# taz.de -- Biolandwirt zu EU-Agrarreform: „Geld für umweltfreundliche Bauer… | |
> Berlin müsse die EU-Agrarreform nutzen, um nachhaltig arbeitende | |
> Landwirte zu unterstützen. Das fordert Jan Wittenberg von der | |
> Bauernvereinigung AbL. | |
Bild: Wie umweltfreundlich muss hier gewirtschaftet werden? | |
taz: Herr Wittenberg, die [1][Landwirtschaft] trägt maßgeblich zu | |
Artensterben und Klimawandel bei. Wie soll Deutschland die Reform der | |
jährlich rund 55 Milliarden Euro EU-Agrarsubventionen umsetzen? | |
Jan Wittenberg: Die Direktzahlungen, die den Löwenanteil der Subventionen | |
ausmachen, müssen weg. Denn sie belohnen vor allem den Besitz von Fläche, | |
egal was darauf passiert. Stattdessen sollten Bäuer*innen das Geld für | |
gesellschaftliche Leistungen im Rahmen der Öko-Regelungen bekommen, die die | |
EU gerade plant. Je nach Leistung gibt es mehr oder weniger Punkte, die | |
dann in Geld umgerechnet werden. Das darf Deutschland selbst beschließen. | |
Darüber verhandeln die Agrarminister der Länder am Freitag. Wofür sollen | |
Bauern die meisten Subventionen erhalten? | |
Geld sollte es geben für die Reduzierung der Düngung, die das Grundwasser | |
und das Klima belasten kann. Für den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel, die | |
Insekten schaden. Für weniger Tiere pro Fläche, um die Belastung durch | |
Gülle an einem Ort zu senken. Für Rinderhaltung auf der Weide im Gegensatz | |
zu Stallhaltung. Vor allem auch für vielfältige Fruchtfolgen, sodass | |
mindestens fünf Fruchtarten auf einem Feld abwechseln müssen. Es würde also | |
Subventionen für Bauern geben, die die Umwelt schonen. | |
Würden die Bauern dann weniger verdienen, weil sie weniger ernten? | |
Deswegen würde das Budget der EU-Agrarpolitik nicht kleiner. Es wäre eine | |
Umschichtung. Es benachteiligt die Bauern, die die Natur über die Maßen | |
belasten, und bevorteilt die, die sich schon auf den Weg gemacht haben, | |
umweltfreundlicher zu wirtschaften. Die Subventionen müssen so hoch sein, | |
dass ein künstlicher Wettbewerbsvorteil entsteht durch Umweltschutz. Dann | |
würden die Bauern auch nicht weniger verdienen und auch nicht das Nachsehen | |
haben im Wettbewerb mit anderen EU-Ländern, die möglicherweise nicht so | |
viel Umweltschutz für die Agrarsubventionen verlangen. Da wir bei wichtigen | |
Lebensmittelbereichen wie Schweinefleisch oder Milch so viel produzieren, | |
dass wir sogar exportieren müssen, würde das nicht unsere Versorgung | |
gefährden. | |
Aber bei Obst und Gemüse haben wir einen niedrigen | |
[2][Selbstversorgungsgrad] von 35 und 22 Prozent. | |
Bananen beispielsweise wachsen hier ja einfach nicht. Aber mit Gemüse | |
könnte man sich das ganze Jahr über auch bei uns versorgen, wenn man zur | |
Verwendung von saisonalem und regionalem Gemüse kommt. Der Anspruch, zum | |
Beispiel Frühkartoffeln schon ein bis zwei Wochen vor der Ernte in | |
Deutschland zu haben, führt zu Einfuhren etwa aus Israel. Dabei könnte man | |
doch gut die Lagerkartoffeln aus der Region essen. Der | |
Lebensmitteleinzelhandel aber will die Produkte das ganze Jahr zur | |
Verfügung haben. Deshalb werden sie importiert. | |
Können wir überhaupt auf eine ökologische Reform der Agrarsubventionen | |
verzichten? | |
Nein, wir kriegen ein Problem, wenn wir unsere Böden und unsere Natur | |
kaputt machen. Dann wächst nämlich gar nichts mehr. Damit würden in erster | |
Linie die Bäuer*innen selber und dann auch die Verbraucher leiden, weil | |
es sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem handelt. | |
Wie kann der Staat die Agrarsubventionen nutzen, damit nicht mehr so viel | |
Höfe aufgeben müssen? | |
Mit der Steuerung der Subventionen muss gelingen, dass wir mehr Höfe haben | |
und nicht größere. Das bedeutet, dass weniger kaputtgehen. Ein kleinerer | |
Betrieb mit vielfältigen Fruchtfolgen und Weidehaltung muss mehr | |
Subventionen bekommen. Dann muss er die Hoftore nicht schließen. Insofern | |
sind wir einverstanden mit den Landwirten, die da gerade auf die Straße | |
gehen. Aber nicht mit denjenigen, die sagen: Die Düngeverordnung muss weg. | |
Die Landwirtschaft kann nicht weitermachen wie bisher. | |
29 Jan 2021 | |
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[1] /Landwirtschaft/!t5007831 | |
[2] https://www.bmel-statistik.de/ernaehrung-fischerei/versorgungsbilanzen/ | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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