# taz.de -- Bombenanschläge in Uganda: Rauch über Kampala | |
> Im Zentrum der ugandischen Hauptstadt gehen zwei Bomben hoch. Die Zahl | |
> der Toten und Verletzten bleibt zunächst unklar. | |
Bild: Blick auf Kampalas Innenstadt nach den Explosionen am 16. November | |
KAMPALA taz | Der laute Knall war noch auf den Hügeln am Stadtrand hörbar. | |
Der Boden vibrierte. Dann stieg eine Staubwolke über der Innenstadt auf. | |
Nur drei Minuten später war die nächste Explosion zu spüren, und erneut | |
stieg eine Rauchwolke über dem Zentrum von Ugandas Hauptstadt auf. | |
Mehrere Explosionen erschütterten am Dienstag vormittag die geschäftige | |
Innenstadt von Kampala. Die Lage auf dem zentralen Constitution Square | |
entlang der Hauptstraße blieb lange unklar, der Staub legte sich nur | |
langsam. Aufnahmen von Überwachungskameras, die die Polizei veröffentlicht | |
hat, zeigen, wie ein Mann in schwarzer Kleidung und einem vollgepackten | |
Rucksack auf dem Rücken einem Sicherheitscheckpoint unter einer Palme | |
unweit des Eingangs zum Polizeihauptquartier nähert. Dann fliegt alles in | |
die Luft. Das Gebiet ist nun weiträumig abgesperrt. | |
Zwei weitere Bomben explodierten in der Parliamentary Avenue vor einem | |
Hochhaus nur wenige hundert Meter von der Einfahrt des Parlamentsgebäudes | |
entfernt. Die Polizei bestätigt später zwei getrennte | |
Selbstmordattentäter-Teams. Die Überwachungsaufnahmen zeigen, wie sich ein | |
Mann auf dem Gehweg in die Luft sprengt; zwei weitere Männer in Schwarz | |
fahren auf einem Motorrad vorbei und lassen einen weiteren Sprengsatz | |
explodieren. Leichen liegen auf der Straße. Die Polizei bestätigt auf einer | |
Pressekonferenz: drei tote Selbstmordattentäter. | |
Berichte über eine dritte Explosion, dieses Mal auf dem Zentralmarkt, | |
konnten nicht bestätigt werden. Doch kursierten noch Gerüchte über weitere | |
Bomben in einem weiteren Gebäude in der Innenstadt, die von der Polizei | |
gezielt zur Explosion gebracht worden seien. | |
Die Zahl der Toten und Verletzten bleibt unklar. Die Polizei nennt 33 | |
Verletzte, die ins staatliche Krankenhaus Mulago eingeliefert wurden, davon | |
15 Polizisten. Fünf seien in kritischem Zustand. Neben den drei Attentätern | |
seien auch drei Zivilisten ums Leben gekommen, so die vorläufige Bilanz. | |
Die Polizei ist dabei, die Innenstadt weiträumig abzuriegeln. Sie schickt | |
Passanten und Ladeninhaber nach Hause. Einen vierten mutmaßlichen | |
Selbstmordattentäter hat sie nach eigenen Angaben bis in den Vorstadtslum | |
Bwaise gejagt und festgenommen; in seinem Haus habe man eine | |
Sprengstoffweste gefunden. | |
Der Schreck sitzt tief, denn die Ugander müssen jetzt realisieren: Dies ist | |
nur ein weiteres Kapitel in einer [1][Serie von gezielten Anschlägen], die | |
Uganda in den vergangenen Wochen heimsuchten. Anfang Oktober explodierte | |
eine kleine Bombe an einer Polizeistation. Verletzt wurde niemand, doch | |
bekannte sich der Islamische Staat zu den Anschlägen. Er nannte seine | |
„Soldaten des Kalifats“ als Täter. | |
Ende Oktober starb eine junge Frau, als eine Bombe in einem Grillrestaurant | |
am Stadtrand von Kampala in die Luft ging. Kurz darauf sprengte sich ein | |
mutmaßlicher Attentäter selbst in einem Reisebus in die Luft. Wieder | |
bekannte sich der IS. | |
Ugandas Präsident Yoweri Museveni machte die ugandischen Rebellen der ADF | |
(Vereinigte Demokratische Kräfte) verantwortlich. „Wir werden sie jagen“, | |
verkündete er vergangene Woche offiziell. | |
[2][Die ADF] war ursprünglich eine ugandische islamische Rebellengruppe, | |
die sich seit 20 Jahren in den Rwenzori-Bergen entlang der Grenze zur | |
Demokratischen Republik Kongo versteckt hält. Schon in den 1990er Jahren | |
beging sie Bombenanschläge in Kampala. 2015 wurde ihr Anführer Jamil Mukulu | |
in Tansania verhaftet und nach Uganda ausgeliefert. Er steht dort vor | |
Gericht wegen Terrorismus. | |
Seit 2019 gehört die ADF unter der Führung von Mukulus Nachfolger Musa | |
Baluku laut eigenen Angaben sowie IS-nahen Medien zum [3][„Islamischen | |
Staat – Provinz Zentralafrika“ (ISCAP)], die sich von Somalia bis Mosambik | |
und Kongo erstrecken soll. Analysten, lokale Geheimdienstler und | |
UN-Experten sind sich jedoch uneinig darüber, wie eng lokale ADF-Kämpfer | |
tatsächlich mit dem internationalen IS-Netzwerk zusammenarbeiten. | |
Im September war nahe der ugandisch-kongolesischen Grenze ein Jordanier | |
verhaftet worden, der mutmaßlich ADF-Kämpfer trainieren sollte. Einige | |
Analysten sehen darin einen klaren Beweis für die Zusammenarbeit des IS mit | |
der ADF. Die US-Regierung hat die ADF im März auf ihre Terrorliste als Teil | |
des IS aufgenommen, ebenso die islamistischen Aufständischen im Norden | |
Mosambiks. | |
16 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Anschlagsserie-in-Uganda/!5811293 | |
[2] /ADF-Rebellen-im-Kongo/!5661450 | |
[3] https://icsr.info/2021/11/01/the-arc-of-jihad-the-ecosystem-of-militancy-in… | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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