| # taz.de -- Corona in Schleswig-Holstein und Bayern: Ein Plan, da raus zu komme… | |
| > In Bayern steigt der politische Druck, den Lockdown zu lockern. Schleswig | |
| > Holsteins Regierung macht dafür gleich einen konkreten Vorschlag. | |
| Bild: Ein mehrstufiger „Perspektivenplan“ soll her | |
| München/Neumünster taz | Mit einem mehrstufigen „Perspektivplan“ geht | |
| Schleswig-Holsteins Regierungschef Daniel Günther (CDU) in die Runde der | |
| Ministerpräsident*innen am Mittwoch. Wann welche Lockerungen erlaubt | |
| sind, richtet sich laut dem Plan nach der Sieben-Tage-Inzidenz. CDU und | |
| Grüne wollen die anderen Länder und den Bund von einem gemeinsamen Vorgehen | |
| überzeugen, die FDP als dritte Jamaika-Partnerin könnte sich auch einen | |
| Alleingang vorstellen. | |
| Sich die Haare schneiden lassen, auf Freiluftplätzen kicken, im Pflegeheim | |
| mehr Besuche bekommen, Kitas und Schulen langsam öffnen: Diese Lockerungen | |
| will das Land erlauben, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz unter 100 sinkt. | |
| Bereits im Januar stellten Ministerpräsident Günther, Finanzministerin | |
| Monika Heinold (Grüne) und Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) den Plan | |
| vor, der eine „Blaupause“ für andere Länder und die Bundesregierung sein | |
| soll. | |
| „Unser Ziel ist eine bundesweite Regelung“, betonte Günther. Wichtig sei, | |
| keine festen Termine zu nennen, sondern sich stets am aktuellen | |
| Infektionsgeschehen zu orientieren. Aktuell liegt die Sieben-Tage-Inzidenz | |
| in Schleswig-Holstein bei 62,5, damit wäre auch ein eingeschränkter | |
| [1][Regelbetrieb in Kitas und Wechselunterricht in den Schulen] bis zur | |
| sechsten Klasse möglich. Bleibt der Wert mehr als drei Wochen unter 100, | |
| sollen Schulen zum Präsenzunterricht zurückkehren. Regelbetrieb für Kitas | |
| und geöffnete Läden gebe es bei einem Wert unter 50. | |
| Allerdings malen die aktuell niedrigen Zahlen – in einigen Landkreisen | |
| liegt der Inzidenzwert unter 20 – ein etwas zu rosiges Bild. Denn Mitte | |
| Januar wurde in Flensburg [2][die britische B.1.1.7-Mutation] nachgewiesen, | |
| inzwischen sind in zahlreichen Regionen des Landes Fälle aufgetreten, in | |
| denen die ansteckendere Virusmutation gefunden wurde. | |
| ## „Auf einen eigenen Weg gut vorbereitet“ | |
| „Beunruhigend“, nannte das Eka von Kalben, Fraktionschefin der Grünen im | |
| Kieler Landtag, diese Entwicklung. Die aktuelle Situation müsse bei der | |
| Diskussion um die Stufenpläne eine Rolle spielen. „Der Stufenplan bedeutet | |
| nicht automatisch nur Lockerungen, sondern bei steigenden Zahlen auch | |
| wieder mögliche Schließungen“, so von Kalben zur taz. Sie erwarte, dass | |
| Ministerpräsident Günther sich für ein bundesweit abgestimmtes Vorgehen | |
| einsetzen werde – und rechnet damit, dass der Kieler Stufenplan „eine große | |
| Rolle bei den Beratungen spielen wird“. | |
| Auch Christopher Vogt, FDP-Fraktionschef im Kieler Landtag, hofft auf ein | |
| gemeinsames Vorgehen. Sollte es aber „wider Erwarten keinen bundesweit | |
| abgestimmten Perspektivplan geben“, sei Schleswig-Holstein „auf einen | |
| eigenen Weg gut vorbereitet“, so Vogt zur taz. | |
| Auch in Bayern wird der Ruf nach einem Einstieg in den Ausstieg aus dem | |
| Lockdown wieder lauter. Bei 74,7 lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Dienstag | |
| in dem Bundesland – nur noch knapp über dem Bundeswert. 25 Landkreise und | |
| kreisfreie Städte konnten sogar Inzidenzwerte von weniger als 50 aufweisen. | |
| Im Landtag wurde das Thema am Dienstag diskutiert: „Perspektiven aus dem | |
