# taz.de -- Entwicklung im Mordfall Lübcke: Verdächtiger widerruft Geständnis | |
> Der im Mordfall Lübcke festgenommene Stephan Ernst hat am Dienstag sein | |
> Geständnis zurückgenommen. Er gilt weiter als „dringend tatverdächtig“. | |
Bild: Stephan Ernst nach einem Haftprüfungstermin beim Bundesgerichtshof | |
BERLIN taz | Acht Stunden lang hatte Stephan Ernst vergangene Woche sein | |
Geständnis abgelegt: Ja, er habe den Kasseler Regierungspräsidenten Walter | |
Lübcke [1][Anfang Juni erschossen]. Auslöser sei dessen Kritik an | |
Flüchtlingsgegnern von 2015 gewesen. Am Dienstag nun aber machte Ernst | |
einen Rückzieher: Bei einer Vorführung vor dem Bundesgerichtshof widerrief | |
er sein Geständnis. | |
Ernst habe seine Aussagen komplett zurückgezogen, bestätigte dessen neuer | |
Anwalt Frank Hannig der taz. Zu den Gründen, warum dies geschah, wollte er | |
sich nicht äußern. Hannig wurde nach eigener Auskunft erst am Dienstag als | |
neuer Verteidiger von Ernst beigeordnet. Zuvor wurde dieser durch den | |
hessischen Anwalt und NPD-Politiker Dirk Waldschmidt vertreten. | |
Ernst, [2][ein langjähriger Rechtsextremist], soll Anfang Juni den | |
CDU-Politiker Lübcke mit einem Kopfschuss vor dessen Haus im hessischen | |
Wolfhagen-Istha ermordet haben. Die Polizei hatte ihn Mitte Juni | |
festgenommen – weil sie eine DNA-Spur von ihm auf der Kleidung Lübckes | |
gefunden hatte. Vergangene Woche hatte Ernst die Tat schließlich gestanden | |
und behauptet, als Einzeltäter gehandelt zu haben. | |
Am jetzigen Dienstag wurde der 45-Jährige nach Karlsruhe zum | |
Bundesgerichtshof geflogen, um seinen Haftbefehl zu erneuern. Der bisherige | |
lief noch über das Amtsgericht Kassel. Bei der Anhörung widerrief Ernst | |
sein Geständnis. Der Bundesgerichtshof ließ sich davon nicht beeindrucken: | |
Er verhängte danach dennoch einen neuen Haftbefehl gegen Ernst – wegen | |
eines weiter bestehenden „dringenden Tatverdachts des Mordes“. | |
## Mutmaßliche Waffenbeschaffer festgenommen | |
Die Bundesanwaltschaft, die den Fall Lübcke übernommen hat, wollte sich am | |
Dienstag nicht zu dem Fall äußern. Ernsts ursprüngliche, teils sehr | |
detaillierten Aussagen sind für sie aber weiter verwendbar. Und sie haben | |
sich durch weitere Ermittlungen auch bereits bestätigt: So konnte dadurch | |
das Waffenversteck von Ernst, in einem Erddepot bei dessen Kasseler | |
Arbeitsstelle, gefunden werden, inklusive der Tatwaffe. | |
Auch konnten zwei mutmaßliche Waffenbeschaffer festgenommen werden. Bleibt | |
Ernst bei seinem Widerruf, könnte sein anfängliches Geständnis in einem | |
Prozess indirekt über die Ermittler eingeführt werden, die den | |
Beschuldigten vergangene Woche befragten. | |
Ernst war bereits ab 1989 mit schweren, rechtsextremen Straftaten | |
aufgefallen, saß dafür auch in Haft. Später bewegte er sich in der Kasseler | |
Neonazi-Szene und in der NPD. Ab 2009 sei er aber nicht mehr auffällig | |
gewesen, hieß es seitens der Sicherheitsbehörden. Daran aber gibt es | |
Zweifel. So soll Ernst noch bis 2011 Mitglied der völkischen | |
„Artgemeinschaft“ gewesen sein, auch sein mutmaßlicher Waffenvermittler | |
Markus H. kommt aus der rechten Szene. | |
Womöglich nicht zufällig hatte sich Stephan Ernst zunächst auch den | |
NPD-Politiker Dirk Waldschmidt als Anwalt gesucht. Sein neuer Vertreter, | |
Frank Hannig, bewegte sich nun wiederum im Pegida-Umfeld. 2017 trat er als | |
Redner auf einer Pegida-Veranstaltung auf. Hannig selbst engagiert sich | |
politisch bei den Freien Wählern in Sachsen. | |
2 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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