# taz.de -- Kommunalwahlen in Georgien: Die Demokratie muss warten | |
> Für die Regierungspartei in Georgien geht es nur um Machterhalt. Dafür | |
> verunglimpft sie politische Gegner und schreckt auch vor Wahlbetrug nicht | |
> zurück. | |
Bild: Georgiens Strippenzieher im Hintergrund: Milliardär Bidsina Iwanischwili | |
Eigentlich ist zweitrangig, wie sich in der Südkaukasusrepublik Georgien | |
die Macht auf Bürgermeister*innenposten und in den | |
Gemeindevertretungen zwischen Regierung und Opposition aufteilen wird. Fest | |
steht: Die [1][Kommunalwahl vom vergangenen Samstag] ist für das Land ein | |
weiterer herber Rückschlag auf dem Weg zu einer Demokratie. | |
Einen maßgeblichen Anteil daran hat die Regierungspartei Georgischer Traum | |
des Milliardärs Bidsina Iwanischwili, der nach wie vor hinter den Kulissen | |
die Strippen zieht. Machterhalt um jeden Preis, lautet die Devise, wobei | |
der Zweck offensichtlich die Mittel heiligt. Dabei geht es nicht nur um | |
zahlreiche Unregelmäßigkeiten vor und während der Wahl sowie um eine | |
Kampagne, die politische Konkurrent*innen als blutrünstige | |
Verräter*innen und Faschist*innen abstempelte. | |
Welch Geistes Kind diese Regierung ist, wurde auch vor einigen Monaten | |
anlässlich einer [2][LGBTQ-Pride in Tiflis] deutlich. Auf die Prügelorgien | |
eines rechten Mobs, der auch vor Journalist*innen nicht haltmachte, | |
reagierte der Georgische Traum, indem er den Veranstalter*innen des | |
Marsches die Schuld für die Eskalation in die Schuhe schob. | |
Unabhängig davon, wie das Ergebnis am Ende aussehen wird, ist schon jetzt | |
absehbar, dass diese Abstimmung die Gesellschaft weiter polarisieren und | |
die politische Instabilität in Georgien erhöhen wird. Angesichts der | |
Nachwehen des [3][Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan] um die | |
Region Bergkarabach, wo eine tragfähige Friedensordnung immer noch auf sich | |
warten lässt, kann das niemand ernsthaft wollen. | |
Hinzu kommt, dass Georgien für seine westlichen Partner ein immer | |
unberechenbarer Partner wird. Der einseitige Ausstieg der Regierung aus dem | |
unter EU-Vermittlung geschmiedeten Abkommen vor der Kommunalwahl ist | |
vielleicht nur ein Vorgeschmack auf das, was da noch kommen könnte. So wird | |
sich auch Brüssel fragen lassen müssen, wie es mit Georgien umzugehen | |
gedenkt. Mit blumigen Worten und Appellen wird das Problem kaum aus der | |
Welt zu schaffen sein. | |
5 Oct 2021 | |
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[2] https://www.dw.com/de/pride-parade-wegen-gewalt-in-tiflis-abgesagt/a-581667… | |
[3] /Krieg-um-Bergkarabach/!5728797 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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