# taz.de -- Datenweitergabe bei Grindr: Umsonst gibt es nichts | |
> Die Dating-App Grindr hat Daten an Dritte weitergegeben – unter anderem | |
> zum HIV-Status. Wer seine Daten schützen will, sollte für Apps bezahlen. | |
Bild: Auch wenn die App nichts kostet, bezahlt man – mit seinen Daten | |
Es gibt persönliche Daten, bei denen ist es vielen Menschen egal, ob der | |
Rest der Welt diese nun kennt oder nicht. Ob jemand lieber Äpfel oder | |
Birnen mag, Schoko- oder Vanilleeis. Was soll’s. Und dann gibt es Daten, | |
die man mit bestimmten Menschen teilen will – mit anderen aber nicht. Zum | |
Beispiel, dass man HIV-positiv ist. Eben jene Information ihrer | |
Nutzer*innen hat die Dating-App Grindr nun offenbar an Dritte | |
weitergeleitet. Und damit noch einen draufgesetzt auf die Debatte um | |
Privatsphäre und Datenschutz seit dem [1][Skandal um Facebook und Cambridge | |
Analytica]. | |
Grindr hat weltweit etwa 3,6 Millionen täglich aktive Nutzer*innen und ist | |
vor allem bei schwulen Männern sehr beliebt. Schon seit einiger Zeit können | |
im Profil HIV-Status und das Datum des letzten Tests angegeben werden. | |
Laut einem [2][Bericht von Buzzfeed] hat die norwegische NGO Sintef nun | |
herausgefunden, dass Grindr diese Daten an zwei Unternehmen weitergegeben | |
hat – zusammen mit anderen Daten wie E-Mail-Adressen, Telefon-IDs oder | |
GPS-Daten. In dieser Kombination können die Informationen problemlos | |
konkreten Personen zugeordnet werden – was bei derart sensiblen Daten | |
hochproblematisch ist. Denn HIV ist noch immer ein gesellschaftliches Tabu. | |
Es sei „unfair“, nun mit Facebook in einen Topf geworfen zu werden, sagte | |
Bryce Case, zuständig für die Sicherheit bei Grindr. Die Daten wurden an | |
die Unternehmen Apptimize und Localytics weitergeleitet. Diese helfen | |
anderen Unternehmen, ihre Apps zu optimieren. Es sei keine Weitergabe gegen | |
Geld gewesen, vielmehr hätte Grindr die Unternehmen für ihre Leistungen | |
bezahlt, erklärte Bryce. „Tausende Unternehmen nutzen diese angesehenen | |
Plattformen.“ Trotzdem will Grindr die Daten zum HIV-Status nicht mehr | |
weitergeben. | |
Den wenigsten Nutzer*innen dürfte klar gewesen sein, dass Grindr die Daten | |
an Dritte weitergibt. Immerhin in Europa muss diese Zustimmung bald | |
expliziter erfolgen. Die Ende Mai in Kraft tretende | |
Datenschutzgrundverordnung enthält strenge Regeln für die Verarbeitung und | |
Weitergabe personenbezogener Daten. | |
## Selber schuld? | |
Gelöst ist das Problem dann nicht. Durch je mehr Hände Daten gehen, an je | |
mehr Orten sie gespeichert sind, desto unsicherer sind sie. Facebook wollte | |
auch keine Daten für Wahlkampfzwecke an Cambridge Analytica weitergeben. | |
Passiert ist es trotzdem; weil der App-Betreiber, der diese Daten | |
rechtmäßig über Facebook gesammelt hatte, sie dann unrechtmäßig | |
weiterverkaufte. | |
Scott Chen, technischer Direktor von Grindr, hatte am Montag betont, die | |
App sei ein „öffentliches Forum“ und man solle „sorgfältig überlegen, | |
welche Informationen man in seinem Profil angibt“. Wer seinen HIV-Status | |
angibt, ist also selber schuld? So einfach ist es nicht. | |
Auch vermeintlich harmlosere Informationen haben es in sich. Je nachdem, | |
was einem Menschen auf Facebook so gefällt und was er bei Google sucht, | |
sind Rückschlüsse auf sensiblere Daten wie Erkrankungen leicht machbar. Es | |
geht also um den Umgang mit personenbezogenen Daten. | |
Grindr präsentiert sich seit Längerem als Freund der Community. Seit | |
Dezember betreibt es das Onlinemagazin Into für „die moderne queere Welt“, | |
die App sendet auf Wunsch Erinnerungen an bald fällige HIV-Test. Ein Spruch | |
à la „Überlegt halt, was ihr teilt“, passt da erst mal nicht ins Bild. Do… | |
am Ende haben profitorientierte Unternehmen eben vor allem eins im Blick: | |
den Profit. | |
Das eigentliche Problem ist also, dass man für Apps wie Facebook, Grindr | |
und Co. zwar kein Geld auf den Tisch legt – zahlen muss man sie natürlich | |
trotzdem. Denn kein Unternehmen betreibt seine Apps, weil es so gerne | |
Menschen zusammenbringen. Momentan sind es die Werbekund*innen, die ein | |
soziales Netzwerk für die Betreiber*innen lukrativ machen. Und die wollen | |
personalisierte Werbung. Um das zu ändern, muss sich das gesamte | |
Geschäftsmodell ändern. Wir wär’s – zehn Euro monatlich für Facebook? N… | |
mal zehn für Grindr? Wer das nicht bereit ist aufzubringen, dem bleiben als | |
Zahlungsmittel eben nur seine Daten. | |
3 Apr 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Datenweitergabe-von-Facebook/!5493425 | |
[2] https://www.buzzfeed.com/azeenghorayshi/grindr-hiv-status-privacy | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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