# taz.de -- Ein Abrissplan und zwei Petitionen: Jetzt endgültig ausgeplantscht | |
> Das ehemalige DDR-Spaßbad SEZ ist abgerockt. Der Senat will es abreißen | |
> und Wohnungen samt Schule bauen. Nun fordert eine Petition die Sanierung. | |
Bild: Schon zwei Petitionen fordern Erhalt und Sanierung des früheren Vorzeige… | |
BERLIN taz | Nach Bekanntwerden der Abrisspläne des Senats werden Stimmen | |
für den Erhalt des [1][Sport- und Erholungszentrum (SEZ)] an der | |
Landsberger Allee lauter. Mehrere Petitionen und Politiker:innen | |
fordern, eine Sanierung und Wiedereröffnung als Schwimmbad und | |
Freizeitanlage zu prüfen. | |
Dabei schien der Traum einer Wiederbelebung längst vom Tisch zu sein. In | |
einer Mitte Dezember veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage des | |
Linken-Abgeordneten Damiano Valgolio kündigte die Senatsverwaltung für | |
Finanzen an, einen „gemischt genutzten Standort mit Wohnanteil“ auf dem | |
Grundstück errichten zu wollen. Unter anderen sollen 500 Wohnungen und eine | |
Schule entstehen. | |
„Aus ökologischer Perspektive ist ein Abriss kompletter Wahnsinn“, | |
kritisiert Jorinde Schulz vom Verein Gemeingut in Bürger:innenhand die | |
Pläne des Senats. Die Klimabelastung, die durch unnötigen Abriss und Neubau | |
entsteht, sei in Zeiten der Klimakrise nicht vertretbar. Trotz des | |
heruntergekommenen Zustands sei die Gebäudesubstanz gut. Eine | |
Wiedereröffnung als Schwimmbad- und Sportzentrum sei wichtig für die | |
soziale Infrastruktur Friedrichshains, so Schulz: „Die Anzahl von Frei- und | |
Schwimmbädern ist über die Jahre dramatisch runtergegangen.“ | |
Während in den Kiezen immer stärker nachverdichtet wird, entstehen kaum | |
Sport- und Freizeitangebote für die wachsende Bevölkerung, so Schulz. Im | |
dicht besiedelten Friedrichshain ist der Mangel besonders eklatant. So | |
ergab eine weitere Anfrage der Linken 2022, dass in | |
Friedrichshain-Kreuzberg seit zehn Jahren keine neuen Schwimmbäder | |
beantragt, geplant oder gebaut worden sind. „Das SEZ wäre eine Sportanlage, | |
die man mit geringen Aufwand wieder nutzen könnte.“ | |
## „Ein Frevel“ | |
Um den Senat doch noch umzustimmen, startete Gemeingut in | |
Bürger:innenhand letzten Mittwoch [2][die Petition] „Rettet das SEZ“. | |
Bislang unterschrieben nach Angaben des Vereins über 1.100 Menschen. Eine | |
ähnliche, schon Anfang Dezember [3][gestartete Petition auf Change.org] | |
konnte ebenfalls über 1.000 Unterschriften sammeln. | |
Unterstützt wird der Appell zur SEZ-Rettung von der Präsidentin der | |
Deutschen Architektenkammer, Theresa Keilhacker: „Dieses denkmalwürdige | |
Kulturerbe nach jahrzehntelangem Stillstand einfach abzureißen, ist | |
baukulturell, aber auch ökologisch und sozial gesehen ein Frevel.“ | |
Doch der Komplex, der eine Ikone der Ostmoderne ist, steht nicht unter | |
Denkmalschutz. Die 1981 errichtete Freizeitanlage galt als Prestigeprojekt | |
der DDR. Nach der Wende verlor der ehemalige Besuchermagnet seine | |
Anziehungskraft. Die Betriebskosten waren dem Senat zu hoch, weshalb die | |
Anlage 2002 endgültig schloss. Ein Jahr später verschenkte das Land das SEZ | |
an den Leipziger Investor Rainer Löhnitz mit der Auflage, den Bäderbetrieb | |
wiederzueröffnen. Dieses Versprechen löste Löhnitz nie ein und ließ das SEZ | |
stattdessen langsam verfallen. | |
