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# taz.de -- BGH-Urteil zu Lina E.: Haftstrafe für militante Antifaschistin bes…
> Der Bundesgerichtshof lehnt die Revisionen von Lina E. und der
> Bundesanwaltschaft ab: E. gilt weiter nicht als Rädelsführerin und es
> bleibt bei 5 Jahren Haft.
Bild: Protest vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe: Free Lina! am 19.03.2025.…
Karlsruhe taz | Lina E. muss bald zurück ins Gefängnis. Der
Bundesgerichtshof verwarf ihre Revision, aber auch die der
Bundesanwaltschaft. Es bleibt also bei einer Haftstrafe von fünf Jahren und
drei Monaten. Die heute 30-jährige Studentin Lina E. war im Mai 2023 vom
Oberlandesgericht (OLG) Dresden wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen
Vereinigung und [1][wegen mehrfacher gefährlicher Körperverletzung
verurteilt worden]. Der Mammutprozess hatte [2][97 Verhandlungstage
gedauert].
Das OLG warf Lina E. vor, sie habe gemeinsam mit ihrem damaligen Freund
Johann G. und mindestens vier weiteren Personen eine Vereinigung gebildet,
deren Ziel es war, mit Gewalt Rechtsextremisten anzugreifen. Ab 2018 sollen
sie in Ostdeutschland regelmäßig Personen zusammengeschlagen haben, die sie
als Nazis einstuften. Dabei setzte die Gruppe unter anderem
Teleskop-Schlagstöcke und Schlosserhämmer ein.
Manche der Angegriffenen wurden zuvor individuell ausgekundschaftet. Andere
wurden eher wahllos auf dem Heimweg von rechtsradikalen Demonstrationen
attackiert. Und einmal traf es relativ spontan einen Kanalarbeiter, der im
linken Leipziger Szene-Stadtteil Connewitz eine Mütze von einer bei Rechten
beliebten Modemarke trug.
Lina E. soll bei den orchestrierten und eintrainierten Angriffen oft als
„Überblicksperson“ agiert haben. Sie hatte das Umfeld zu checken, Passanten
mit Pfefferspray vom Eingreifen abzuhalten und wenn es brenzlig wurde, das
Signal zum Rückzug zu geben. In anderen Fällen war sie als Scout tätig und
kundschaftete Opfer aus. Konkret wurde Lina E. die Teilnahme an vier
Überfällen angelastet. Bei zwei Überfällen genügten dem OLG die Beweise
nicht.
## Bei der Verhandlung forderten 100 Personen „Free Lina!“
Das Strafverfahren gegen die Gruppe um Lina E. wurde von der Roten Hilfe
als „Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstands“ kritisiert. Bei
der mündlichen Revisions-Verhandlung Anfang Februar demonstrierten rund 100
Personen vor dem BGH und forderten „Free Lina!“
Wohl auch deshalb betonte der Vorsitzende BGH-Richter Jürgen Schäfer zu
Beginn der Urteilsverkündung: „Das Zusammenschlagen und Zusammentreten von
Menschen ist durch politische Motive gleich welcher Art nicht zu
rechtfertigen und zu entschuldigen.“ Das Mittel der politischen
Auseinandersetzung sei das Wort, nicht die Gewalt. Wer das nicht
akzeptiere, müsse mit Strafverfolgung rechnen.
Bei der Gruppe um Lina E. und [3][Johann G.] habe es sich eindeutig um eine
kriminelle Vereinigung gehandelt. Deren „vorrangiges oder vielleicht sogar
einziges Ziel“ sei die gefährliche Körperverletzung von Rechtsextremisten
gewesen. Die Revision von Lina E. wurde vom BGH jetzt zurückgewiesen. Ihre
Tatbeteiligung sei „rechtsfehlerfrei“ belegt.
## Lina E. keine Rädelsführerin
Doch auch die Bundesanwaltschaft hatte keinen Erfolg mit ihrer Revision.
Sie wollte erreichen, dass Lina E. zusätzlich als „Rädelsführerin“ der
kriminellen Vereinigung verurteilt wird. Das lehnte der BGH jedoch ab. Lina
E. habe zwar eine „herausgehobene“ Stellung gehabt. In der Vereinigung ohne
Hierarchien und feste Rollen sei ihr jedoch „keine steuernde Wirkung“
nachzuweisen.
Zu Recht habe Lina E. auch einen Strafrabatt für die vorverurteilende
Berichterstattung in rechten Medien erhalten, so der BGH. Dass über sie mit
vollem Namen und unverpixelten Fotos berichtet wurde, gehe über das hinaus,
was jeder Straftäter hinzunehmen hat, und gefährde ihre Resozialisierung.
Auch hier lehnte der BGH die Revision der Bundesanwaltschaft ab.
Das Dresdner Urteil ist jetzt rechtskräftig. Lina E. wird demnächst zum
Haftantritt geladen. Auf die Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei
Monaten wird dabei die zweieinhalbjährige Untersuchungshaft angerechnet,
die von der Verhaftung im November 2020 bis zum OLG-Urteil im Mai 2023
angeordnet worden war. Eine Rheuma-Erkrankung von Lina E. steht der
Strafverbüßung wohl nicht entgegen.
Wegen guter Führung in der bisherigen Haft kann Lina E. allerdings mit
einer Entlassung nach zwei Dritteln der Strafe rechnen. Es steht ihr also
noch etwas mehr als ein Jahr im Gefängnis bevor. Bei der Urteilsverkündung
war sie nicht anwesend.
19 Mar 2025
## LINKS
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[3] /Leipziger-vier-Jahre-auf-der-Flucht/!6047784
## AUTOREN
Christian Rath
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