# taz.de -- DFB-Auszeichnung für FC St. Pauli: Viel Feind, viel fair | |
> Der DFB zeichnet den Fanladen des FC St. Pauli für den Einsatz gegen | |
> Diskriminierung aus. Vor zwei Jahren war dieses Engagement noch | |
> unerwünscht. | |
Bild: DFB-Preisverleihung in Hannover: Herber Grönemeyer und Mitarbeiter des F… | |
HANNOVER taz | Den letzten Beweis dafür, dass es jetzt endgültig gut sein | |
sollte mit der Sache von vor zwei Jahren, den trug Oke Göttlich auf der | |
Brust. Der Präsident des FC St. Pauli war im Trikot seines Klubs ins Alte | |
Rathaus in Hannover gekommen, zur Vergabe des Julius-Hirsch-Preises. | |
Mit diesem Preis zeichnet der Deutsche Fußball-Bund in jedem Jahr Gruppen | |
aus, die sich gegen verschiedene Formen der Diskriminierung im Fußball | |
starkmachen, also gegen Rassismus, Sexismus, Homophobie und Antisemitismus. | |
Das Trikot, das Göttlich trug, war kein normales Trikot, kein Trikot, auf | |
dem der Name des Hauptsponsors zu lesen war. Stattdessen stand dort: „Kein | |
Fußball den Faschisten“. | |
Vor zwei Jahren hatte es Ärger gegeben zwischen dem FC St. Pauli und dem | |
DFB wegen dieses Spruchs. Er ist in großen Buchstaben auf der Gegentribüne | |
des Millerntor-Stadions gepinselt, und als die deutsche Nationalmannschaft | |
das Stadion damals für eine Trainingseinheit bezog, hatte der Verband | |
diesen Spruch mit einer grünen Plane abhängen lassen, neutralisiert, wie es | |
im Verbandsdeutsch heißt, weil politische Botschaften im Umfeld der | |
Nationalmannschaft nicht gern gesehen sind. | |
Doch der DFB ist lernfähig, das zeigt die Tatsache, dass der Spruch bei der | |
Rückkehr der deutschen Auswahl ans Millerntor in der vergangenen Woche zur | |
Vorbereitung auf das WM-Qualifikationsspiel gegen Tschechien bestens zu | |
lesen war. Das zeigt die Tatsache, dass der Verband jetzt dem Fanladen des | |
FC St. Pauli den ersten Platz beim Hirsch-Preis zusprach. | |
Und das zeigt ganz am Ende auch die Tatsache, dass Göttlich bei der | |
Preisverleihung mit seinem Trikot herumspazieren durfte. Den Zwischenfall | |
vor zwei Jahren? „Das können wir langsam mal vergessen“, sagte Göttlich | |
später am Abend. Der DFB mache viel gegen Diskriminierung, das erkenne auch | |
der FC St. Pauli an. | |
Tatsächlich lässt sich an den Geehrten beim Hirsch-Preis eine neue Haltung | |
beim Verband erkennen. In den vergangenen Jahren zeichnete er zunehmend | |
Gruppen und Einrichtungen aus, die unbequem sein können oder ihre Probleme | |
mit dem DFB haben, die sich aber mit Nachdruck gegen Diskriminierung | |
einsetzen. | |
## „Kein Fußball den Faschisten“ | |
2010 den alternativen Leipziger Verein Roter Stern, 2013 die Ultras | |
Nürnberg, 2014 die Schickeria, die tonangebende Ultragruppe des FC Bayern – | |
und in diesem Jahr eben den Fanladen, der vor der Berliner Initiative | |
„Fußballfans gegen Homophobie“ und einem Schulprojekt aus Neumarkt in der | |
Oberpfalz landete. | |
Der Fanladen ist eine Anlaufstelle für alle Fans des FC St. Pauli, er | |
arbeitet unabhängig vom Verein, aber doch mit kurzem Draht zu den | |
Verantwortlichen um Präsident Göttlich, und er ist wie der Verein | |
hochpolitisch. „Der Einsatz gegen Diskriminierung liegt in unserer DNA“, | |
sagt Justus Peltzer, einer von fünf hauptamtlichen Mitarbeitern der | |
Einrichtung. | |
Zum siebten Mal beteiligte sich der Fanladen in diesem Jahr am | |
internationalen Holocaust-Gedenktag, mit Vorträgen über die Flucht aus | |
Nazideutschland, über Flucht heute und über die Neonaziszene. Zum Abschluss | |
liefen die Profis beim Spiel gegen Leipzig im Februar mit dem Spruch „Kein | |
Fußball den Faschisten“ auf der Trikotbrust auf. | |
Der Verein hatte dem Fanladen zum 25-jährigen Bestehen versprochen, ihm | |
einmalig den Platz freizumachen, der eigentlich für den Hauptsponsor | |
reserviert ist. Die Leute vom Fanladen hatten keine Lust auf Eigenwerbung. | |
Sie wollten lieber Werbung für die gute Sachen machen. „Wenn wir schon so | |
eine prominente Fläche bekommen, sollte dort auch eine politische Botschaft | |
stehen“, sagt Peltzer. Auch wegen dieser Botschaft hat der Fanladen jetzt | |
also einen Preis vom Deutschen Fußball-Bund bekommen. Wegen einer | |
Botschaft, die der Verband noch vor zwei Jahren nicht sehen wollte. | |
11 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Hendrik Buchheister | |
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