# taz.de -- Dekoloniale Afrika-Konferenz beginnt: Afrikaner in der Wilhelmstra�… | |
> 136 Jahre nach der Berliner Afrika-Konferenz kommt die Dekoloniale | |
> Afrika-Konferenz: 19 nicht weiße Frauen sprechen über Kolonialismus | |
> heute. | |
Bild: Zu geht es natürlich auch und ganz fix: aufgeklebte Punkte machen aus de… | |
BERLIN taz | Am 15. November 1884 trafen sich 19 weiße Männer in der | |
Reichskanzlei für ein großes Geschacher. Die Gesandten der europäischen | |
Mächte, der USA und des Osmanischen Reichs verhandelten über vier Monate | |
auf Einladung von Reichskanzler Otto Bismarck über ihre kolonialen | |
Interessen in Afrika und die Aufteilung und Ausbeutung des Kontinents. Die | |
Berliner Afrika-Konferenz, auch Westafrika-Konferenz oder Kongokonferenz | |
genannt, ist als offizieller Beginn des deutschen Kolonialismus in die | |
Geschichte eingegangen. | |
Zum Jahrestag an diesem Sonntag lädt das Projekt „Dekoloniale – | |
Erinnerungskultur in der Stadt“ zur [1][„Dekolonialen Berliner | |
Afrika-Konferenz“]: 19 nicht weiße Frauen aus Europa, Afrika und den beiden | |
Amerikas setzen sich – quasi am historischen Ort in der Wilhelmstraße 92, | |
dem Projektraum der „Dekoloniale“ – an einen Tisch und sprechen darüber, | |
wie der Kolonialismus sie heute noch beeinflusst. | |
Für vielfältige Antworten dürfte schon der Hintergrund der Frauen sorgen: | |
Unter den Konferenzteilnehmerinnen seien Politikerinnen, | |
Literaturwissenschaftlerinnen, Schauspielerinnen, Historikerinnen, | |
Psychotherapeutinnen und Menschenrechtsanwältinnen, erklärt Anna Yeboah, | |
Gesamtkoordinatorin des Dekoloniale-Projekts. „Manche beantworten die Frage | |
ganz persönlich, andere fast objektiv.“ Namen will Yeboah vorab keine | |
nennen, es seien aber bekannte Persönlichkeiten dabei, betont sie. | |
Wegen Corona werden die 19 Frauen natürlich nicht wirklich in der | |
Wilhelmstraße zusammentreffen. Sie werden per Video zugeschaltet, im | |
Projektraum selbst wird am Sonntag das Team der Dekoloniale das | |
Gesamtprojekt erklären; moderiert wird die Konferenz von dem bekannten | |
Moderator Tarik Tesfu. | |
## Aktuelle Debatten | |
Anfang diesen Jahres war „Dekoloniale – Erinnerungskultur“ als fünfjähr… | |
Kulturprojekt gestartet. Hintergrund ist der Auftrag des Abgeordnetenhauses | |
an den Senat, ein gesamtstädtisches Aufarbeitungs- und Erinnerungskonzept | |
zur Kolonialgeschichte zu erarbeiten. | |
Dieses Konzept müsse bis zur Wahl im Herbst 2021 vorliegen, forderte am | |
Mittwoch erneut der Sprecher der Grünen-Fraktion für Antidiskriminierung, | |
Sebastian Walter, aus Anlass des Jahrestags des Ende des Ersten | |
Weltkrieges, der zugleich das Ende des deutschen Kolonialismus bedeutete. | |
„Aktuelle Debatten um strukturellen Rassismus, [2][rund um die M*Straße] | |
oder das Humboldt Forum verdeutlichen, wie sehr der Kolonialismus bis heute | |
nachwirkt.“ | |
Das Großprojekt „Dekoloniale – Erinnerungskultur“ hat drei Teilbereiche: | |
Der erste namens „Dekoloniale In[ter]ventionen“ startet am Sonntag mit der | |
Konferenz der 19 Frauen. Sie wird der Auftakt für eine ganze Reihe von | |
Festivals, Thinktanks und künstlerischen Interventionen bis Ende 2024, mit | |
denen „postkoloniale Erinnerungskultur in den öffentlichen Raum“ geholt | |
werden sollen. Was in diesem Feld noch passieren wird in den kommenden | |
Jahren, wird die Kuratorin der Konferenz, Nadja Ofuatey-Alazard, erklären. | |
Im zweiten Teilprojekt „Dekoloniale [Re]präsentationen“ wird Tahir Della | |
von der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland mit Berliner | |
Bezirksmuseen Ausstellungen zu Kolonialismusthemen konzipieren – mit dem | |
Berliner Stadtmuseum und dessen Direktor Paul Spieß, der am Sonntag | |
ebenfalls zur Konferenz kommt. | |
Das dritte Teilprojekt „Koloniale Geschichte(n)“ soll schrittweise eine | |
interaktive Weltkarte erstellen, die Akteure und Lebensgeschichten, vor | |
allem von Kolonisierten, vorstellt, Institutionen und Organisationen mit | |
kolonialer Funktion (etwa Behörden, Unternehmen, Museen), antikoloniale und | |
antirassistischen Initiativen sowie Erinnerungsorte wie Denkmäler, | |
Gedenktafeln und Straßennamen. Diesen Bereich verantwortet der Historiker | |
Christian Kopp vom Verein Berlin postkolonial. | |
Die Karte wird diesen Sonntag erstmals online gehen mit Stationen für einen | |
Stadtspaziergang – live oder digital – durch Mitte. Garniert wird der | |
Spaziergang mit historischen Videovorträgen, etwa zur Kolonialgeschichte | |
der Deutschen Bank, und Kurzfilmen. Letztere werden bereitgestellt von | |
Interfilm, dem Berliner Kurzfilm-Festival, das ebenfalls am Sonntag | |
(online) beginnt. Die Filme sollen laut Yeboah für „einige Wochen“ auf der | |
Webseite des Projekts zu sehen sein. | |
14 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.dekoloniale.de/index.html | |
[2] /Rassistische-Strassennamen-in-Berlin/!5703279&s=Mohrenstra%C3%9Fe/ | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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