# taz.de -- Journalist im Kongo ermordet: Weil er vor Ebola warnte | |
> Milizionäre in der Demokratischen Republik Kongo ermordeten den | |
> Radiomoderator Papy Mahamba. Ein Lokaljournalist enthüllt Hintergründe. | |
Bild: Im misstrauischen Lwemba undenkbar: Impfung gegen Ebola in der Millionens… | |
BUTEMBO taz | Als Papy Mahamba am Abend des 3. November das improvisierte | |
Studio seines lokalen Radiosenders in der ostkongolesischen Kleinstadt | |
Lwemba verlässt, weiß er noch nicht, dass er sich von seinen mehreren | |
hundert Hörern zum letzten Mal verabschiedet hat. | |
Der stadtbekannte Radiomoderator hat gerade die Zuhörer beschimpft, weil | |
sie sich der Ebola-Aufklärung verweigern. Er geht nach Hause, und nach dem | |
Abendessen geht er nicht noch einmal aus, sondern legt sich schlafen. „Die | |
Sicherheitslage ist gefährlich hier, deswegen sind wir vorsichtig“, | |
erläutert später Gemeindevorsteher Simbo Nyiong Déo. | |
Nicht nur sind schon über 50 Einwohner von Lwemba an Ebola gestorben, es | |
gibt im Umland auch eine Gruppe lokaler Mai-Mai-Milizionäre unter Kommando | |
eines gewissen Patrick, die den Kampf gegen Ebola zum Feind erklärt haben. | |
Gegen 21 Uhr brechen fünf Männer mit Messern und Macheten in Papy Mahambas | |
Haus sein. Was dann geschieht, berichtet später seine Ehefrau: „Sie haben | |
ihm gesagt: Wir haben dich gewarnt, halte dich aus diesem Thema heraus, | |
aber du warst dickköpfig.“ Sie weint am Telefon. | |
Ihr Mann wurde brutal abgeschlachtet, mit Stichen im Bauch, dann aus dem | |
Haus herausgeschleift und scheußlich verstümmelt, bevor die Angreifer das | |
Haus anzünden. Der älteste Sohn des Journalisten schaffte es, Nachbarn zu | |
alarmieren, aber da sind die Mörder schon in der Dunkelheit verschwunden. | |
## „Diese Bestien“ | |
Der Mord hat Lwemba in Angst versetzt. Apadi Ambia, Präsident des lokalen | |
zivilgesellschaftlichen Dachverbandes, kann es noch immer nicht fassen: | |
„Wir verstehen nicht, wie diese Bestien sich das erlauben können. Die | |
Seuche geht uns alle an und tötet uns alle, und jetzt wollen böswillige | |
Leute, dass wir alle sterben?“ | |
Papy Mahambas Radiodirektor Josel Muavuli ist untröstlich. „Ich kann es mir | |
nicht erklären. Mitte September haben sie schon mein Haus angezündet. Was | |
tun wir Journalisten denn Schlimmes, indem wir unsere Mitbürger | |
sensibilisieren, damit diese Seuche ausgelöscht wird?“ | |
Lwemba liegt in der nordöstlichen Provinz [1][Ituri] an der Urwaldstraße, | |
die von der Stadt Mangina an der Grenze zwischen Ituri und der | |
Nachbarprovinz Nordkivu nach Nordwesten zur Distrikthauptstadt Mambasa | |
führt. | |
Es ist eine entlegene Gegend, historisch ohne Präsenz von bewaffneten | |
Gruppen, Armee oder UN-Blauhelmen – nur 12 Polizisten wachen über Lwembas | |
5.000 Einwohner. Es ist fast die einzige Gegend der Region, wo es seit dem | |
Sturz der Mobutu-Diktatur, 1996 bis 1997, keine bewaffneten Konflikte mehr | |
gegeben hat. | |
## Alteingesessene gegen Zugezogene | |
Aber seit Neuestem brauen sich Spannungen zusammen: die Einheimischen im | |
Kreis Babila-Babombi, wo Lwemba liegt, klagen über Zuwanderung von außen. | |
Geschäftsleute der [2][Nande-Ethnie], die das Wirtschaftsleben im Ostkongo | |
dominiert, haben korrupten Babila-Chefs großflächig Land abgekauft, oft in | |
verlassenen ehemaligen Bergbaugebieten im Tal des nahen Flusses Ituri, und | |
legen dort kommerzielle Kakaoplantagen an. | |
Die Nande-Zugereisten haben mehr Geld und Bildung und besetzen alle | |
öffentlichen Leitungsposten. Auch Papy Mahamba war ein Nande – und auch die | |
meisten lokalen Ebola-Bekämpfer sind es. So lehnen manche Alteingesessene | |
die organisierte Seuchenbekämpfung als Mittel zur Festigung der Macht der | |
Zugereisten ab. | |
So ist die Region um Lwemba das aktuelle Hauptausbreitungsgebiet der | |
[3][Seuche im Ostkongo] geworden. Am 13. September raffte Ebola den | |
Chefpfleger des Gesundheitszentrums Saint Marc dahin, der vorher erzählt | |
hatte, Ebola gebe es nicht. Seine Beerdigung wurde Anlass zu Tumulten: | |
Fanatiker entführten seine Leiche und zündeten die Hütten an. | |
Wochenlang trauten sich Ebola-Bekämpfungsteams danach nicht mehr nach | |
Lwemba. Mitte Oktober überfielen Bewaffnete das Gesundheitszentrum und | |
verwüsteten es. Und seit dem Mord an Papy Mahamba hat das gesamte | |
Gesundheitspersonal den Ort verlassen. | |
6 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Kennedy Muhindo | |
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