# taz.de -- Kampf gegen Ebola im Kongo: Mit dem Motorrad an die Front | |
> Der Kongolese Josué Kakule hielt Ebola für ein Märchen – bis er selbst | |
> erkrankte. Jetzt widmet sich der ehemalige Polizeipfarrer der Aufklärung. | |
Bild: „Ebola ist Realität. Ich habe den Preis gezahlt“: Josué Kakule Pikwa | |
BENI taz | Mit seinen 1,60 Metern fällt der athletische 36-Jährige zunächst | |
wenig auf, als er vor den protestantischen Pfarrern von Tamende das Wort | |
ergreift. An diesem Samstag klärt Josué Kakule Pikwa die Prediger dieses | |
Viertels der ostkongolesischen Stadt Beni über Ebola auf. Er will ihnen | |
klarmachen, das der Virus kein Teufelswerk ist und eine Erkrankung kein | |
böser Fluch. | |
„Liebe Kollegen, machen wir uns nichts vor“, sagt er. „Ebola ist Realitä… | |
Ich habe den Preis gezahlt. Ich gehörte zu den eifrigsten Leugnern, bis ich | |
selbst Opfer wurde. Und ich glaube, dass Gott durch mich spricht, damit ich | |
Zeugnis ablege. Ebola existiert, es tötet – also hören wir auf mit dem | |
Unsinn, Kranke durch Handauflegen zu behandeln, und schicken wir sie ins | |
Behandlungszentrum!“ | |
Kakule gehört zu den unscheinbaren Helden an der Front des Kampfes gegen | |
Ebola [1][im Kongo] – einer derjenigen, die die Krankheit besiegt haben. | |
Der einstige Polizeipfarrer transportiert jetzt Kranke auf seinem Motorrad | |
zur Behandlung – auf dem Motorrad, weil, wie er sagt, „die Leute Angst vor | |
dem Krankenwagen haben. Außerdem fällt das Motorrad nicht so auf“. | |
Zu [2][den vielen Ebola-Gerüchten] gehört nämlich die Behauptung, die | |
Patienten würden hinten im Krankenwagen, wo sie schutzlos und allein sind, | |
mit dem tödlichen Virus infiziert. | |
Sobald eine Familie oder ein Arzt Kakule anruft, springt er auf sein | |
Motorrad und fährt zur angegebenen Adresse. Dort lässt er sich erst die | |
Personalien des Verdachtsfalls bestätigen, und wenn sie stimmen, zieht er | |
einen Schutzanzug an, mit Kapuze aus Gummi und Mundschutz, bevor er auf dem | |
Fahrersitz Platz nimmt und den Fahrgast auf den Hintersitz hilft, um zum | |
Behandlungszentrum zu fahren. | |
„Wir sind einem doppelten Risiko ausgesetzt“, erklärt Kakule. „Manchmal | |
sind die Leute aggressiv und greifen uns an, und nur Gott kann uns retten. | |
Vor allem aber droht unseren eigenen Familien die Ansteckung.“ Nach jeder | |
Krankenfahrt muss das Motorrad desinfiziert werden, ebenso die | |
Schutzkleidung, die ebenfalls wiederverwendet wird. „Wir hatten mal | |
Einwegschutzanzüge, aber seit einem Monat sind die Vorräte alle.“ | |
Kakules Ebola-Geschichte begann im Mai. Damals, noch im Polizeidienst als | |
Pfarrer tätig, riefen ihn seine Nachbarn, um für eine Erkrankte zu beten. | |
Er legte ihr die Hand auf, um Dämonen zu verjagen. So steckte er sich | |
selbst an. | |
Die Erkrankte war zwei Tage später tot – er selbst bekam hohes Fieber und | |
wurde immer schwächer, bevor seine Augen rot anliefen. „Da ich nicht an | |
Ebola glaubte, wollte ich mich in einer kleinen Apotheke verstecken. Aber | |
die Ebola-Bekämpfungsteams fanden mich. Ich ging zu Fuß ins | |
Behandlungszentrum und wurde positiv getestet. Ich weiß jetzt, wie es ist, | |
an Ebola zu erkranken, und es ist nicht schön und man darf nichts | |
hinauszögern.“ | |
Aus Krankheitsgründen von der Polizei beurlaubt, widmet sich Kakule seitdem | |
dem Krankentransport – und der Aufklärung. Er ist einer von Dutzenden | |
Kongolesen, die in ihrer Gemeinde unerkannt und hart arbeiten, um Ebola | |
zurückzudrängen – wie die Pflegekräfte in den Behandlungszentren, die | |
Totengräber auf den Friedhöfen oder die vielen anderen, die sich im Alltag | |
mit der Seuche auseinandersetzen, ohne die fetten Gehälter und teuren Autos | |
der internationalen Helfer. | |
„Wir arbeiten aus der Überzeugung heraus, Leben zu retten“, resümiert | |
Kakule. „Geld interessiert uns nicht in erster Linie, und das gilt für die | |
meisten, die sich engagieren. Wir können nicht einmal streiken wie die | |
anderen, denn sonst sterben die Leute und die Lage wird noch schlimmer.“ | |
3 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Demokratische-Republik-Kongo/!t5007877 | |
[2] /Ebola-im-Kongo/!5610526 | |
## AUTOREN | |
Kennedy Muhindo | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Ebola | |
Beni | |
Ebola | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Ebola | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Ebola | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Epidemien in Ostkongo: Bye-bye Ebola, hallo Corona | |
Gerade hat der kriegsgebeutelte Osten des Kongo Ebola besiegt. Jetzt muss | |
das Land gegen die nächste Seuche ankommen. | |
Ebola im Kongo: Das Ende ist in Sicht | |
In der Demokratischen Republik Kongo wurde die letzte Ebola-Patientin | |
geheilt entlassen. Nach 2.264 Toten beginnt die letzte Frist vor der | |
Entwarnung. | |
Streit um Riesen-Staudamm: Kongos Zukunft ist im Fluss | |
Chinesen und Europäer zersteiten sich über den geplanten Ausbau der | |
Wasserkraft am Inga-Staudamm am Kongo-Fluss. NGOs rufen zum Neuanfang auf. | |
Journalist im Kongo ermordet: Weil er vor Ebola warnte | |
Milizionäre in der Demokratischen Republik Kongo ermordeten den | |
Radiomoderator Papy Mahamba. Ein Lokaljournalist enthüllt Hintergründe. | |
Ebola im Kongo: Ärztekammer droht mit Streik | |
Die Militärstaatsanwaltschaft der Stadt Butembo hat drei hochrangige Ärzte | |
festgenommen. Jetzt wollen Mediziner die Ebola-Bekämpfung stoppen. | |
Ebola im Kongo: Panik überspringt Grenze | |
In Kongos Millionenstadt Goma an der Grenze zu Ruanda wird erneut ein | |
Ebola-Fall bestätigt. Das Nachbarland schließt kurz die Übergänge. | |
Ein Jahr Ebola-Virus im Kongo: Tod und Teufel | |
Seit einem Jahr wütet das Ebola-Virus im Kongo. Noch immer herrscht | |
Misstrauen gegen die Seuchenbekämpfung. Ein Bericht aus der Kampfzone. |