| # taz.de -- Enthüllungen und Medien: Von „Fixern“ und Fallschirmjournalist… | |
| > Ohne Frauen und Männer mit Verbindungen ginge im Enthüllungsjournalismus | |
| > nichts. Manchmal werden sie von Kollegen in Gefahr gebracht. | |
| Bild: Ein Mitglied der MS-13 Gang in Honduras – ohne Fixer sind solche Fotos … | |
| Die Bilder beeindrucken: Journalistinnen interviewen Drogenbauern, die sie | |
| durch ausladende Schlafmohnfelder führen, Reporter begleiten Migrantinnen | |
| bei der illegalen Einreise über einen mexikanischen Grenzfluss, | |
| Korrespondentinnen sprechen mit guatemaltekischen Bandenmitgliedern, die | |
| sich ihrer unzähligen Morde rühmen. Wie aber kommen Presseleute, die nicht | |
| selten aus New York, Madrid oder Berlin einfliegen, an diese gefährlichen | |
| Orte? | |
| Besser wäre es, zu fragen: Wer sorgt für die Storys? Wer bringt die | |
| Reporter zu den Auftragskillern, Kokain-Küchen oder Fluchthelfern? Während | |
| internationale Medienschaffende große Erfolge für ihre Arbeit verbuchen, | |
| verschwinden oft jene, die maßgeblich an preisgekrönten Dokumentarfilmen | |
| und Reportagen mitgearbeitet haben. | |
| Die Rede ist von Fixern, also jenen Frauen und Männern vor Ort, ohne die im | |
| investigativen Journalismus nichts ginge. Sie organisieren die Agenda, | |
| buchen Hotels, kümmern sich um Autos, übersetzen und sorgen für die nötigen | |
| Kontakte. Nicht selten sind es aber auch sie, die die Storys recherchieren, | |
| mit denen die angereisten Kolleginnen und Kollegen zu Hause ihre Erfolge | |
| feiern. Dennoch erscheinen ihre Namen meist nicht einmal im Abspann. Ihre | |
| Arbeit wird unsichtbar. | |
| Die meisten Fixer sind selbst Journalistinnen und Journalisten. Doch wer | |
| etwa in Mexiko als Reporter tätig ist, arbeitet zunehmend unter prekären | |
| Bedingungen: lächerliche Bezahlung, keine soziale Absicherung und keine | |
| Unterstützung von Verlagshäusern, wenn man, [1][was nicht selten der Fall | |
| ist, bei Recherchen sein Leben aufs Spiel setzt]. Die Rechnung ist also | |
| einfach: Wer zwei Tage für CNN, ARD, BBC oder die New York Times als Fixer | |
| arbeitet, verdient genauso so viel wie in einem Monat als „Freier“ bei | |
| mexikanischen Tages- oder Wochenzeitungen. | |
| ## „I was in Afghanistan“ | |
| Das klingt attraktiv, ist aber das Mindeste, was man erwarten kann. Denn | |
| Fixer müssen über außergewöhnliche Expertise in interkultureller Mediation | |
| und Menschenkenntnis verfügen und möglichst eine schusssichere Westen | |
| tragen. | |
| Nicht selten glauben angereiste Medienschaffende, sie wüssten besser, wann | |
| eine Situation gefährlich wird, als ihre einheimischen Helferinnen oder | |
| Helfer („I was in Afghanistan“). Hauptsache, die Straßensperre einer | |
| bewaffneten Bande ist im Kasten. Oder sie haben keinen Schimmer von den | |
| örtlichen Gepflogenheiten, ignorieren Vereinbarungen und bringen Fixerinnen | |
| und Fixer mit ihrem Verhalten in Teufels Küche. | |
| Wie das aussehen kann, beschreibt der salvadorianische Autor und Fixer Juan | |
| José Martínez D’Aubuisson in seinen Text „(Journalistische) Safari in | |
| Mittelamerika“. Bei einem Dreh mit gewalttätigen Mara-Banden versprachen | |
| ihm spanische Journalisten, dass die tätowierten Gesichter der Kriminellen | |
| auf keinen Fall in El Salvador selbst gezeigt würden. | |
| Wenig später waren sie in einem der großen TV-Sender des Landes zu sehen. | |
| Die Geschichte hätte D’Aubuisson fast das Leben gekostet. Nur ein starker | |
| Regen verhinderte, dass er nicht zu einem nachträglichen Treffen mit dem | |
| Maras kam. Die jungen Männer hatten am Treffpunkt bereits sein Grab | |
| ausgehoben. | |
| Der Fairness halber sei angemerkt, dass einige mexikanische Fixer, mit | |
| denen ich gesprochen habe, keine solch schlechten Erfahrungen gemacht | |
| haben. So erklärt Ulises Escamilla, mit den meisten seiner Kundinnen und | |
| Kunden habe er gut zusammengearbeitet. Dennoch bleibt sein Job gefährlich. | |
| Nicht zuletzt hängt seine Sicherheit vom Verhalten der | |
| „Fallschirmjournalisten“ ab, wie angereiste Reporter ohne Ortskenntnis | |
| genannt werden. Und nicht selten hinterlassen diese verbrannte Erde, | |
| sprich: Misstrauen, das die künftige journalistische Arbeit erschwert. | |
| Benjamin Alfaro, der an der mexikanischen Südgrenze als Fixer tätig ist, | |
| bringt das ganz einfach auf den Punkt: „Sie gehen wieder und wir bleiben | |
| hier.“ | |
| 16 Mar 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Wolf-Dieter Vogel | |
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