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# taz.de -- Cum-Ex-Prozess in Bonn beginnt: Der Steuerskandal vor Gericht
> Im Verfahren gegen Christian Olearius, den Ex-Chef einer Privatbank, geht
> es auch um die Zukunft von Olaf Scholz. Welche Rolle spielte er bei
> Cum-Ex?
Bild: Alles bleibt im Dunkeln: Kanzler Scholz kann sich an nichts erinnern
Hamburg taz | Am Landgericht in der Bonner Wilhelmstraße beginnt am Montag
eines der vielen Strafverfahren, welche sich um den größten Steuerskandal
in der Geschichte der Bundesrepublik drehen. Vorgeworfen werden dem
Gesellschafter der Hamburger Privatbank M.M.Warburg windige
[1][Cum-Ex]-Geschäfte, die den Fiskus reichlich Millionen kosteten. Doch
dieser Prozess gegen Christian Olearius ist speziell: aufgrund seiner
politischen Verstrickungen.
„Cum-Ex“ bezeichnet sogenannte Aktienkreisgeschäfte mit dem Ziel, sich eine
nur einmal gezahlte Kapitalertragsteuer mehrfach erstatten zu lassen.
„Entlastend zählt nicht die Entschuldigung, dass die Finanzämter anfangs zu
blöd gewesen wären, diese komplexen Betrugsgeschäfte zu durchschauen“, sagt
Finanzexperte Rudolf Hickel der taz.
Bereits einen solchen „intelligent-kreativen Steuerbetrug“ zu konstruieren,
sei eigentlich kriminell. Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler schätzt den
Gesamtschaden durch Cum-Ex-Deals allein in Deutschland auf 10 bis 12
Milliarden Euro. Zurzeit laufen mehr als 100 Ermittlungsverfahren gegen
mehr als 1.500 Beschuldigte.
Dem vormals persönlich haftenden Gesellschafter Olearius legt die
Cum-Ex-Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Köln 15 Fälle der besonders
schweren Steuerhinterziehung zur Last, die zwischen 2006 und Ende 2019
begangen wurden. Der Angeklagte soll die Deals initiiert und abgesegnet
haben, heißt es in einer Pressemitteilung des Landgerichts. „Er soll in
alle Planungen eingebunden gewesen sein und die maßgeblichen Entscheidungen
getroffen haben.“ Der entstandene Steuerschaden soll „knapp 280.000.000,00
Euro“ betragen.
## Die Rolle der Politiker
In Hamburg geht seit mehr als zwei Jahren ein parlamentarischer
Untersuchungsausschuss in der Bürgerschaft der Frage nach, welche Rolle
Politiker im Fall Warburg spielten. Im Fokus stehen der frühere Erste
Bürgermeister Olaf Scholz und sein Nachfolger, der ehemalige Finanzsenator
Peter Tschentscher, beide SPD.
Scholz traf sich vor einer Entscheidung des Finanzamtes zugunsten der
Warburg-Bank mit dessen Eigner Christian Olearius. Tschentscher verlangte
laut einer Aktennotiz, auf dem Laufenden gehalten zu werden. Nach dem
Willen der Union soll auch der Bundestag einen Untersuchungsausschuss
einsetzen. Gegen das Veto der Ampel-Fraktionen klagt die Union gerade vor
dem Bundesverfassungsgericht.
Doch parlamentarische Untersuchungsausschüsse haben längst nicht die
weitreichenden Befugnisse wie Staatsanwälte. Für [2][Fabio De Masi],
Ex-Bundestagsabgeordneten der Linkspartei, Grund genug, um bei der
Generalstaatsanwaltschaft Hamburg Strafanzeige gegen Kanzler Scholz zu
erheben. In einem Beitrag auf X, dem früheren Twitter, begründete er dies
Ende August mit dem Verdacht auf „uneidliche Falschaussage“ vor dem
Warburg-Untersuchungsausschuss.
## Scholz hatte Kontakt zu dem nun angeklagten Bankier
Scholz hatte bis zum November 2017 drei Treffen mit den Gesellschaftern der
Warburg-Bank, Christian Olearius und Max Warburg, zu ihrem Steuerverfahren.
Im Raum steht der Verdacht der politischen Einflussnahme auf die
Steuerbehörden. Scholz behauptet, sich angesichts der Vielzahl seiner
Termine nicht erinnern zu können. Eine frühere Anzeige eines Hamburger
Anwalts gegen Scholz war ohne Folgen geblieben.
Prozessbeobachter erwarten daher von dem Bonner Verfahren mehr Klarheit
über die Rolle Scholz´. Möglicherweise wird er als Zeuge aussagen müssen.
Die Warburg-Bank will auf Anfrage das Verfahren gegen ihren Gesellschafter
nicht kommentieren. Mit Zahlungen im Jahr 2020 seien die Steuerforderungen
wegen der Cum-Ex-Geschäfte beglichen worden. Die Mehrheitsgesellschafter,
also auch Olearius, hätten die Beträge aus ihrem eigenen Vermögen bezahlt.
Die strafrechtliche Beurteilung werde nun durch das Landgericht Bonn
vorgenommen. Dies hat zunächst 27 Verhandlungstage bis zum März kommenden
Jahres angesetzt.
17 Sep 2023
## LINKS
[1] /Cum-Ex-Geschaefte/!t5261780
[2] /Krise-der-Linkspartei/!5954748
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
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