| # taz.de -- Bundesparteitag der Linkspartei: Hoffnung auf Trendwende | |
| > Die Linkspartei sucht nach einem Ausweg aus ihrer Krise. In ihrer Rede | |
| > appelliert die Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow, sich zusammenzuraufen. | |
| Bild: Susanne Hennig-Wellsow zeigte sich nachdenklich in ihrer Rede zum Auftakt… | |
| Berlin taz | Mit nachdenklichen Worten ist die Linkspartei am Samstag in | |
| ihren zweitägigen Bundesparteitag gestartet. „Ich bitte euch wahrzunehmen, | |
| was gesellschaftlich passiert“, appellierte die Vorsitzende Susanne | |
| Hennig-Wellsow in ihrer Auftaktrede. Es bringe den Menschen keinerlei | |
| Verbesserungen, „wenn wir uns streiten, wenn wir uns | |
| auseinanderdividieren“. | |
| Unter schwierigen Bedingungen diskutiert die Linkspartei an diesem | |
| Wochenende ihr Bundestagswahlprogramm. In [1][selbstzerfleischende | |
| innerparteiliche Streitereien] verstrickt, hat sie sich mittlerweile in den | |
| Umfragen bedenklich der 5-Prozent-Hürde angenähert. Es gäbe viele, die sich | |
| fragten, wozu es die Linke eigentlich überhaupt noch brauche, konstatierte | |
| Hennig-Wellsow. Die Partei müsse endlich wieder zusammenfinden: „Wir sind | |
| jetzt in seiner Situation, wo es auf uns ankommt“, sagte sie. „Wir müssen | |
| diejenigen sein, die dafür sorgen, dass ein neues soziales Fundament | |
| Geborgenheit in dieser Welt schafft.“ | |
| Bei ihrem zweitägigen Online-Treffen wollen die knapp 580 Delegierten das | |
| Wahlprogramm der Linkspartei beschließen. Der [2][Entwurf des Vorstandes] | |
| trägt den Titel „Zeit zu handeln. Für soziale Sicherheit, Frieden und | |
| Klimagerechtigkeit“. Darin fordert die Linkspartei unter anderem einen | |
| Mindestlohn von 13 Euro, eine Solidarische Mindestrente von 1.200 Euro, ein | |
| garantiertes Mindesteinkommen in gleicher Höhe sowie die Wiedererhebung | |
| einer Vermögenssteuer. | |
| Intensivere Diskussionen stehen beim Punkt „Klimagerechtigkeit und | |
| Energiewende“ an, in dem das Ziel eines klimaneutralen Deutschland bis 2035 | |
| formuliert wird. Wie das erreicht werden kann, darüber gibt es höchst | |
| unterschiedliche Vorstellungen. Strittig ist beispielsweise eine von der | |
| Linksjugend geforderte CO2-Bepreisung. | |
| Insgesamt wurden 1.047 Änderungsanträge zum Wahlprogramm eingereicht. In | |
| der Mehrzahl der Fälle gab es allerdings schon im Vorfeld Verständigungen. | |
| Über gut 90 Änderungsanträge werden die Delegierten noch zu beraten und | |
| abzustimmen haben. | |
| Hennig-Wellsow, [3][Ende Februar gemeinsam mit Janine Wissler an die | |
| Linkenspitze gewählt], forderte von ihrer Partei mit Leidenschaft für die | |
| gemeinsamen Ziele einzutreten und „bei den Menschen zu sein“. Diesen sei | |
| „nicht mit Floskeln geholfen“. Entsprechend warb sie für einen | |
| Regierungswechsel nach der Bundestagswahl. Wenn die Union wieder in die | |
| Regierung komme, bedeute dies weiteren Sozialabbau. | |
| ## Aufruf zu „unteilbarer Solidarität“ | |
| Die Generaldebatte am Samstag war geprägt von Aufrufen, sich auf | |
| konstruktive Formen der Auseinandersetzung zu besinnen. „Eine | |
| pluralistische Partei muss ihren Pluralismus auch akzeptieren und mit ihm | |
| umgehen“, sagte Simone Oldenburg, Spitzenkandidatin der Linkspartei für die | |
| parallel zur Bundestagswahl stattfindende Landtagswahl in | |
| Mecklenburg-Vorpommern. „Unsere Politik darf kein Sprungbrett zur Erfüllung | |
| persönlicher Eitelkeiten sein, sie muss das Sprungbrett in ein besseres, | |
| ein schöneres und ein menschliches Leben für die Kleinen, die Großen, für | |
| die Alten und die Jungen sein“, formulierte sie nicht ohne Pathos. | |
| „Absurde Debatten, das Soziale gegen das Emanzipatorische zu stellen, finde | |
| ich komplett absurd“, sagte Klaus Lederer, Spitzenkandidat für die Berliner | |
| Abgeordnetenhauswahl. „Wir müssen das Ganze verbinden statt Spaltung zu | |
| erzeugen.“ Nur wenn es gelinge, „glaubhaft Veränderungslust und | |
| Gestaltungsanspruch zu vermitteln“, bestünde die Chance, nach dem 26. | |
| September das Land „wirklich gemeinsam gerechter zu machen“. | |
| In die gleiche Richtung zielte auch der Redebeitrag der Berliner | |
| Landesvorsitzenden Katina Schubert. „Unterdrückung vollzieht sich auf | |
| vielen gesellschaftlichen Ebenen“, sagte sie. Neben dem Antagonismus von | |
| Arbeit und Kapital benannte sie Rassismus und Patriarchat als | |
| Unterdrückungsverhältnisse. „Wenn wir das alles aufgreifen, aufbrechen und | |
| bekämpfen wollen, dann können wir das nur mit unteilbarer Solidarität“, so | |
| Schubert. „Lasst uns aufhören, dass gegeneinander zu diskutieren.“ | |
| Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow brachte es auf den kurzen Nenner: | |
| „Es kommt auf uns an, dass wir die Herzen der Menschen gewinnen.“ Ob das | |
| auch von allen in der Partei begriffen wird, werden auch die bis zum späten | |
| Sonntagnachmittag angesetzten Debatten um das Wahlprogramm zeigen. | |
| Aber immerhin gab selbst Oskar Lafontaine eine versöhnliche Wortmeldung ab | |
| – wenn auch nicht auf dem Parteitag, sondern nur per Zeitungsinterview. | |
| „Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um wieder in den Bundestag zu | |
| kommen“, sagte der frühere Linksparteivorsitzende den Zeitungen des | |
| Redaktionsnetzwerks Deutschland. „Darin herrscht große Übereinstimmung“, … | |
| Lafontaine. Denn die Linkspartei sei schließlich „die einzige Kraft, die | |
| gegen Kriegseinsätze und Sozialabbau stimmt“. | |
| Wie Hennig-Wellsow in ihrer Rede mitteilte, hatte sie sich am Freitag mit | |
| Lafontaine getroffen. Aus der „tiefen Überzeugung, dass wir miteinander | |
| reden müssen“. | |
| 19 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Pascal Beucker | |
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