# taz.de -- Karlsruhe kippt Grundsteuer-Berechnung: Neues Grund-Gesetz für Deu… | |
> Das Verfassungsgericht macht Druck: Bis 2019 muss die Politik neue Regeln | |
> für die Berechnung der Grundsteuer schaffen. Das Ziel: mehr Gleichheit. | |
Bild: Die Grundsteuer bringt den Kommunen jährlich 13 bis 14 Milliarden Euro e… | |
KARLSRUHE taz | Der Bund muss die Grundsteuer neu regeln. Die bisherige | |
Regelung ist verfassungswidrig, entschied an diesem Dienstag das | |
Bundesverfassungsgericht (BVG). Wer belastet wird und wer entlastet, muss | |
nun die Politik entscheiden. Karlsruhe setzte eine Frist bis Ende 2019. | |
Falls der Bund die komplizierte Reform nicht rechtzeitig fertigbekommt, | |
haben Städte und Gemeinden ein massives Problem. Die Grundsteuer bringt den | |
Kommunen jährlich 13 bis 14 Milliarden Euro Einnahmen. Es ist die | |
drittwichtigste Einnahmequelle der Kommunen, nach der Gewerbesteuer und dem | |
Gemeindeanteil der Einkommenssteuer. | |
Auch Grundeigentümer und Mieter sind besorgt. Für beide Gruppen könnte es | |
punktuell zu Mehrbelastungen kommen, wobei die Eigentümer von Mietshäusern | |
die Grundsteuer auf die Mieter umlegen können. Wer mit welchen Belastungen | |
rechnen muss, ergibt sich aber nicht aus dem Urteil, sondern erst aus den | |
bis Ende 2019 folgenden Entscheidungen der Bundespolitik. | |
Für die Bundesregierung sicherte Finanzstaatssekretärin Christine Lambrecht | |
(SPD) zu, dass das Aufkommen der Steuer im Interesse der Kommunen erhalten | |
bleiben soll. Die Forderung des CDU-Mietrechtsexperten Jan-Marco Luczak, | |
dass Mieter und Eigentümer nicht zusätzlich belastet werden, lässt sich | |
damit zumindest nicht für alle umsetzen. Denn wenn manche entlastet werden, | |
müssen andere mehr belastet werden, um das Aufkommen für die Kommunen | |
stabil zu behalten. | |
Am alten System bemängelte das Bundesverfassungsgericht vor allem die | |
Verzerrungen bei der Feststellung des Wertes von Flächen und Immobilien. | |
Der Versuch, den Verkehrswert mit uralten Einheitswerten abzubilden, | |
verfehle den Verkehrswert „generell und vollständig“, sagte | |
BVG-Vizepräsident Ferdinand Kirchhof. Schon seit mindestens 2002 sei die | |
Berechnung der Grundsteuer verfassungswidrig. | |
Derzeit erfolgt die Berechnung der Grundsteuer in drei Schritten: Zunächst | |
wird der Wert des Grundstücks bestimmt. In Westdeutschland liegen dafür | |
Einheitswerte von 1964 zugrunde, in Ostdeutschland stammen die | |
Einheitswerte sogar von 1935. Dieser Wert wird mit einer Steuermesszahl – | |
je nach Art der Bebauung – multipliziert. Im dritten Schritt wird dieser | |
Betrag nun mit einem Hebesatz multipliziert, den die örtliche Kommune | |
festlegt. Die Hebesätze unterscheiden sich stark und stiegen in jüngster | |
Zeit deutlich an. | |
Eigentlich wollte der Bund die Einheitswerte alle sechs Jahre | |
aktualisieren. Weil dies zu aufwendig schien, wurde darauf jedoch | |
verzichtet. Je nach Lage des Grundstücks konnte sich der Wert in den | |
nachfolgenden Jahrzehnten so ganz unterschiedlich entwickeln, etwa wenn das | |
eine Dorf ländlich blieb und das andere in eine Stadt eingemeindet wurde, | |
weshalb dann die Grundstückpreise explodierten. Bei der Grundsteuer konnte | |
das aber nicht berücksichtigt werden. Selbst Neubauten wurde so bewertet, | |
als seien sie 1964 oder 1935 erstellt worden. Für diese Verzerrung gab es | |
keine Rechtfertigung, so die Richter. Sie verstieß gegen den | |
Gleichheitssatz des Grundgesetzes. | |
Mit Spannung wurde vor allem auf die Frist gewartet, die Karlsruhe dem | |
Gesetzgeber einräumt. Nun gibt es – sehr ungewöhnlich – sogar zwei Friste… | |
Bis Ende 2019 hat der Bund Zeit, die Neuregelung zu beschließen. Bis Ende | |
2024 dürfen aber noch die alten Regeln und die alten Einheitswerte | |
angewandt werden. Das klingt großzügig, ist es aber nicht. Bund und Länder | |
hielten eine Übergangsfrist von zehn Jahren zur Neubewertung von 35 | |
Millionen Immobilien für notwendig. Wenn Karlsruhe nun lediglich fünf Jahre | |
gewährt, fördert das Modelle, die ohne eine aufwendige Bewertung von | |
Grundstücken und Gebäuden auskommen. | |
Ansonsten gaben sich die Richter ganz neutral: Der Gesetzgeber habe einen | |
weiten Gestaltungsspielraum bei der Grundsteuer. Er könne versuchen, das | |
alte System zu reparieren oder aber ein ganz neues beschließen. | |
10 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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