# taz.de -- Plan zur Haushaltssicherung: Göttingen spart sich Jugend und Natur | |
> Die Stadt ist pleite und will an freiwilligen Leistungen sparen. | |
> Besonders betroffen sei die Jugendarbeit, kritisiert die Linke. Kitaessen | |
> wird teurer. | |
Bild: Akut von den Kürzungsplänen bedoht: das Jugendzentrum Juzi | |
Es sind trübe finanzielle Aussichten: Jeweils rund 50 Millionen Euro | |
Defizit drohen der [1][Stadt Göttingen] nach eigenen Angaben in den | |
Haushaltsjahren 2025/26. Die Verwaltung hat deshalb den ganz dicken | |
Rotstift angesetzt und plant im Rahmen eines sogenannten | |
Haushaltssicherungskonzeptes Streichungen auch bei denen, die bislang | |
ohnehin mit mageren Zuschüssen über die Runden kommen müssen: Jugendzentren | |
und Beratungsstellen sind ebenso betroffen wie Umwelt-und | |
Kulturinitiativen. Auch das Schulessen soll teurer werden. | |
Gegen das Vorhaben formiert sich Protest. Endgültig entschieden wird über | |
das Konzept in den Sitzungen des Finanzausschusses am 3. und des Stadtrates | |
am 13. Dezember. Im Kommunalparlament hat eine sich Haushaltsbündnis | |
nennende De-Facto-Koalition aus SPD, CDU und FDP die Mehrheit. | |
Die Stadt will im Jahr 2025 knapp 643 Millionen Euro und im Jahr 2026 etwa | |
665 Millionen Euro ausgeben. Dem stehen Einnahmen von knapp 592 Millionen | |
Euro im kommenden Jahr und gut 616 Millionen Euro im Jahr 2026 gegenüber, | |
wie [2][Oberbürgermeisterin Petra Broistedt] (SPD) im September bei der | |
Einbringung des Haushalts erklärte. „Daraus ergibt sich ein Defizit von | |
rund 50 Millionen Euro – pro Jahr, und auch für die nächsten Jahre.“ Um | |
eine Haushaltsgenehmigung vom Land zu erhalten, sei besagtes | |
Haushaltssicherungskonzept notwendig. | |
## Fast 100 Maßnahmen zur Haushaltssicherung | |
Rund 60 Prozent der Ausgaben fließen in die gesetzlichen Pflichtaufgaben, | |
25 Prozent gehen für Personalkosten drauf. Nur etwa 15 Prozent sind durch | |
politische Entscheidungen der Kommune zu beeinflussen. | |
Hier, so Broistedt, „müssen wir ansetzen“. Alles komme auf den Prüfstand. | |
So solle es den städtischen Neujahrsempfang künftig nur noch alle zwei | |
Jahre geben, dasselbe gelte für das Open-Air-Festival im | |
Kaiser-Wilhelm-Park. Alle Dezernate und Fachbereiche müssten laut Broistedt | |
Federn lassen und Kürzungen ihrer Ansätze hinnehmen. Das gelte auch für die | |
städtischen Tochterunternehmen. | |
Insgesamt beinhaltet das Haushaltssicherungskonzept 97 Maßnahmen, 39 zur | |
Reduzierung des Aufwandes und 58 zur Erhöhung der Einnahmen. Die Verwaltung | |
behauptet: Es wurde streng darauf geachtet, dass die Maßnahmen ausgewogen | |
und sozial gerecht sind, insbesondere in den Bereichen Soziales, Kultur und | |
Sport. Von den vorgesehenen Maßnahmen seien „alle in Göttingen betroffen“. | |
## Freie Jugendarbeit ist besonders betroffen | |
Einige sind es aber besonders stark, kritisiert etwa die Göttinger Linke. | |
Nach ihren Angaben bedrohen die Kürzungsvorschläge unter anderem die Arbeit | |
der Träger der freien Jugendarbeit. | |
Konkret betroffen sind demnach etwa die freien Jugendzentren wie das | |
[3][Jugendzentrum Innenstadt (Juzi)], der Verein Kore – er bietet offene | |
Beratungen für Frauen, Mädchen und ihre Familien an – sowie der | |
Stadtjugendring als Zusammenschluss von mehr als 30 Jugendverbänden in | |
Göttingen. Die Partei fordert, „dass die Einrichtungen mehr Unterstützung | |
erhalten, nicht weniger“. Der Stadtrat solle auf ein verändertes | |
Haushaltssicherungskonzept hinwirken. | |
„Das Juzi ist der Stadt, besonders der FDP und CDU, schon immer ein Dorn im | |
Auge“, erklärt die autonome Gruppe Redical (M). Politische Kampagnen zur | |
Schließung des Zentrums seien erfolglos gewesen, nun solle dies über | |
Kürzungen erreicht werden. | |
## Mittagessen in Kitas wird teurer | |
Geht das Haushaltssicherungskonzept durch die Gremien, bedeutet das wohl | |
auch das Aus für das [4][Göttinger Umwelt- und Naturschutzzentrum (Gunz)]. | |
Hier arbeiten elf Verbände – darunter BUND, Nabu, ADFC und Greenpeace – | |
unter einem Dach. Die Verwaltung will den Mietzuschuss von 31.000 Euro | |
streichen und die Zuschüsse an die Verbände um 20.000 Euro kürzen. Auch der | |
einzige Minijob soll wegfallen. „Ein Beschluss dieser Sparvorschläge würde | |
das Aus des Gunz bedeuten“, sagt Vorstand Hans Günter Joger. | |
Ein weiterer Kürzungsvorschlag betrifft das Schulessen. Ab 2026 soll jede | |
Mittagsmahlzeit auch in Kitas 50 Cent mehr kosten, der Preis für | |
Zwischenverpflegung um 25 Cent steigen. Der Stadtelternrat bezeichnet die | |
Preiserhöhungen als „drastischen Einschlag, weil bereits jetzt viele | |
Familien an ihre finanzielle Belastungsgrenze kommen“. | |
26 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Goettingen/!t5010017 | |
[2] /Erfolgreiches-Referendum/!6016961 | |
[3] https://juzi.de/ | |
[4] https://www.goettinger-umweltzentrum.de/ | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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