# taz.de -- Nach den Wahlen in Georgien: Sieg mit Beigeschmack | |
> Georgiens Regierungspartei hat die Kommunalwahlen gewonnen. Doch | |
> internationale Beobachter berichten von Einschüchterungen und | |
> Stimmenkauf. | |
Bild: Anhänger der Oppositionsbewegung des festgenommenen Ex-Präsidenten Saak… | |
BERLIN taz | Es ist ein Sieg mit einem schalen Beigeschmack: Bei den | |
Kommunalwahlen am vergangenen Samstag in der Südkaukasusrepublik Georgien | |
hat die Regierungspartei „Georgischer Traum“ vorläufigen Ergebnissen der | |
Zentralen Wahlkommission zufolge 46,7 Prozent der Stimmen erhalten. Die | |
größte Oppositionspartei, die Vereinte Nationale Bewegung (ENM), kam auf | |
30,7 Prozent, die neu gegründete Partei „Für Georgien“ des früheren | |
Regierungschefs Giorgi Gacharia (ehemals „Georgischer Traum“) landete mit | |
7,8 Prozent weit abgeschlagen auf dem dritten Platz. | |
In 15 Gemeinden sowie fünf selbst verwalteten Städten, [1][darunter die | |
Hauptstadt Tiflis], wird in einer Stichwahl über den Posten des | |
Bürgermeisters entschieden. Diese findet am 30. Oktober statt. Die | |
Wahlbeteiligung lag bei 52 Prozent. | |
Die Opposition hatte die Abstimmung im Vorfeld zu einem Referendum über die | |
Regierungspartei „Georgischer Traum“ erklärt, die bereits seit 2012 an der | |
Macht ist. Bei der [2][Parlamentswahl am 31. Oktober 2020] war der | |
„Georgische Traum“ ungeachtet einer Wahlrechtsreform zugunsten kleinerer | |
Parteien erneut als Sieger vom Platz gegangen. Die Opposition sprach von | |
massivem Wahlbetrug, boykottierte die Parlamentsarbeit und forderte | |
Neuwahlen. | |
Erst unter maßgeblicher Mitwirkung der internationalen Gemeinschaft, allen | |
voran des Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, war eine | |
Vereinbarung zustande gekommen. Diese sah unter anderem Neuwahlen vor, | |
sollte der „Georgische Traum“ bei der Kommunalwahl weniger als 43 Prozent | |
der Stimmen erhalten. | |
Kurz darauf kündigte der „Georgische Traum“ die Übereinkunft auf und | |
düpierte damit auch die westeuropäischen Verhandlungspartner. Fortan | |
lautete die Ansage der Regierungspartei: Egal, wie das Ergebnis ausfällt – | |
vorgezogene Neuwahlen werden nicht stattfinden. | |
## Eine Festnahme und viele Unregelmäßigkeiten | |
Überschattet wurde die Abstimmung auch durch die Festnahme des früheren | |
Staatspräsidenten und Gründers der ENM, [3][Michail Saakaschwili am | |
vergangenen Freitag]. Saakaschwili war kurz zuvor nach achtjähriger | |
Abwesenheit erstmals wieder in seine frühere Heimat zurückgekehrt, um die | |
ENM, in der er immer noch die Fäden zieht, bei den Wahlen zu unterstützen. | |
Ein georgisches Gericht hatte den 53-Jährigen 2018 unter anderem wegen | |
Machtmissbrauchs sowie der gewalttätigen Auflösung einer Demonstration im | |
April 2007 zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Seitdem wurde er in | |
Georgien per Haftbefehl gesucht. | |
Wie bereits bei der Parlamentswahl 2020 berichteten Internationale | |
Wahlbeobachter, wie zum Beispiel Transparency International, auch dieses | |
Mal wieder von zahlreichen Unregelmäßigkeiten. Dazu gehörten neben der | |
Einschüchterung von Wähler*innen und Kandidat*innen auch | |
Stimmenkauf, Mehrfachabstimmungen, die Behinderung von | |
Wahlbeobachter*innen sowie vereinzelte Angriffe auf Journalist*innen. | |
4 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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