# taz.de -- Attentat in Japan: Japans Ex-Premier Abe ermordet | |
> Japans früherer Regierungschef Shinzo Abe ist bei einer Wahlkampfrede | |
> erschossen worden. Der mutmaßliche Täter, ein Ex-Berufssoldat, wurde | |
> festgenommen. | |
Bild: Shinzo Abe, 2018 aufgenommen | |
TOKIO taz | Dem japanischen öffentlich-rechtlichen Medium NHK zufolge ist | |
der frühere japanische Ministerpräsident Shinzo Abe bei einem Attentat | |
erschossen worden. Der 67-Jährige hielt auf einer Kreuzung nahe einem | |
Bahnhof in der westjapanischen Stadt Nara anlässlich der Oberhauswahl am | |
kommenden Sonntag eine Wahlkampfrede, als zwei Schüsse auf ihn abgegeben | |
wurden. Abe griff sich an die Brust und ging zu Boden, Mitarbeitende | |
leisteten Erste Hilfe. Ein Rettungshubschrauber brachte ihn in ein | |
Krankenhaus. | |
Unmittelbar nach den Schüssen überwältigten Sicherheitskräfte den | |
Angreifer, der als der 41-jährige Tetsuya Yamagami aus Nara identifizierte | |
wurde. Der Mann trug militärische Kleidung und war zwischen 2002 und 2005 | |
Berufssoldat bei der japanischen Marine. Über ihn liegen keine | |
polizeilichen Einträge vor. Angeblich soll er am Tatort gesagt haben, er | |
sei unzufrieden mit Abe gewesen und habe beschlossen, ihn zu töten. Beim | |
Attentat verwendete er eine offenbar selbstgebaute Waffe mit zwei Rohren, | |
die mit Klebeband umwickelt waren. In Japan ist der Besitz von Schusswaffen | |
stark eingeschränkt. | |
## Abe steuerte Japan nach rechts | |
Als Regierungschef zwischen Ende 2012 und September 2020 hatte Abe eine | |
stark polarisierende Politik verfolgt. Einerseits steuerte er das Land nach | |
rechts und interpretierte die pazifistische Verfassung neu, damit die | |
Streitkräfte ihren Bündnispartner USA auch unterstützen dürfen, wenn es | |
keinen direkten Angriff auf Japan gibt. Zudem hörte er damit auf, sich für | |
den [1][japanischen Angriffskrieg in Asien] zu entschuldigen. | |
Andererseits setzte er auf eine neoliberale Wirtschaftspolitik – der | |
Abenomics. Großzügige Staatsausgaben und eine extrem lockere Geldpolitik | |
sollten das Wachstum ankurbeln. Dafür öffnete Abe Japan so weit wie nie | |
zuvor für ausländische Investoren, Touristen und Arbeitskräfte. | |
Seinen Rücktritt vor knapp zwei Jahren begründete er mit seiner schlechten | |
Gesundheit, aber vor allem wollte er sich mehreren Skandalen entziehen, die | |
damals überkochten. Seitdem entwickelte sich Abe zur mächtigsten Figur in | |
Japans Politik. Er kontrolliert die größte Gruppe von Abgeordneten der | |
Liberaldemokratischen Partei (LDP), die Japan seit 1955 dominiert. | |
Viele Beamte im Regierungsapparat verdanken ihm seinen Job, auch Premier | |
Kishida übernahm mithilfe von Abe den Vorsitz der LDP. Zu dessen Ärger | |
verhinderte sein Mentor jedoch seitdem, dass sein politisches Erbe | |
kritisiert und korrigiert wird. Zuletzt setzte sich Abe für eine rasche und | |
starke Erhöhung der Verteidigungsausgaben und plädierte für eine | |
[2][Stationierung von US-Atomwaffen in Japan]. | |
8 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Trostfrauen-Mahnmal-in-Berlin/!5860795 | |
[2] https://www.theguardian.com/world/2022/mar/01/china-rattled-by-calls-for-ja… | |
## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
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