| # taz.de -- Bürgerentscheid über Radverkehr: Um 18 Millionen Euro verrechnet? | |
| > In Göttingen kommt es zum Bürgerentscheid über den Ausbau des | |
| > Radverkehrs. Allerdings eskaliert der Streit über die möglichen | |
| > finanziellen Folgen. | |
| Bild: Der Bedarf einer besseren Radinfrastruktur ist da: Fahrräder am Götting… | |
| Hamburg taz | Noch ist [1][der Göttinger Bürgerentscheid über einen Ausbau | |
| der Radverkehrswege] einige Wochen hin, doch die Kritik an | |
| Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) und ihrer Stadtverwaltung spitzt | |
| sich schon zu. Erst hatte die Bürgermeisterin mit dem Schreckgespenst, ein | |
| Ja würde die Stadt mehr als 100 Millionen Euro kosten und zulasten des | |
| Kultur- und Sozialbereichs gehen, für Wirbel gesorgt und ihr den Vorwurf | |
| eingebracht, sie unterschlage beträchtliche Bundes- und Landesförderungen. | |
| Nun kommt der nächste große Vorwurf: Die Initiative Göttingen Zero, die | |
| hinter dem Entscheid steht, wirft Broistedt vor, mit fehlerhaften Zahlen | |
| zu hantieren. „Durch mehrere peinliche mathematische Denkfehler wurden dem | |
| Radentscheid insgesamt 18 Millionen Euro in die Schuhe geschoben“, | |
| kritisiert die Initiative. | |
| Bevor über den Ausbau von Göttingens Radverkehr am 9. Juni parallel zur | |
| Europawahl abgestimmt wird, hat die Göttinger Stadtverwaltung pflichtgemäß | |
| eine Kostenkalkulation über die Folgen des Votums abgegeben. Göttingen Zero | |
| hatte [2][zwei Abstimmungen beantragt:] ein erstes Votum über allgemeine | |
| Ziele für eine [3][fahrradfreundliche Stadt,] ein zweites über konkrete | |
| Umbauprojekte, etwa Protected Bike Lanes. Für das erste bezifferte | |
| Broistedt die Kosten auf 39,4 Millionen Euro, für das zweite auf 56,4 | |
| Millionen, zusammen also knapp 100 Millionen. | |
| In beiden Kalkulationen seien bei der Überprüfung handfeste | |
| Berechnungsfehler aufgetaucht, kritisiert die Initiative gemeinsam mit | |
| Francisco Welter-Schultes, der für das Göttinger Bündnis für nachhaltige | |
| Stadtentwicklung im Stadtrat sitzt. | |
| ## Mehrere Berechnungsfehler entdeckt | |
| In der Kalkulation für das erste Votum habe die Verwaltung zwei Millionen | |
| Euro zu viel errechnet. „Die Verwaltung hat übersehen, die Kosten für das | |
| erste Halbjahr 2024 abzuziehen – und hat sich sozusagen zwei Millionen Euro | |
| fürs Nichtstun angerechnet“, sagt Welter-Schultes. „Der Bürgerentscheid | |
| findet ja erst im Juni 2024 statt.“ | |
| Bei der Kalkulation zum Entscheid über konkrete Umsetzungsmaßnahmen haben | |
| die Aktivist:innen einen deutlich dramatischeren Fehler entdeckt. So | |
| seien für den Umbau einer der großen innerstädtischen Straßen einzelne | |
| Kostenpunkte doppelt berechnet worden. | |
| „Der Fehler macht 19,5 Millionen Euro aus“, kritisieren die Aktivist:innen. | |
| Dass die Kalkulation aber unterm Strich nur um 16,2 Millionen zu hoch | |
| ausfalle, liege wiederum daran, dass weitere mathematische Fehler begangen | |
| worden seien, die sich allerdings zugunsten des Bürgerentscheids | |
| auswirkten. | |
| Nachdem sich die Initiative schon zuvor über die Kostenkalkulation | |
| beschwert hatte, veröffentlichte die Stadtverwaltung vergangene Woche eine | |
| „Richtigstellung“. Mit dem Satz „Die Kosten für die beiden | |
| Bürgerentscheide zum Radentscheid I und II sind korrekt berechnet“, weist | |
| die Stadt die Kalkulation von Göttingen Zero pauschal zurück. Die | |
| Initiative hatte für ein doppeltes Ja bei den Radentscheiden Kosten von | |
| rund 25 Millionen Euro über sechs Jahre verteilt errechnet. | |
| ## Mehr Demokratie fordert Gesetzesänderung | |
| Auch auf Nachfrage der taz, ob die neuen Vorwürfe hinsichtlich fehlerhafter | |
| Kalkulationen schon geprüft seien, reagiert die Stadt mit knappen Worten: | |
| „Die Vorwürfe sind nicht haltbar“, sagt Broistedts Sprecher Dominik Kimyon. | |
| Die Kostenkalkulation der Stadt sei realistisch und berücksichtige auch | |
| weitere Ansätze, etwa für Beteiligungsverfahren. | |
| Angesichts der schwelenden Debatte fordert der Landesverband von „Mehr | |
| Demokratie“ die Streichung der seit 2021 in Niedersachsen vorgeschriebenen | |
| Kostenschätzung, die auch auf die Wahlzettel gedruckt wird. Die sei für | |
| Laien kaum überprüfbar. „Die Zahl ist wie immer umstritten“, sagt | |
| Landessprecher Dirk Schumacher. „Es gibt keine allgemeingültige, | |
| seligmachende, geschweige denn exakte Zahl. Deshalb gehört diese Zahl nicht | |
| auf Unterschriftenlisten und Stimmzettel.“ | |
| 3 May 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| André Zuschlag | |
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