# taz.de -- Bürgermeisterkandidat in Tiflis: In Georgien verliebt | |
> Arinze Richard Ogbunuju will ins Rathaus von Georgiens Hauptstadt ziehen. | |
> Er ist der erste schwarze Kandidat in der Geschichte des Landes. | |
Bild: Unternehmer Arinze Richard Ogbunuju kandidiert als Bürgermeister in Tifl… | |
„Meine Chance ist winzig, aber ich nutze sie“, lautet offensichtlich das | |
Motto von Arinze Richard Ogbunuju. Er tritt an diesem Samstag bei den | |
Kommunalwahlen in der Südkaukasusrepublik Georgien für den Posten des | |
Bürgermeisters in der Hauptstadt Tiflis an. Doch obwohl er verglichen mit | |
den anderen 15 Mitbewerber*innen eher überschaubare Zustimmungswerte | |
hat, wird ihm ungewöhnlich viel Aufmerksamkeit zuteil. Der Grund: Er ist | |
der erste schwarze Kandidat überhaupt in der Geschichte Georgiens. | |
Im Falle seines Sieges, der einem Wunder gleichkäme, will sich Ogbunuju um | |
ausländische Investitionen für Tiflis bemühen und so etwas gegen die | |
Arbeitslosigkeit tun. „Ich bin ein Mensch wie alle anderen, mit | |
alltäglichen Problemen, Freuden und Schmerz. In Georgien lebe ich nicht | |
majestätisch“, sagte er vor einigen Jahren gegenüber georgischen Medien – | |
eine Anspielung auf den Titel „König der Igbo“ (Volksgruppe in Nigeria), | |
der Ogbunuju eigenen Angaben zufolge vor vielen Jahren verliehen worden | |
ist. | |
1995 verließ Ogbunuju, der Theologie und Internationale Beziehungen | |
studiert hat, sein Heimatland Nigeria. Zuvor waren seine Mutter und kurz | |
darauf sein Bruder verstorben. Durch seinen Weggang habe er versucht, mit | |
diesem Verlust umzugehen, sagte Ogbunuju der türkischen Nachrichtenagentur | |
Anadolu. | |
Eher zufällig landete er auf der folgenden touristischen Rundreise auch in | |
Georgien und blieb dort hängen. Er habe sich in Georgien verliebt, merkt | |
Ogbunuju immer mal wieder gerne an und meint damit wohl auch seine | |
georgische Ehefrau, mit der er drei Kinder hat. Beruflich etablierte sich | |
Ogbunuju als Geschäftsmann. Zunächst handelte er mit Parfums, später stieg | |
er auf Gebrauchtwagen und Autoersatzteile um. Mittlerweile besitzt er | |
mehrere Betriebe. | |
## Parallelen zwischen Nigeria und Georgien | |
Seit einigen Jahren hat er die georgische Staatsbürgerschaft und hat die | |
Mentalität der Menschen in seiner Wahlheimat verinnerlicht, wie er sagt. | |
Das sei ihm nicht schwergefallen, gebe es doch bei Sitten und Gebräuchen | |
viele Parallelen zwischen Nigeria und Georgien. | |
Kritiker*innen Ogbunujus, die unlängst an seinen georgischen | |
Sprachkenntnissen herummäkelten, entgegnete sein Sohn, der sich auch beim | |
Wahlkampf des Vaters nützlich macht: Auch Georgiens Präsidentin [1][Salome | |
Surabischwili], in Frankreich geboren, aufgewachsen und dort lange Jahre | |
als Diplomatin tätig, mache hin und wieder noch Fehler. | |
Was Ogbunuju, den die kleine Oppositionspartei Unser vereintes Georgien ins | |
Rennen schickt, besonders an Georgien gefalle, sei neben Gastfreundschaft | |
auch eine gewisse Offenheit. Deren meinte sich auch sein Mitkonkurrent | |
Micheil Kumsischwili bedienen zu dürfen und postete in den sozialen | |
Netzwerken Fotos, auf denen er sein Gesicht dunkelbraun eingecremt hatte. | |
Doch so etwas ficht Ogbunuju nicht an. Sollte jemand fragen, warum sich | |
denn ausgerechnet ein Schwarzer auf den Bürgermeisterposten in Tiflis | |
bewerbe, würde seine Antwort lauten: „Ich bin Georgier, Bruder!“ | |
2 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Salome-Surabischwili-gewinnt-die-Wahl/!5551537 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Georgien | |
Tiflis | |
Georgien | |
Georgien | |
Georgien | |
Georgien | |
Michail Saakaschwili | |
Ukraine | |
Erntehelfer | |
Orthodoxie | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ex-Präsident von Georgien über sein Land: „Niedergang staatlicher Instituti… | |
Giorgi Margwelaschwili kritisiert, dass die heutige Regierung sich an | |
Russland orientiert. Deutschland sehe das nicht, und ein EU-Beitritt sei so | |
noch in weiter Ferne. | |
Proteste in Georgien: „Freiheit für Saakaschwili!“ | |
Tausende Georgier*innen gehen für den inhaftierten früheren Präsidenten | |
auf die Straße. Der ist seit knapp zwei Wochen im Hungerstreik. | |
Kommunalwahlen in Georgien: Die Demokratie muss warten | |
Für die Regierungspartei in Georgien geht es nur um Machterhalt. Dafür | |
verunglimpft sie politische Gegner und schreckt auch vor Wahlbetrug nicht | |
zurück. | |
Nach den Wahlen in Georgien: Sieg mit Beigeschmack | |
Georgiens Regierungspartei hat die Kommunalwahlen gewonnen. Doch | |
internationale Beobachter berichten von Einschüchterungen und Stimmenkauf. | |
Georgiens Ex-Präsident festgenommen: Gerade angekommen, schon im Knast | |
Michael Saakaschwili wird in Georgien festgenommen. Er wurde dort per | |
Haftbefehl gesucht. Das dürfte die Lage kurz vor der Kommunalwahl | |
verschärfen. | |
„Krim-Plattform“ in Kiew: Ukraines Polit-Offensive | |
Kurz vor dem Nationalfeiertag sucht Präsident Selenski neue Unterstützung | |
gegen die russische Annexion – mit einem „Krim-Gipfel“. | |
Ausbeutung von Erntehelfer*innen: Gericht als letzter Ausweg | |
Georgische Saisonarbeitskräfte sind in Deutschland um ihren Lohn betrogen | |
worden. Jetzt klagen sie – in Deutschland, aber auch in der Heimat. | |
Homophobie in Georgien: Hass im Namen Gottes | |
Nach der Absage einer Pride hetzt die orthodoxe Kirche wieder gegen | |
sexuelle Minderheiten. Mehr denn je fürchten Queers dieser Tage um ihr | |
Leben. |