| Lockdown aufzeigen“, lautete auf Antrag der FDP-Fraktion das Thema der | |
| Aktuellen Stunde. | |
| Die Haltung von Markus Söder ist indes klar. Der Trend bei den | |
| Inzidenzzahlen mache zwar Hoffnung, sagte der Ministerpräsident, aber es | |
| sei leider noch nicht vorbei. „Feste Stufenpläne klingen verlockend, können | |
| aber rasch zu Enttäuschung führen.“ Allenfalls für Grundschulen und Kitas | |
| stellte er mit Blick auf die Ministerpräsidentenrunde neue Perspektiven in | |
| Aussicht. „Das Auf-Sicht-Fahren nervt“, hatte Söder schon am Sonntag in der | |
| ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ zugegeben. „Aber das Auf-Sicht-Fahren ist | |
| das Einzige, was wirklich hilft. Denn der Herausforderer, vor dem wir | |
| stehen, Corona, hält sich null an Termine, die wir setzen.“ | |
| ## Das Grummeln wird lauter | |
| FDP-Fraktionschef Martin Hagen fordert dagegen ein regional differenziertes | |
| Vorgehen, will zunächst dort, wo die Infektionszahlen niedrig sind, Kitas, | |
| Grundschulen und Einzelhandel wieder öffnen. Vor allem aber dürfe die | |
| nächtliche Ausgangssperre nicht über das Wochenende hinaus verlängert | |
| werden. Andernfalls werde seine Partei dagegen klagen. Ein Stufenplan solle | |
| die Lockerungen entsprechend der Ansteckungszahlen regeln. | |
| Nun ist die FDP in der Opposition, ihr Vorstoß überrascht nur bedingt. Aber | |
| auch bei Söders Koalitionspartner, den Freien Wählern, und sogar in den | |
| eigenen Reihen wird das Grummeln lauter. Wirtschaftsminister und | |
| Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger plädiert schon lange für möglichst | |
| schnelle Lockerungen, aktuell sieht auch er den Zeitpunkt für ein Ende der | |
| Ausgangssperre gekommen. „Dann muss man aber auch die zusätzlich gewonnene | |
| Sicherheit für Öffnungen nutzen, um wieder Steuergelder zu erwirtschaften | |
| und den Menschen nicht mehr Freiheitseinschränkungen abzuverlangen als | |
| nötig“, sagte er im Interview mit der Augsburger Allgemeinen. Aiwanger will | |
| auch auf technische Systeme setzen, etwa auf Kameras zur Überwachung des | |
| Masketragens im Einzelhandel. | |
| Aber auch Landtagspräsidentin Ilse Aigner fehlt die Perspektive. „Die | |
| Menschen brauchen eine Perspektive, ein Szenario, wie es nach dem langen | |
| Lockdown weitergeht“, sagte die CSU-Politikerin der Süddeutschen Zeitung. | |
| Die Regierung müsse „darlegen, welche Lockerungen bei bestimmten | |
| Inzidenzwerten möglich sind“. | |
| 10 Feb 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Schul-und-Kitaoeffnungen-in-der-Pandemie/!5746537 | |
| [2] /Aktuelle-Coronazahlen-aus-Deutschland/!5747661 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominik Baur | |
| Esther Geißlinger | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Bayern | |
| Schleswig-Holstein | |
| Lockdown | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Solidarität | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Akzeptanz von Coronatests: Gurgeln statt würgen | |
| Die Bereitschaft, sich testen zu lassen, könnte größer sein, wenn die | |
| Gurgelmethode eingesetzt würde, vermutet der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb. | |
| Schule und Corona: Bitte weniger Druck | |
| Die Debatte um Schulöffnungen ist zu kurzatmig. Wir brauchen einen Plan, um | |
| die wachsende Bildungsungerechtigkeit zu bekämpfen. | |
| Berlins Kultursenator Lederer zu Corona: „Keine Trendwende bis Ostern“ | |
| Die Lage sei viel zu ernst für Lockerungen, sagt Klaus Lederer (Linke). Mit | |
| einer Normalisierung bei der Kultur rechnet er erst 2022. |