Die Ankündigung, den Komplex abzureißen, folgte einer Entscheidung des | |
Bundesgerichtshofs, der den Rechtsstreit zwischen dem Eigentümer und dem | |
Land Berlin letztinstanzlich beendete. In dem Beschluss wird der Eigentümer | |
dazu verpflichtet, das SEZ an das Land Berlin zurückzugeben. | |
## Noch von einem Club genutzt | |
Löhnitz aber kündigt auf der SEZ-Website weitere rechtliche Schritte gegen | |
das Land Berlin an. Auch verweist der Investor auf das Urteil des | |
Kammergerichts, das ihn zwar zur Herausgabe des Grundstücks verpflichtet, | |
aber keinen Räumungsanspruch gegenüber den Mieter:innen enthält. Aktuell | |
wird das SEZ unter anderem von einem Club genutzt. „Von einem sofortigen | |
Abriss des SEZ kann keine Rede sein“, so Löhnitz auf der Website. | |
„Sobald der Senat die Schlüsselgewalt hat, muss er prüfen, in welchem | |
Zustand die Gebäude sind“, fordert der Friedrichshainer Linken-Abgeordnete | |
Damiano Valgolio, „wenn sie intakt sind, wäre es völlig absurd abzureißen.… | |
Theoretisch könnte der Senat sofort nach der Übergabe abreißen, da es seit | |
2018 einen gültigen Bebauungsplan für das Grundstück gibt. Aufgestellt | |
wurde dieser von der linken Bausenatorin Katrin Lompscher. Valgolio | |
erklärt, damals habe der Senat mit dem B-Plan vor allem Löhnitz' | |
Überlegungen für einen Abriss und Hotelneubau einen Riegel vorschieben | |
wollen. „Die Eigentümerschaft des Landes erfordert es, neu über die | |
Situation nachzudenken.“ | |
Vorstellbar wäre auch ein Teilabriss der maroden Baustruktur und ein Erhalt | |
der funktionalen Elemente. So sei das Grundstück groß genug für einen | |
Schulneubau. „Man sollte dort schnellstmöglich die Freizeitnutzung | |
ermöglichen.“ Platz genug für Wohnungsbau oder eine Schule böte das | |
ausladende Grundstück dann immer noch. | |
14 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Einstiges-Spassbad-der-DDR/!5866932 | |
[2] https://www.gemeingut.org/civi-public/petition/sign/?sid=35&reset=1 | |
[3] https://www.change.org/p/das-sez-sanieren-und-als-sport-und-freizeitfl%C3%A… | |
## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
## TAGS | |
SEZ | |
DDR | |
Bauen | |
Stadtentwicklung | |
Friedrichshain | |
SEZ | |
Fernsehturm | |
SEZ | |
Schwerpunkt Stadtland | |
Schwerpunkt Stadtland | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Protest gegen Abriss des SEZ: Hässlich, aber beliebt | |
Aktivist*innen protestieren gegen den Abriss des Sport- und | |
Erholungszentrums in Berlin-Friedrichshain und sammeln 10.000 | |
Unterschriften für den Erhalt. | |
Bar im Fernsehturm neueröffnet: Drinks und unerwartete Gespräche | |
Zur Neueröffnung der Bar im Berliner Fernsehturm sind neben Promis auch | |
Menschen eingeladen, die die Stadt bewegen. Ein Barabend der anderen Art. | |
Es tut sich was im einstigen Spaßbad: Im SEZ ist der Spaß zurück | |
Im ehemaligen Freizeitzentrum in Friedrichshain wird getanzt. Auch der | |
lange Rechtsstreit um das einstige Spaßbad ist endlich entschieden. | |
Einstiges Spaßbad der DDR: Ausgebremster Badebetrieb | |
Berlin hat im Rechtsstreit um ein Sportzentrum einen Erfolg erzielt. Die | |
Bevölkerung aber hat beim Gezerre um das Bad schon verloren. | |
DDR-Bad mit vager Zukunft: Die Spaßruine | |
In der DDR war das überdimensionale Freizeitzentrum SEZ ein Versprechen. | |
Doch seit Jahren gammelt es in Berlin-Friedrichshain vor sich hin. |