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# taz.de -- Hubschrauberabsturz in Mali: Auf tödlicher Mission
> Der Bundeswehr-Hubschrauberabsturz offenbart die technischen und
> politischen Schwierigkeiten des Einsatzes in Mali.
Bild: Kampfhubschrauber in Gao, Mali
Berlin taz | Die Bundeswehr hat in ihrem derzeit größten Auslandseinsatz
ihre ersten Toten. Zwei deutsche Soldaten der UN-Mission in Mali (Minusma)
starben am Mittwoch beim Absturz eines Tiger-Kampfhubschraubers in der
Wüste rund 70 Kilometer nördlich der Stadt Gao. Minusma sprach von einem
„Unfall“ und vermutete einen technischen Defekt.
Nach Angaben der Bundeswehr waren zwei der zweisitzigen Kampfhubschrauber
gemeinsam unterwegs. Gegen 12.20 Uhr am Mittwoch habe die Besatzung des
einen Helikopters gemeldet, dass der zweite abgestürzt sei. Weder hätten
die Piloten vor dem Absturz einen Notruf abgesetzt, noch gebe es Hinweise
auf einen vorangegangenen Beschuss vom Boden.
Die Absturzursache soll nun ein Untersuchungsteam der Bundeswehr klären,
das sich am Donnerstag auf den Weg nach Mali machte. Wie das
Einsatzführungskommando in Potsdam der taz mitteilte, werden die
Spezialisten ihre Arbeit voraussichtlich am Freitag aufnehmen. Alle
Tiger-Hubschrauberflüge in Mali sind ausgesetzt.
Nach Minusma-Angaben befanden sich die Hubschrauber im Einsatz nahe dem Ort
Tabankort und sollten dort Kämpfe beobachten. Für Aufklärungsflüge sind die
Tiger-Hubschrauber bei der Bundeswehr routinemäßig vorgesehen. Auch durch
das Bundestagsmandat für Mali ist ihr Einsatz abgedeckt.
## Die „technische Belastungsgrenze“
Die Bundeswehr hat in diesem Jahr vier Kampf- und vier
Transporthubschrauber nach Mali verlegt. Die Obergrenze für das deutsche
Kontingent wurde auf 1.000 Soldaten aufgestockt, tatsächlich sind es
derzeit rund 875. Es treten immer wieder technische Probleme auf, unter
anderem wegen der Hitze. Eigentlich dürfen die Tiger-Hubschrauber nur bei
Temperaturen bis zu 43 Grad fliegen. In der Sahara reicht das nicht. So hob
die Bundeswehr die Grenze per Ausnahmegenehmigung um fünf Grad an. Dass der
Absturz damit zu tun hatte, ist unwahrscheinlich, denn mit rund 36 Grad
soll es in Gao derzeit vergleichsweise kühl sein. Dennoch erfolge der
Einsatz an der „technischen Belastungsgrenze“, sagte einer der deutschen
Einsatzführer kürzlich in einem Interview.
Auch politisch ist der Einsatz derzeit hochbrisant. Der Aufklärungsflug war
nur deshalb notwendig, weil sich seit dem 11. Juli regierungstreue Milizen,
die im Bündnis Plattform zusammengeschlossen sind, und ehemalige
separatistische Tuareg-Rebellen der Koordination der Azawad-Bewegungen
(CMA) wieder einmal heftige Kämpfe nördlich von Gao liefern. Als die
CMA-Rebellen den strategisch wichtigen Ort Anéfis 240 Kilometer nördlich
von Gao einnahmen, zogen sich die Plattform-Milizen nach Tabankort zurück,
wo sie Militärlager unterhalten. Außerhalb von Tabankort stürzte der
deutsche Hubschrauber ab. In mehreren Ortschaften waren derweil Kämpfe im
Gange, es soll am Mittwoch 20 Tote auf beiden Seiten gegeben haben, melden
malische Medien.
Die zunehmende Stärke jener Tuareg-Rebellen, die schon einmal im Jahr 2012
einen unabhängigen Staat Azawad im Norden Malis ausriefen, bereitet der
Regierung in der über 1.000 Kilometer entfernten Hauptstadt Bamako
Kopfzerbrechen. Eigentlich schloss sie im Jahr 2015 Frieden mit den
Tuareg-Rebellen. Aber Oppositionelle in Mali finden dieses „Abkommen von
Algier“ viel zu weitgehend, sodass die Umsetzung stockt. Eine für den 9.
Juli geplante Volksabstimmung über eine Verfassungsreform musste nach
Protesten abgesagt werden. Zugleich machen die oppositionsnahen
Plattform-Milizen den Rebellen auf eigene Faust die Kontrolle im Norden
streitig.
Das alles schwächt die Regierung – und die UN-Truppen, für die die
Unterstützung des Abkommens von Algier die „strategische Priorität“ ihres
erst vor drei Wochen verlängerten Mandats darstellt. „Malis
Sicherheitsproblem ist mehr politisch als militärisch“, sagte Minusma-Chef
Mahamat Saleh vergangene Woche in Bamako.
Es passiert immer wieder, dass einzelne Gruppen durch Angriffe auf
ausländische Truppen Druck ausüben. Mit 128 Toten seit Einsatzbeginn vor
vier Jahren ist Minusma ohnehin die gefährlichste UN-Mission der Welt. Die
zwei Deutschen sind da noch nicht mitgezählt.
27 Jul 2017
## AUTOREN
Tobias Schulze
Dominic Johnson
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Mali
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Schwerpunkt Syrien
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