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# taz.de -- Bundeswehr-Einsatz über Syrien: Die Frage nach den zivilen Opfern
> Ein Luftangriff mit deutscher Beteiligung brockte der Bundesregierung
> Fragen ein. Die Untersuchung dazu endete still und leise.
Bild: Bundeswehr-Soldat und Aufklärungstornado im Einsatz: „Counter Daesh“…
Berlin taz | Mit einem Satz ist der Fall erledigt. Das Hauptquartier der
Operation Inherent Resolve hat ihn Anfang Juli [1][auf seiner Internetseite
veröffentlicht]. Unscheinbar und verschachtelt, unter Punkt 77 des
monatlichen Berichts über zivile Opfer. „20. März, nahe Al-Mansura,
Syrien“, steht da. „Nach Überprüfung der verfügbaren Informationen und
Videoaufnahmen wurde befunden, dass die Beweislage nicht ausreicht, um
festzustellen, dass bei diesem Angriff Zivilisten zu Schaden kamen.“
Ganz leise geht so ein Fall zu den Akten, der der Bundesregierung vor vier
Monaten eine Reihe unangenehmer Fragen eingebrockt hatte. Unmittelbar nach
dem Luftangriff [2][hatten lokale Aktivisten berichtet], die Raketen der
US-geführten Anti-IS-Koalition hätten ein ehemaliges Schulgebäude
getroffen, in denen Binnenflüchtlinge untergebracht gewesen seien. Dutzende
von ihnen seien gestorben. Die Angaben [3][reichten von 33 bis 420 Toten].
Ende März beichtete das Verteidigungsministerium dann dem Bundestag, dass
die Bundeswehr den Alliierten am Tag vor dem Angriff Luftbilder geliefert
hatte. Tornados der Luftwaffe hatten dafür das Gebäude überflogen. Es war
der erste bekannte Fall seit Beginn des Anti-IS-Kriegs, bei dem die
Deutschen mutmaßlich in einen fatalen Fehlschlag verwickelt waren.
Entsprechend [4][umfangreich] [5][berichteten] die [6][Medien].
Die Regierung betonte allerdings von Anfang an, dass die Angaben über
zivile Opfer nicht gesichert seien. Bei weiteren Fragen von Journalisten
und Abgeordneten verwies sie stets auf die laufende „sehr sorgfältige“
Untersuchung der Alliierten im Operationshauptquartier.
Nach dem diese jetzt mit einem Satz endete, legt die Bundesregierung den
Fall zu den Akten – obgleich sie über die konkreten Untersuchungsschritte
und Ergebnisse nach eigenen Angaben wenig weiß. „Deutsche Soldatinnen und
Soldaten sind nicht in die Untersuchungen eingebunden, daher kann ich dazu
keine Angaben machen“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums der
taz. „Über die veröffentlichten Informationen hinaus liegen uns keine
eigenen Erkenntnisse zu dieser Untersuchung vor.“
## Die Arbeitsteilung
Das entspricht der Arbeitsteilung, die die Deutschen seit Beginn des
Einsatzes im Januar 2016 penibel befolgen. Die Alliierten bestellen
Luftbilder von Gebieten in Syrien und dem Irak, die Bundeswehr schickt ihre
Tornados los und liefert die Aufnahmen ans Hauptquartier der
Militärkoalition. Ab dann hält sie sich raus. Wenn die Partnerstaaten mit
Hilfe der Bilder ihre Luftangriffe planen, sitzen keine Deutschen mit am
Tisch. Die Bundesregierung weiß nach eigenen Angaben nicht, wie ihre
Verbündeten die Aufnahmen konkret verwenden.
Die Opposition im Bundestag kritisiert diese Praxis. „Es ist einfach feige,
wenn die Bundesregierung die Augen verschließt und immer nur sagt: Wir
erheben die Daten, aber was mit ihnen passiert, interessiert uns nicht“,
sagte der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour. Aufklärung sei allein schon
deswegen nötig, weil jedes zivile Opfer vor Ort zur Radikalisierung in der
Bevölkerung beitrage.
Die Bundesregierung will aber keine Konsequenzen ziehen. Schon jetzt seien
es gerade die deutschen Luftbilder, durch die die Anti-IS-Koalition
militärische von zivilen Zielen unterscheiden könne, sagte ein Sprecher des
Verteidigungsministeriums. Und weiter: „Für uns und für die gesamte
Koalition gegen den IS hat der Schutz der Zivilbevölkerung eine
herausragende Bedeutung.“
27 Jul 2017
## LINKS
[1] http://www.inherentresolve.mil/News/News-Releases/Article/1239702/combined-…
[2] http://www.syriahr.com/en/?p=63281
[3] https://airwars.org/coalitioncivcas2017mar-apr/
[4] http://www.sueddeutsche.de/politik/bundeswehr-toedliche-aufklaerung-1.34427…
[5] https://www.tagesschau.de/ausland/luftangriffe-syrien-aufklaerungsbilder-bu…
[6] http://www.bild.de/politik/inland/bundeswehr/soll-in-verheerenden-luftangri…
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
Bundeswehr
Luftangriffe
„Islamischer Staat“ (IS)
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