| # taz.de -- Clubsterben in Berlin: Eine Schneise der Verwüstung | |
| > Der traditionsreiche Technoclub Wilde Renate soll Ende nächsten Jahres | |
| > schließen. Schuld ist noch nicht die A100, sondern ein dubioser | |
| > Spekulant. | |
| Bild: Eigentümer Padovicz hat den nett gemeinten Hinweis am Club der Wilden Re… | |
| Berlin taz | Die Nachricht, dass der Technoclub Wilde Renate wahrscheinlich | |
| schon bis zum Ende nächsten Jahres schließen muss, schockiert. Die Renate | |
| ist seit ihrer Gründung 2007 aus dem Berliner Nachtleben nicht mehr | |
| wegzudenken. Der Club erstreckt sich über mehrere Etagen in einem | |
| unsanierten Altbau. Statt riesiger Floors laden liebevoll dekorierte Zimmer | |
| sowie ein ausladender und verwinkelter Garten dazu ein, sich in einer | |
| verwirrenden wie charmanten Parallelwelt zu verlieren. Dass etwas | |
| Vergleichbares an anderer Stelle wieder neu entstehen könnte, ist im | |
| durchgentrifizierten Berlin höchst unwahrscheinlich. Wo findet man schon | |
| einen unsanierten Altbau? | |
| Der Grund, den die Betreiber:innen in einer Pressemitteilung am | |
| Mittwoch nennen, ist so banal wie frustrierend: Der Eigentümer, [1][der | |
| berüchtigte Immobilienhai Gijora Padovicz], will den Mietvertrag mit den | |
| Betreiber:innen nicht mehr verlängern. | |
| „Trotz intensiver Bemühungen, eine Verlängerung des Vertrags oder | |
| alternative Lösungen zu finden, müssen sich die Clubbetreibenden der | |
| Tatsache stellen, dass die Renate nach diesem Zeitpunkt nicht mehr in ihrer | |
| derzeitigen Form bestehen kann“, heißt es in einem am Mittwoch | |
| veröffentlichten Statement des Clubs. | |
| Padovicz’ Geschäftsmodell besteht darin, heruntergerockte Immobilien billig | |
| zu kaufen und etwaige Zwischennutzer:innen, die der maximalen Verwertung im | |
| Weg stehen, rabiat zu entmieten. Allein in Friedrichshain sind über 200 | |
| Immobilien im Eigentum von Padovicz’ Firmengeflecht. Die Liste an Clubs und | |
| Hausprojekten, die dem Profitstreben des Unternehmers in den vergangenen | |
| Jahren zum Opfer gefallen sind, kann es durchaus mit der A100 aufnehmen. | |
| Das Autobahnprojekt droht bekanntlich eine kulturpolitische Schneise der | |
| Verwüstung druch Friedrichshain zu ziehen. Das zeigt allein schon die | |
| schier endlos lange Liste an bedrohten Projekten: das About Blank, die Neue | |
| Zukunft, das Oxi, das Void, die Villa Kuriosum, der Club Ost, die Else und | |
| last but not least – die Wilde Renate. | |
| ## Meister der Verdrängung | |
| Doch während der 17. Bauabschnitt der A100 nur auf dem Papier existiert, | |
| hat Padovicz bereits wie ein Bulldozer in der Berliner Kulturlandschaft | |
| gewütet. Da wäre der Technoclub Rummelsbucht, zwei Mietshäuser und der | |
| queere Wagenplatz „Mollies“, die an der Rummelsburger See Luxusneubauten | |
| weichen mussten. Oder das queerfeministische Hausprojekt Liebig 34, das | |
| 2020 mit einem massiven Polizeiaufgebot geräumt worden ist. | |
| Latent bedroht ist aktuell auch das Watergate an der Oberbaumbrücke. Wie | |
| schon bei der Renate verdoppelte Padovicz 2017 kurzerhand die Miete und | |
| brachte den Club in existenzielle Schwierigkeiten. Auch im Wiesenweg 1–4 am | |
| Lichtenberger Gleisdreieck will der Immobilienunternehmer hoch hinaus. | |
| Dort, wo jetzt der Oxi-Club sein Zuhause hat, soll bald ein Büroturm | |
| entstehen. Ob der Klub an dem Standort gehalten werden kann, ist unklar. | |
| Die Frage ist, was Padovicz mit dem brüchigen Altbau, der der Wilden Renate | |
| ihren Charme verleiht, aber zum Wohnen denkbar ungeeignet ist, überhaupt | |
| anstellen will. Zumal die Frage, ob das ganze Gebäude für die A 100 | |
| abgerissen werden muss, nach wie vor im Raum steht. | |
| Einen Ausblick bietet [2][das Schicksal der Liebig 34]. Nach | |
| oberflächlicher Sanierung verpachtete Padovicz das Haus an einen dubiosen | |
| Subunternehmer, der wiederum die Schrottwohnungen zu überhöhten Preisen an | |
| Geflüchtete vermietete. | |
| 15 Aug 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jonas Wahmkow | |
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