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# taz.de -- Corona-Folgen für Südeuropa: Die Eurokrise kommt zurück
> Die Pandemie trifft die Volkswirtschaften von Griechenland, Italien und
> Spanien besonders hart. Die Risikoaufschläge für Staatskredite steigen.
Bild: Die Touristen sind weg, jetzt gehört der Platz vor dem Athener Parlament…
Berlin taz | Die Corona-Epidemie könnte ein Problem reaktivieren, das fast
vergessen schien: die Eurokrise. Denn die Quarantänemaßnahmen treffen die
Krisenländer [1][Italien], Spanien und Griechenland besonders hart.
In Griechenland gab es zwar bis Samstag nur 228 offiziell Erkrankte und
drei Todesfälle, doch das öffentliche Leben wurde massiv eingeschränkt.
Schulen und Universitäten sind geschlossen, Restaurants, Cafés und
Einkaufszentren, Museen und archäologische Stätten ebenso. Der griechische
Tourismusverband rechnet mit „drastischen“ Einbußen bei den Hotelbuchungen.
Griechenland lebt jedoch vom Tourismus, der etwa ein Viertel der jährlichen
Wirtschaftsleistung generiert. Die zweitwichtigste Branche, die
Schifffahrt, trägt nur etwa 7 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Zudem
ist der Tourismus der einzige Sektor, der kontinuierlich wächst und durch
seine Exporterlöse das Defizit im Außenhandel senkt. Nun warnt der
Tourismusverband, dass die meisten Hotels in die Pleite rutschen könnten,
wenn der Staat sie nicht unterstützt.
Politisch wäre es möglich, Notsubventionen zu zahlen:
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat angekündigt, dass die
Corona-Epidemie „wie ein Naturereignis“ gewertet wird und die Defizitregeln
für die Staatshaushalte bis auf Weiteres nicht mehr gelten.
## Plötzlich wieder Pleiteland
Griechenlands Staatsschulden belaufen sich jedoch bereits auf 335
Milliarden Euro, was etwa 176 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung
entspricht – ein einsamer Rekord in Europa. Sollte der Tourismus
tatsächlich monatelang kollabieren, kämen weitere Milliarden hinzu.
Griechenland könnte plötzlich wieder als Pleiteland gelten, das hohe
Risikoaufschläge zahlen muss. Dabei hatte sich das Land gerade von dieser
Last befreit. Anfang Februar konnte Athen einen Rekord feiern: Der
griechische Staat musste für einen zehnjährigen Kredit nur noch ein Prozent
Zinsen zahlen. Doch jetzt steigen die Risikoaufschläge wieder, obwohl
Griechenland noch gar keine Corona-Schulden aufgenommen hat.
Ähnliches erlebt Italien, das momentan für einen zehnjährigen Staatskredit
1,8 Prozent Zinsen zahlen muss. Zum Vergleich: Deutschland zahlt minus 0,54
Prozent. Die Differenz, meist auf Englisch „Spread“ genannt, liegt also bei
über 2,3 Prozentpunkten. Dies mag wenig wirken, ist aber in Wahrheit viel,
denn Zinsen können auf Dauer nur gezahlt werden, wenn sie nicht höher als
das nominale Wachstum sind.
Wachstum hat Italien aber nicht zu verzeichnen. 2019 lag es bei null, und
die Corona-Epidemie dürfte zu einer massiven Rezession führen, denn das
öffentliche Leben steht still. Die italienische Regierung hat bereits
angekündigt, dass sie ihre Wirtschaft mit 25 Milliarden Euro unterstützen
will.
## EZB vor Kurskorrektur
Seit Sonntag gilt auch in [2][Spanien der „nationale Notstand“]. Menschen
dürfen ihre Häuser nur verlassen, um zur Arbeit zu gehen oder
Nahrungsmittel einzukaufen. Es ist abzusehen, dass die Zinsen auch für
Spanien steigen werden.
Bisher sieht die Europäische Zentralbank davon ab, gezielt Staatsanleihen
von Krisenländern aufzukaufen, um die Zinsen nach unten zu drücken.
[3][EZB-Chefin Christine Lagarde] sagte am Donnerstag etwas flapsig, die
Notenbank sei „nicht dazu da, um Spreads zu schließen“. Prompt schossen die
Risikoaufschläge für Italien in die Höhe. Inzwischen ist erkennbar, dass
die EZB ihren Kurs korrigiert. Spaniens Notenbankchef Pablo Hernandez de
Cos sagte: „Falls das erforderlich sein sollte, würden wir italienische
Staatsanleihen kaufen und auch solche von andere Ländern, um eine
Fragmentierung zu vermeiden.“
16 Mar 2020
## LINKS
[1] /Corona-in-Italien/!5668464
[2] /Corona-Notstand-auf-Iberischer-Halbinsel/!5671723
[3] /Lagarde-ruft-zum-Handeln-auf/!5667595
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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