsfälle nur in Beni, und trotzdem machen die lokalen
Gesundheitsbehörden einen überforderten Eindruck. Wo befinden sich die
Infizierten? Keiner sagt es. Wie kommen die Testproben ins 1.500 Kilometer
entfernte Kinshasa? Ein Geheimnis.
## Gerüchte ersetzen Fakten
Die allerersten bestätigten Coronafälle im Ostkongo wurden von der
Zentralregierung erst der Provinz Nordkivu, dann der Provinz Ituri
zugeordnet und dann in Ituri dementiert. Die beiden Ärzte, die neben dem
Bürgermeister von Beni bei seiner Proklamation standen, wurden umgehend von
Nordkivus Provinzregierung wegen „leichtfertigen Informationsmanagements“
suspendiert.
In einem Land, wo Gerüchte oft verifizierte Nachrichten ersetzen, ist so
etwas schädlich, kritisiert Kizito Bin Hangi, Präsident des
zivilgesellschaftlichen Dachverbands von Beni: „Jeder sagt, was er will und
wann und wie er will. Das Land sollte die Irrtümer, [2][die Ebola viel zu
lange haben andauern lassen], nicht wiederholen.“
Die größte Ebola-Epidemie der kongolesischen Geschichte begann im August
2018 in der Region um Beni. Nach 2.268 Toten [3][verließ die letzte
Patientin Anfang März das Krankenhaus], und nach der fälligen Frist von 42
Tagen könnte die Weltgesundheitsorganisation am Ostermontag das offizielle
Ende der Epidemie ausrufen.
Aber nun ist die nächste tödliche Seuche da. Noch zählt die Demokratische
Republik Kongo erst 161 bestätigte Corona-Infektionen und 18 Tote, aber
Präsident Felix Tshisekedi hat den Ausnahmezustand verhängt, die
Hauptstadt Kinshasa abgeriegelt und diese Woche in mehreren Städten wie
Kinshasa und Goma eine totale Ausgangssperre verfügt.
## Noch virulenter als Ebola
Quarantäne ist im Kongo nicht unbedingt ein Schutz. Ein lokaler Mitarbeiter
eines Hilfswerks in Beni berichtet, was geschah, als er aus Belgien über
Uganda nach Hause zurückreiste: „Man hat uns an der Grenze in Kasindi in
ein Hotel gesteckt. Was für ein Durcheinander! Ich bekam Angst vor
Ansteckung, denn wir waren zu zweit oder dritt in einem Zimmer
zusammengepfercht. Die 14 Tage waren wie eine Ewigkeit.“
Doch im Ostkongo sind die Menschen seit Ebola strenge
Seuchenbekämpfungsmaßnahmen gewöhnt. Die Handwaschbecken aus Plastik, die
zum Höhepunkt der Ebola-Epidemie in Beni vor jedem Laden standen, werden
jetzt erneut hervorgeholt. Schulen und Universitäten sind geschlossen.
Sammeltaxis sind auf drei Passagiere begrenzt. Messen und Gebete werden per
Radio übertragen. Nur die Märkte bleiben offen, aber das einzige
Gesprächsthema dort ist Corona und die 1-Meter-Abstandsregel.
„Man sagt uns, dass dieses Virus [4][noch virulenter ist als Ebola]“, sagt
Marcel Nguru von der Zentralmarktleitung. „Dieses Ungeziefer darf sich hier
nicht einnisten. Wir haben mit Ebola schon genug gelitten. Wenn eine
Ausgangssperre nötig ist – wir sind bereit.“
8 Apr 2020
## LINKS
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[4] /Ein-Jahr-Ebola-Virus-im-Kongo/!5610235
## AUTOREN
Kennedy Muhindo
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Ebola
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