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# taz.de -- Bündnis in Brandenburg: 25 Jahre Kampf gegen Nazis
> Brandenburgs Aktionsbündnis gegen rechts feiert am Freitag Jubiläum. Es
> ist viel breiter aufgestellt als vergleichbare deutsche Initiativen.
Bild: Den Nazis die Räume nehmen: Protest gegen rechten Aufmarsch in Cottbus 2…
Potsdam epd | Ein 19-Jähriger versucht, eine Türkin zu überfahren. Der
Brite [1][Noel Martin überlebt einen Neonazi-Angriff nur knapp] und bleibt
bis zu seinem Tod 2020 querschnittsgelähmt. Der Italiener Orazio Giamblanco
trägt bei einem rechtsextremen Überfall südlich von Berlin schwerste
Verletzungen davon. Der Punk Sven Beuter stirbt nach einem Neonazi-Angriff
in Brandenburg an der Havel.
Die Verbrechen aus dem Jahr 1996 sind nur ein Ausschnitt der Gewaltwelle,
die in Brandenburg nach der Wiedervereinigung begann und schließlich
Politik und Zivilgesellschaft zum Handeln brachte: Am 22. Mai 1997 wurde
das märkische Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und
Fremdenfeindlichkeit [2][gegründet]. Mit 29 Mitgliedern ging das Bündnis an
den Start, inzwischen sind es fast 90, darunter Vereine aus allen Teilen
Brandenburgs. An diesem Freitag wird in Potsdam das 25-jährige Bestehen
gefeiert.
Entscheidend für die Gründung war nach Angaben der Geschäftsstelle das
Eingeständnis des damaligen märkischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe
(SPD), die Gefahren des Rechtsextremismus zunächst falsch eingeschätzt zu
haben. 1991 hatte Stolpe Hakenkreuzschmierereien weder als Ausdruck von
Rechtsextremismus noch von Ausländerfeindlichkeit sehen wollen. „Ich wollte
es einfach nicht wahrhaben“, hat er später dazu gesagt.
Zwar wurde auf Initiative von Brandenburgs damaliger Ausländerbeauftragten,
der evangelischen Theologin Almuth Berger, bereits 1992 ein Beratungsteam
gegen Rechtsextremismus ins Leben gerufen. Die Gewalttaten wurden dennoch
weiter lange mit den Erschütterungen durch das Ende der DDR und die
deutsche Wiedervereinigung erklärt und als vorübergehendes Phänomen
angesehen.
Nach mehreren schweren Gewalttaten mit rechtsextremem und rassistischem
Hintergrund ergriff Almuth Berger 1996 erneut die Initiative zu
Gegenmaßnahmen. Und Brandenburgs damaliger Generalstaatsanwalt Erardo
Rautenberg forderte neben staatlichen Repressionen ein breites
gesellschaftliches Bündnis gegen rechte Gewalt, das vom streng
konservativen bis zum autonomen Spektrum reichen sollte.
## Endlich Unterstützung vom SPD-Ministerpräsidenten
Schließlich rief Stolpe dazu auf, ein großes Bündnis zu schaffen. Der
Deutsche Gewerkschaftsbund, der Deutsche Richterbund, die evangelische
Kirche und das katholische Erzbistum, mehrere weitere Verbände und
Ministerien gehörten zu den ersten Mitgliedern. „Wir wollen den Tätern und
geistigen Vorbildern zeigen, dass sie in Brandenburg keine schweigende
Mehrheit finden“, betonte Stolpe bei der Gründung. Und die Arbeit begann.
Seitdem sei es gelungen, große Teile der Zivilgesellschaft in Brandenburg
landesweit gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu vernetzen, sagt die
Leiterin der Potsdamer Geschäftsstelle, Frauke Büttner. Das Aktionsbündnis,
dessen Vorstände seit der Gründung aus der evangelischen Kirche kommen,
habe es geschafft, „Öffentlichkeit, Politik, Verwaltung, Polizei und Justiz
gegenüber der Gefahr des Rechtsextremismus zu sensibilisieren und die
Notwendigkeit zivilgesellschaftlichen Engagements deutlich zu machen“.
Bundesweit gilt das Bündnis weiter als etwas Besonderes. Zwar gebe es in
anderen Bundesländern ebenfalls Zusammenschlüsse der Zivilgesellschaft
gegen Rechtsextremismus, sagt Thomas Prenzel von der
Bündnis-Geschäftsstelle: „Diese sind jedoch nicht [3][vergleichbar breit
aufgestellt].“ Zudem fehle dort eine vergleichbare politische und
finanzielle Unterstützung durch die jeweiligen Länder.
## Immer neue Formen von Rechtsextremismus
Das Bündnis werde sich immer auch mit neuen Erscheinungsformen der extremen
Rechten auseinandersetzen, sagt Prenzel. Ein Beispiel dafür sei die
antidemokratische Propaganda bei den Demonstrationen gegen die
Corona-Schutzmaßnahmen. Eine große Herausforderung bleibe zudem das weiter
fehlende Problembewusstsein gegenüber Rechtsextremismus bei vielen Menschen
im Land. Dessen Gefährlichkeit werde oft nicht gesehen, sagt Prenzel und
betont: „Das Aktionsbündnis wird nicht verschwinden, solange es
Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus gibt.“
17 Jun 2022
## LINKS
[1] /Noel-Martin-ist-tot/!5700904
[2] /Brandenburg-will-Buendnis-gegen-Rechte/!1406611/
[3] /Engagierte-Zugezogene-in-Brandenburg/!5617815
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