# taz.de -- Berichterstattung Anti-Corona-Demo: Die Sache beim Namen nennen | |
> Viele Medien haben in ihren Berichten über die Proteste der | |
> Coronaleugner:innen rechtes Framing übernommen. Und die | |
> Demoteilnehmer:innen verharmlost. | |
Bild: Das Reichstagsgebäude am Tag nach den Demonstrationen gegen die Coronama… | |
Die Bilder und Videos vom vergangenen Wochenende werden nicht so schnell | |
verschwinden. Dutzende Menschen hatten sich am vergangenen Samstag | |
illegalen Zutritt [1][zu den Treppen des Sitzes des Deutschen Bundestages | |
verschafft]. Dort standen sie, riefen rechtsextreme Parolen, schwangen | |
Deutschland-, USA- und Reichsflaggen. Laut Polizei sollen es 300 bis 400 | |
Menschen gewesen sein. Die Bilder sind beängstigend. Sie sind ein Symbol | |
für den bestehenden Rechtsextremismus in Deutschland. Klar also, dass in | |
der deutschen Medienlandschaft ausführlich darüber berichtet wurde. | |
Viele Medien, beispielsweise der Tagesspiegel, die „Tagesschau“ oder der | |
Spiegel schrieben von einem „Sturm auf den Reichstag“, teilweise sogar ohne | |
die Formulierung in Anführungsstriche zu setzen. Problematisch ist das, | |
weil damit das Framing der Rechten übernommen wird. | |
Die Formulierung legt nahe, dass in einem revolutionären Akt ein | |
Regierungsgebäude eingenommen wurde. Schon in den Wochen vor der | |
Demonstration wurde in rechten und verschwörungsideologischen | |
Telegram-Channels zu einem „Sturm auf Berlin“ aufgerufen. In der Realität | |
passierte nichts dergleichen; es wurde nichts gestürmt – auch wenn | |
Rechtsextreme davon träumen. Dass der unberechtigte Zutritt zu den Stufen | |
vor dem Bundestag durch Neonazis, Reichsbürgern und anderen Rechtsextremen | |
für ikonische Bilder sorgte – allein das ist schlimm genug. | |
So groß die Gefahr ist, dass Medien rechtes Framing unkritisch übernehmen, | |
genauso schwierig ist es, wenn sie die Vorkommnisse der Demo gegen die | |
Coronamaßnahmen verharmlosen. Ein Beispiel dafür ist die Berichterstattung | |
von Bild.de, in der die Demonstrant:innen vor dem Gebäude des Bundestags | |
als „400 Chaoten“ beschrieben wurden. | |
## Nazi, wo Nazi draufsteht | |
Wer mehrmals am Tag einer Demo sein Pappschild liegen oder seinen Kaffee im | |
Rucksack auslaufen lässt, kann guten Gewissens als „Chaot“ bezeichnet | |
werden. Rechtsextreme Parolen zu brüllen und Reichsflaggen zu schwenken, | |
macht einen jedoch nicht zum Chaoten, sondern zum Rechtsextremen. | |
Auch andere Medien griffen auf verharmlosende oder scheinbar „lustige“ | |
Umschreibungen für die Demonstrant:innen zurück. Doch selbst wenn nicht | |
alle 38.000 Teilnehmer:innen Rechtsextremist:innen sind: Wer mit ihnen auf | |
die Straße geht und ihnen nicht widerspricht, der ist kein „Covidiot“, kein | |
„Schwurbler“ oder „Coronakritiker“. Auch nicht, wenn man Birkenstock und | |
Dreadlocks dabei trägt. | |
31 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Carolina Schwarz | |
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