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# taz.de -- Schule und Corona: Bitte weniger Druck
> Die Debatte um Schulöffnungen ist zu kurzatmig. Wir brauchen einen Plan,
> um die wachsende Bildungsungerechtigkeit zu bekämpfen.
Bild: Lehrpläne müssen entschlackt, Zensuren ausgesetzt, Prüfungen gestreckt…
Wenn sich am Mittwoch die Ministerpräsident:innen der Länder erneut
mit Kanzlerin Angela Merkel treffen, wird eines der zentralen Themen die
[1][Öffnung der Schulen] sein. Mehrere Länder – Schleswig-Holstein,
Niedersachsen und Thüringen – haben Pläne vorgelegt, in denen sie klare
Kriterien verabreden wollen, ab wann die ersten Schüler:innen aus dem
Kinderzimmer wieder in die Klassenräume dürfen.
Die [2][Bundesbildungsministerin hat am Montag Empfehlungen vorgestellt,]
wie der Unterricht dann stattfinden kann – mit Masken, geteilten Klassen
und regelmäßigem Lüften. Alles wichtig und hilfreich. Doch ein großer Plan
fehlt bislang: Was wird eigentlich aus diesem Schuljahr? Denn dass die
Schulen ab Montag wieder öffnen, glaubt doch niemand.
Also müssten doch eigentlich noch ganz andere Fragen im Zentrum der Debatte
stehen, nämlich: Wie können Kinder, die monatelang nicht mehr zur Schule
gehen konnten, Rückstände aufholen? Wie wird Chancengleichheit zumindest
versucht, wenn neben dem einen Kind ambitionierte Eltern als
Lernbegleiter:innen sitzen, neben dem anderen die lärmende
Großfamilie. Welcher Schulstoff ist verzichtbar? Was ist mit Zensuren, was
mit Prüfungen?
Den [3][Kultusminister:innen der Länder ist dazu bislang nicht viel
eingefallen.] In einem im Januar verabschiedeten Beschluss heißt es nur:
Die in diesem Jahr erworbenen Abschlüsse werden denen früherer und späterer
Jahrgänge gleichwertig sein.
Das ist – mit Verlaub – Bullshit. Die Abiturient:innen und die
Zehntklässler:innen, die in wenigen Wochen Abschlussprüfungen antreten
sollen, haben im vergangenen Frühjahr mehrere Monate keinen regulären
Unterricht gehabt und sitzen seit Dezember wieder zur Hause. Sie werden
natürlich keine Prüfungen machen, die denen der Jahrgänge vor ihnen
vergleichbar sind.
## Der Stress in den Familien
Wie auch. Manche haben seit September gerade mal eine Note pro Fach
bekommen – die jetzt relevant für ihren Abschluss sein soll. Andere haben
noch während des Lockdowns Sechsen kassiert, weil sie die digital erteilten
Aufgaben nicht rechtzeitig abgegeben haben. Wieder andere haben plötzlich
sechs Videokonferenzen pro Tag und sollen danach noch in jedem Fach
Aufgaben abarbeiten. Der Stresspegel in den Familien steigt, in manchen
spielen sich Dramen ab.
Denn dieses planlose Weiter-immer-weiter erhöht zwar den Druck auf alle
Beteiligten, dient aber weder Motivation noch Wissenserwerb. Anstatt nach
dem Prinzip „Augen zu und durch, wird schon klappen“, nach dem die
Bildungspolitiker:innen bislang verfahren, gilt es deshalb jetzt das
Tempo zu drosseln und Druck rauszunehmen.
Lehrpläne müssen entschlackt, Zensuren ausgesetzt, Prüfungen gestreckt
werden – möglicherweise über ein weiteres Schuljahr. Und Schulen mit
überproportional vielen Schüler:innen aus armen Familien müssen
bevorzugt und gezielt unterstützt werden. Für die Wirtschaft gibt es
Milliardenhilfen. Besonders das Kurzarbeitergeld und die Hilfen für kleine
und mittlere Unternehmen sind richtige Instrumente, beugen sie doch
Arbeitslosigkeit und Armut vor.
Doch für die Schüler:innen, die dem Druck nicht standhalten, die den
Anschluss zu verlieren drohen, fehlt ein solcher Marshallplan. Zu Unrecht.
Wie viel Bildungsarmut kann und will sich Deutschland in den nächsten
Jahren eigentlich leisten?
9 Feb 2021
## LINKS
[1] /Schul-und-Kitaoeffnungen-in-der-Pandemie/!5746537
[2] /Leitlinie-fuer-Schule-in-Coronazeiten/!5749794
[3] /Politikerin-ueber-Schulen-im-Lockdown/!5738875
## AUTOREN
Anna Lehmann
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