| # taz.de -- Das Yaam bekommt Hilfe aus Kreuzberg: Gemeinsame Sache mit dem SO36 | |
| > Der Club in Friedrichshain ist in finanzielle Schieflage geraten. Ein | |
| > Teil des Geländes ist gesperrt. Jetzt wird die Sanierung in Angriff | |
| > genommen. | |
| Bild: Das Yaam liegt an der Spree, doch das ist ein Problem: Die Standsicherhei… | |
| Berlin taz | Neben einer Feuertonne stehen zwei verlassene Liegestühle im | |
| Sand mit Blick auf die Spree. Vereinzelt stehen leere Flaschen herum, eine | |
| kleine Diskokugel wackelt im Wind. Die Holzhütte mit angenagelten | |
| Vinylplatten am Giebel ist geschlossen. Es wirkt, als hätten die letzten | |
| Besucher*innen das Gelände des [1][Yaam] gerade erst verlassen. Dabei | |
| ist der Innenbereich des Clubs schon seit 2020 geschlossen, weil laut | |
| Bauaufsicht die Standsicherheit von Ufermauer und Halle nicht mehr | |
| gewährleistet werden konnte. Doch jetzt fährt ein Getränketransport auf das | |
| Gelände – es scheint sich etwas zu tun. | |
| Die Macher:innen im Yaam – der Name steht für „Young African Art Market“ | |
| – können endlich wieder aufatmen: Rund 30 Jahre nach seiner Gründung und | |
| als fester Bestandteil der Berliner Kulturszene konnte [2][der Club am | |
| Ostbahnhof] sein Bestehen am jetzigen Standort langfristig sichern. Nach | |
| fünf Umzügen und seiner Wiedereröffnung im Mai 2014 auf dem heutigen | |
| Gelände wurde ein Mietvertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren mit dem | |
| Bezirk unterzeichnet. Er beinhaltet auch eine zweimalige Option auf eine | |
| Verlängerung um jeweils fünf Jahre. Mit dieser Planungssicherheit kann die | |
| Sanierung des Clubs angegangen werden. In die Arbeiten werden dann auch | |
| 800.000 Euro der Lottostiftung fließen, die durch den fehlenden Vertrag | |
| nicht ausgezahlt werden konnten. | |
| Hinter dem Yaam steht der gemeinnützige Verein Kult e. V. Lena Trunk, dort | |
| seit 2005, zeigt der taz den geschlossenen Gebäudekomplex. Die dunklen | |
| Hallen stehen voll mit Material: Bauholz, Deko, Lampen, Barutensilien. Vor | |
| der Schließung gab es hier vor allem Partys und Konzerte mit Reggae, | |
| Dancehall, HipHop, Dub, Afrobeat und Soul. Das Yaam sei schon immer „ein | |
| Ort für die afrokaribische Community“ gewesen, erzählt Trunk. Auch jetzt | |
| ist es Anlaufstelle und kreativer Treffpunkt. Neben Foodmarket, | |
| Kinderspielplatz und Sportangeboten gibt es Platz für Workshops und | |
| Streetart. Viele Ehrenamtliche sind daran beteiligt, einen unabhängigen Ort | |
| mit einem niedrigschwelligen Ansatz für soziale Integration und Kultur zu | |
| schaffen. | |
| Auf dem Gelände treffen sich auch viele Geflüchtete, um Anschluss zu finden | |
| und sich auszutauschen, erklärt Trunk. Sie spricht von „Community | |
| Empowerment“ und davon, eigene Strukturen zu hinterfragen, um ein | |
| partizipatives Projekt zu werden. Es sei geplant, neue Kooperationen im | |
| Bereich Sozialarbeit und Beratung einzugehen, zum Beispiel mit dem | |
| Straßensozialarbeitsprojekt [3][Gangway] oder dem Berliner Flüchtlingsrat. | |
| ## Sechs Monate Bauzeit für die Spundwand zur Spree | |
| Aktuell steht das Yaam im Kontakt mit dem Bauamt von | |
