# taz.de -- Ein Computerspiel und die Folgen: Platz, „Fortnite“! | |
> Das Computerspiel „Fortnite“ ist die Freude der Kinder- und der Schrecken | |
> der Elternzimmer. Diesem Phänomen kommt man nur mit eigenen Regeln bei. | |
Bild: Mal wieder „Fortnite“-Zeit – ja, und? | |
Wenn du Zeit mit deinem Kind verbringst, ist diese Zeit besetzt. Wenn dein | |
Kind Hausaufgaben macht, Fußball spielt, sich draußen mit Freunde trifft, | |
zum Breakdance geht, wenn es schläft oder aus dem Fenster schaut, ist diese | |
Zeit besetzt. Kümmere dich darum, dass möglichst viel Zeit deines Kindes | |
mit etwas anderem als mit Fortnite besetzt ist. Nenne dieses andere zum | |
Beispiel „das Wichtige“. | |
Wenn dein Kind das Wichtige getan hat, dann darf es [1][auch „Fortnite“ | |
spielen]. | |
Wenn dein Kind das Wichtige mal einfach nicht tun will, dann lass es. Aber | |
lass es dann auch nicht „Fortnite“ spielen. | |
Wenn du dir die Zeit und die Kraft nehmen willst, um gegen „Fortnite“ zu | |
gewinnen, musst du sie irgendwo und vor allem irgendwem wegnehmen: Dir | |
selbst, deinem Partner, deinen anderen Kindern, Facebook, deiner Arbeit, | |
deinem Arbeitgeber. Das führt zu Konflikten. Ein großer Teil deiner | |
Aggression gegen „Fortnite“ liegt darin begründet, dass du diesen | |
Konflikten ausweichen willst. Auch dem Konflikt, den es bedeutet, deinem | |
Kind „Fortnite“ wegzunehmen. Doch dein Kind hat ein Recht auf Konflikt. Es | |
hat ein Recht darauf, dass du ihm „Fortnite“ wegnimmst. | |
Wenn dein Kind schläft, gehe diese Liste durch: Die X-Box ist aus, so aus, | |
dass sie dein Kind nicht anstellen kann. Check! Das Handy und das iPad | |
deines Kindes liegen bei dir, auch das iPad des großen Geschwisters, das | |
sich dein Kind schon mal nachts geholt hat, wenn seine Geräte bei dir | |
waren. Check! Du weißt schon, dass du selbst gerade schon wieder auf | |
Facebook bist? Check! | |
Wenn dein Kind in der Schule ist, gibt es dort viele Gespräche über | |
Fortnite. Es gibt kein „Fortnite“-Spielen in der Schule. Darum hast du dich | |
gekümmert. | |
Wenn dein Kind morgens das Haus verlässt, kommt es erst nach sieben, acht | |
oder sogar neun Stunden zurück. Mach dir, wenn ihr euch abends wieder seht, | |
immer klar, was dein Kind den Tag über geleistet hat. Sei fair zu deinem | |
Kind. Wenn dein Kind „Fortnite“ spielt, wenn du nach Hause kommst, leg dich | |
aufs Sofa, koch was oder räum auf – wonach dir gerade ist. Mach dir klar, | |
was du den Tag über alles geleistet hat. Sei fair zu dir selbst. | |
Wenn du rumschreist und drohst, dein Kind auf kalten Entzug zu setzen und | |
endgültig den Stecker zu ziehen, bedenke: Wenn die X-Box im Keller ist, ist | |
das Kind immer noch in der Wohnung. Wenn am Freitagabend der Freund deines | |
Kindes bei euch einzieht; wenn er einen Rollkoffer dabei hat, mit einer | |
Zahnbürste, einem Schlafanzug und mit einem riesigen Bildschirm; wenn er | |
den im Zimmer deines Kindes aufbaut; wenn er erst am Sonntagmittag wieder | |
auszieht; wenn am Montag dein Kind krank ist und aber sagt, dass war ein | |
tolles Wochenende und wenn du den Freund deines Kindes sehr nett findest: | |
Dann schreib eine Entschuldigung und lass es gut sein. | |
## Mittelerde an der Konsole | |
Wenn alle finden, dass sie ihr bestes geben und es dennoch nicht reicht, um | |
alle immer glücklich zu machen – dann ist das so. Der Plan funktioniert, | |
aber er ist nur ein Plan. Er funktioniert nicht immer und es ist sehr | |
anstrengend ihn einzuhalten. Aber jeder Plan ist besser als kein Plan. | |
Als du 13 warst, hast du das Buch „Herr der Ringe“ entdeckt. Du bist von | |
der Schule nach Hause gekommen, hast dir das Buch geschnappt und bist für | |
Stunden abgetaucht. Du wolltest alles haben, was dich nach Mittelerde | |
bringt, Bücher, Atlanten, Filme. Niemand hat dich dabei gestört, niemand | |
dir Vorwürfe gemacht. Wenn du dir vorstellst, du sähest dich als dein Kind, | |
wie es stundenlang, jeden Tag in Mittelerde verschwindet – gefällt dir | |
diese Vorstellung? | |
Du hast als Kind ganz selbstverständlich mit Spielzeugwaffen gespielt, du | |
warst sehr stolz auf dein funkensprühendes, knatterndes blaues | |
Maschinengewehr. Wenn du deinem Kind heute davon erzählst – schaut es dich | |
da nicht genauso an, wie du es anschaust, [2][wenn es dich für „Fortnite“ | |
begeistern will]? Du erinnerst dich an ein Buch aus Amerika, wo 13-Jährige | |
nach der Schule in den Wald gehen und Eichhörnchen schießen, weil es damals | |
in Amerika eben das war, was 13-Jährige machen. Du sagst, bis ich 12 war, | |
war ich glücklich, und dann wieder ab 17. Dein Kind ist 13. Die Zeit ist | |
auf eurer Seite. | |
2 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
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