Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Corona-Notstand auf Iberischer Halbinsel: Spanien folgt Italien
> Das Land liegt mit fast 6.000 Infizierten auf Platz zwei in Europa. Nun
> geht auch seine Regierung mit einem nationalen Shutdown gegen das Virus
> vor.
Bild: Leere Regale auch in Spanien
MADRID taz | „Wir sind in einer neuen Fase eingetreten“, erklärte
Ministerpräsident Pedro Sánchez nach einer mehr als siebenstündigen
Sondersitzung seines Kabinetts und verhängte per Dekret den Alarmzustand,
eine Art ziviler Ausnahmezustand, der in der Verfassung unter anderem für
Katastrophen vorgesehen ist.
Damit wird ganz Spanien ab Montag früh um acht Uhr zur Sperrzone. Dann
herrscht ein Verbot, die Wohnung zu verlassen, wenn dies nicht absolut
notwendig ist, wie zum Beispiel der Kauf Arznei und Grundnahrungsmitteln,
zum Tanken oder Geld abheben, der Besuch eines Gesundheitszentrums, der Weg
zur Arbeit und zurück, die Unterstützung und Betreuung älterer Menschen,
Minderjähriger, Menschen mit Behinderungen oder besonders schutzbedürftiger
Personen. Es öffnen nur noch Lebensmittelgeschäfte, Tabakläden, Tankstellen
und Kioske. Alle öffentlichen Veranstaltungen werden untersagt; Museen,
Parks Bildungseinrichtungen geschlossen. „Im Zentrum unserer Anstrengungen
stehen die Menschen, die Familien“, erklärt Sánchez die schweren Eingriffe
ins öffentliche Leben.
„Ab heute ist die einzig zuständige Autorität im ganzen Gebiet die
Regierung des Staates“, bekräftigte Sánchez. Das heißt fortan unterstehen
alle Ressourcen und das gesamte Personal der verschiedenen – auch
regionalen und lokalen – Verwaltungen sowie regionale und kommunale
Polizeikräfte direkt Madrid.
Der Alarmzustand gibt der Regierung ausserdem das Recht Güter zu
rationieren oder Fabriken und Material zu beschlagnahmen und
Verkehrsverbindungen zu unterbrechen. Dazu kann auch die Armee eingesetzt
werden. Er kündigte Hilfen für Unternehmen und Arbeitnehmer an, die von der
Krise betroffen sind. Die Kabinettssitzung hatte so lange gedauert, weil
die beiden Koalitionspartner – die sozialistische PSOE und die
linksalternative Unidas Podemos – an diesem Punkt über die
Schwerpunktsetzung nicht einig waren.
## Alle Osterprozessionen sind abgesagt
Das Szenario in Spanien gleicht damit weitgehend dem, [1][was in Italien
bereits seit vergangenen Dienstag umgesetzt wird]. Die spanischen
Gesundheitsbehörden zählten am Samstag 5.753 Covid-19-Erkrankte – die
Hälfte davon in der Hauptstadtregion Madrid. Das Land ist damit ist nach
Italien die Nummer 2 in Europa, wenn es um die Coronavirus-Pandemie geht.
Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen, da längst nicht
mehr alle Verdachtsfälle getestet werden. 136 Tote sind im ganzen Land zu
beklagen. Bereits am kommenden Dienstag wird Spanien vermutlich die
Schwelle von 10.000 Erkrankten deutlich überschreiten.
Die Regionalregierung in Madrid hatte bereits am Samstag alle Parks,
Kneipen, Restaurant und Geschäfte, die keine Lebensmittel verkaufen,
geschlossen. Kulturelle Veranstaltungen waren bereits vergangene Woche
abgesagt und Theater sowie Museen geschlossen worden.
In der Mittelmeerregion Murcia herrscht bereits seit Freitag eine
Ausgangssperre in den Küstenorten. Und der katalanische Ministerpräsident
Quim Torra ordnete ebenfalls am Freitagabend ein Reiseverbot in, nach und
aus Katalonien an. Er forderte die Madrider Zentralregierung auf, den Zug-,
Flug- und Schiffsverkehr in die nordostspanische Region zu unterbinden. Mit
dem Alarmzustand wird dies jetzt weitgehend umgesetzt. Bis zu 60 Prozent
der Flüge und Züge in Spanien werden gestrichen.
Erst einmal wird der Alarmzustand zwei Wochen in Kraft sein. Will Sánchez –
was mehr als wahrscheinlich ist – die drastischen Maßnahmen verlängern,
muss er vors Parlament. Die beiden Oppositionsparteien, die konservative
Partido Popular (PP) und die rechtsliberalen Ciudadanos (Cs), kündigten an,
eine solche Ausweitung des Alarmzustands zu unterstützen. Die Spanier
werden wohl ihren – neben den Sommerferien – liebsten Urlaub in der
Osterwoche in den eigenen vier Wänden verbringen müssen. Die katholische
Kirche hat bereits alle Osterprozessionen abgesagt. 62 Länder haben
mittlerweile Einreisebeschränkungen oder gar -verbote für Menschen aus
Spanien erlassen.
14 Mar 2020
## LINKS
[1] /Corona-in-Italien/!5668464
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Spanien
Pedro Sánchez
Notstand
Ausnahmezustand
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Bundesministerium für Gesundheit
US-Demokraten
## ARTIKEL ZUM THEMA
Corona-Folgen für Südeuropa: Die Eurokrise kommt zurück
Die Pandemie trifft die Volkswirtschaften von Griechenland, Italien und
Spanien besonders hart. Die Risikoaufschläge für Staatskredite steigen.
Notstand und Corona: Bis zum Einsatz der Bundeswehr
Immer mehr Staaten rufen zur Eindämmung der Epidemie den Ausnahmezustand
aus, zuletzt Bulgarien und die USA. Was wäre in Deutschland möglich?
Coronavirus-Pandemie: Europa ist jetzt „Epizentrum“
Grenzen werden dichtgemacht, Schulen geschlossen, das öffentliche Leben
ruht in vielen europäischen Ländern. Selbst die britische Regierung gibt
ihre laxe Haltung auf.
Coronavirus-Pandemie in den USA: Trump ruft nationalen Notstand aus
Vom Kleinreden zum Krisenmanagement: Der US-Präsident einigt sich mit den
Demokraten auf ein Hilfspaket. Und er will sich wohl selbst auf das Virus
testen lassen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.