| Friedrichshain-Kreuzberg. Demnach soll ab Oktober die Uferwand des Geländes | |
| in Bauplanung gehen. Die Sicherung der Spundwand wird wahrscheinlich bis zu | |
| sechs Monate Bauzeit beanspruchen. Danach soll begutachtet werden, ob | |
| Veranstaltungen künftig auch wieder in der Halle stattfinden können. „Aber | |
| auch wenn die Halle stehen bleiben kann, müsste sie massiv saniert werden“, | |
| sagt Trunk. „Es ist noch unklar, ob sich das rentiert. Eventuell wäre auch | |
| ein Teilabriss oder Neubau möglich.“ | |
| Sich finanziell über Wasser zu halten sei schwierig, sagt Trunk. Zum einen | |
| seien da die Instandhaltungskosten des Gebäudekomplexes und des 8.000 | |
| Quadratmeter großen Geländes, zum anderen gibt es im Winter faktisch keine | |
| Veranstaltungen und Bareinnahmen. Das sieht auch Geoffrey Vasseur so, der | |
| seit 2014 mit auf dem Gelände ist und Geschäftsführer der alten GmbH des | |
| Yaam war – der „Spreekultur Event- und Gastronomieservice GmbH“. Die sei … | |
| März in Insolvenz gegangen, sagt Vasseur. Aber es gebe nun Unterstützung. | |
| Der Support kommt aus der Kreuzberger Oranienstraße: Das [4][SO36] wird | |
| künftig mit dem Yaam kooperieren und sichert damit auch einen Teil der | |
| Existenz des Clubs. „Wir können uns gegenseitig helfen, voneinander lernen, | |
| inhaltlich austauschen und wirtschaftlich effektiver agieren'“, schreibt | |
| das SO36 auf Instagram. „Wir wollen Subkultur zelebrieren, Musik entdecken, | |
| Kunst fördern und unsere Stadt mitgestalten.“ | |
| Hinter beiden Institutionen stünden Kulturvereine mit jeweils über 30 | |
| Jahren Erfahrung, Geschichte und Charakter. Beide Vereine blieben | |
| eigenständig und behielten ihre jeweiligen Stärken und | |
| Programmausrichtungen. Der über fünf Jahre laufende Vertrag zwischen den | |
| beiden Einrichtungen sieht etwa vor, dass das SO36 die Bars und den | |
| Einlassdienst des Yaam übernimmt. | |
| ## Ein Umbruch – und eine Chance | |
| Lena Trunk erhofft sich davon Synergieeffekte: „Mit dem Untergang der alten | |
| GmbH wird es auch einen Personalwechsel im Verein geben“, sagt sie. „Das | |
| wird ein Umbruch und die Chance auf neue Ideen und frischen Wind in unseren | |
| Strukturen“. | |
| Auch Geoffrey Vasseur hat große Pläne für das Gelände an der | |
| Schillingbrücke: „Es geht darum, ein soziokulturelles Zentrum zu | |
| etablieren. Wir wollen hier eine grüne und bunte Oase schaffen.“ Dafür | |
| würden Ideen gesammelt und Szenarien konstruiert. Das Yaam arbeite eng mit | |
| der Beuth Hochschule für Technik zusammen. | |
| In der Vergangenheit sei der Bezirk nicht wirklich proaktiv gewesen, wenn | |
| es um die Planung des Quartiers ging, so Vasseur. Dabei stehe letztendlich | |
| aber der Erhalt von Subkultur auf dem Spiel an einem Ort, der mittlerweile | |
| von verglasten Renditeimmobilien umgeben ist. Die Fläche müsse dem Markt | |
| entzogen werden – ganz im Geiste des alten Mottos „Mediaspree versenken“. | |
| 12 May 2024 | |
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| [2] https://yaam.de/ | |
| [3] https://gangway.de/ | |
| [4] https://www.so36.com/tickets | |
| ## AUTOREN | |
| Kai Liesegang | |
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