# taz.de -- Energiekrise in Indien: Kampf um die Kohle | |
> In Indien herrscht Kohlemangel. Regierung, Bundesstaaten und | |
> Energiewirtschaft schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu. | |
Bild: Wird in Indien bald knapp: Kohle in einem Vorort von Ahmedabad | |
Indien leistet zwar gute Arbeit bei der Erzeugung erneuerbarer Energien, | |
aber ohne Kohle geht es (noch) nicht: Immer mehr indische Bundesstaaten | |
schlagen Alarm, weil sie fürchten, dass in einigen Regionen bald der Strom | |
ausgehen könnte. Das Problem: Die Kohle ist knapp. | |
Organisationen wie Greenpeace Indien kritisieren, dass die Regierung weiter | |
in diesen Bereich investiert. Die Klimakrise macht es eigentlich nötig, | |
auf klimafreundlichere Energieträger zu setzen. Das tut die Regierung von | |
Narendra Modi (BJP) im Prinzip auch: Die Nutzung von erneuerbaren Energien | |
hat sich in seiner Amtszeit verdoppelt. Strom kam so in entlegene Dörfer. | |
Indien hat sich auch weitere ehrgeizige Ziele gesetzt. In den kommenden | |
zwei Jahren sollen 220 Gigawatt Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt | |
werden. Aber noch sieht die Realität im Stromsektor anders aus: Fast die | |
Hälfte des indischen Stroms stammt noch aus der Kohle. Beobachter sehen in | |
der aktuellen Kohleknappheit einen Risikofaktor für die Erholung der | |
pandemiegeplagten indischen Wirtschaft. | |
## Kritik von NGOs | |
Für den Mangel gibt es mehrere Gründe. Unter anderem macht die | |
Energieindustrie das schlechte Wetter verantwortlich – wegen einiger | |
Extremwetterlagen wurde die Produktion in Indien genauso wie in China | |
zurückgefahren. | |
NGOs kritisieren aber auch die [1][Energiewirtschaft für ihr Management.] | |
Indien sei doch den Monsun gewöhnt, müsste sich deshalb mit starken | |
Schauern in der Regenzeit auskennen und könne sie einplanen, sagt der | |
Umweltschützer Soumya Dutta vom South Asian People’s Action on Climate | |
Crisis. | |
Eine ähnliche Haltung vertritt Anil Swarup, ehemaliger Kohle-Staatssekretär | |
(Coal Secretary). Swarup zufolge stagniert die Produktion des staatlichen | |
Betreibers Coal India (CIL) in den letzten drei Jahren bei etwa 650 | |
Millionen Tonnen pro Jahr. Davor hatte es ein Wachstum gegeben, bis 2017 | |
ein hoher Regierungsbeamter ausschied und die Stelle länger nicht | |
nachbesetzt wurde. Auch sollen Bergwerksleiter für andere Projekte wie den | |
Bau von Toiletten abgezogen und Investitionen verschoben worden sein. | |
Kurzum, die Branche sei vernachlässigt worden, ebenso gäbe es Probleme mit | |
der Eisenbahn bezüglich des Transports, meint Swarup. | |
Neben der staatlichen Kohleproduktion gibt es natürlich auch noch den | |
Privatsektor. Der Multikonzern Adani Group zeigt unterdessen seine | |
Ambitionen, das Geschäft auszubauen. Mit dem Erwerb des australischen | |
Bergwerks Carmichael, um auch Kohle nach Indien zu schiffen, machte Gautam | |
Adani sich aber keine Freunde. Mit „Stop Adani“-Schildern wurde weltweit | |
vergebens protestiert. | |
Seit Juni wird gefördert. Adani weiß wohl, dass Indiens Energieverbrauch | |
wächst und längst nicht alle Haushalte rund um die Uhr mit Strom versorgt | |
werden. Zwar ist australische Kohle teurer, aber wegen ihrer besseren | |
Qualität beliebter. Der Kohlesektor ist nicht die einzige Branche, für den | |
sich indische Milliardäre interessieren. „In der jüngsten Vergangenheit | |
wurden einige staatliche Unternehmen unter Marktwert verkauft, da sie | |
heruntergewirtschaftet waren“, sagt Dutta. Es würde ihn nicht überraschen, | |
wenn der Privatsektor in Zukunft stärker in die Stromerzeugung einsteigen | |
würde. | |
Die Regierung auf Bundesebene gibt jedenfalls schon einmal Entwarnung: Der | |
Minister für Kohle und Bergbau versicherte, dass Indien genügend verfügbare | |
Kohlevorräte hat, die ausgeliefert werden. Selbst bei niedrigen Kosten für | |
Solarparks bleibt Kohlestrom der wichtigste Bestandteil des | |
Versorgungsnetzes. Dabei verstärkt die Kohleverstromung nicht [2][nur die | |
Klimakrise], sondern ist auch mitverantwortlich für Luftverschmutzung durch | |
Feinstaub, Schwefeldioxid und Stickstoffoxid. | |
20 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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