| # taz.de -- Arbeitskampf bei den Kita-Eigenbetrieben: Streik ist die einzige Al… | |
| > Der Senat wird sich nicht freiwillig dazu durchringen, die | |
| > Arbeitsbedingungen in den Kitas zu verbessern. Deshalb führt an Streiks | |
| > kein Weg vorbei. | |
| Bild: Wenn dein starker Arm es will: Auftakt der Berliner Kita-Streikwoche vor … | |
| Fünf Tage wurden die Kita-Eigenbetriebe des Landes Berlin nun bestreikt. | |
| Die Bilanz des Arbeitskampfes ist auf den ersten Blick geht-so: Die | |
| Erzieher:innen zeigen sich weiter entschlossen, [1][die Eltern sind | |
| frustriert], der Senat bleibt stur und verweigert sich nach wie vor allen | |
| Verhandlungen. Keine Bewegung, nirgends. | |
| CDU-Finanzsenator Stefan Evers bezeichnet den Ausstand der | |
| Kita-Beschäftigten für eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen einen | |
| „Sinnlos-Streik“. Das Land, argumentiert er, könne mit der Gewerkschaft | |
| Verdi gar nicht über den geforderten separaten Entlastungstarifvertrag für | |
| die Kita-Eigenbetriebe verhandeln. Evers' Drohkulisse: [2][Käme man der | |
| Forderung nach, flöge Berlin garantiert aus der Tarifgemeinschaft der | |
| Länder.] | |
| Doch Fragen nach der „Sinnhaftigkeit“ oder der formalen Legitimität des | |
| Streiks sind irreführend: Es handelt sich – wie immer – in erster Linie um | |
| einen ungleichen Machtkampf zwischen Politik und Beschäftigten. Nicht | |
| zuletzt in Zeiten groß angekündigter Sparmaßnahmen wird sich der Senat nie | |
| freiwillig dazu durchringen, die Arbeitsbedingungen spürbar zu verbessern. | |
| Tatsache ist, dass der Abschluss eines Entlastungstarifvertrags und damit | |
| die Erzwingung kleinerer Kitagruppen den Personalbedarf in den kommunalen | |
| Kitas noch weiter erhöhen würde. CDU-Bildungssenatorin Katharina | |
| Günther-Wünsch spricht von 2.500 Stellen. Um die zusätzlichen Fachkräfte zu | |
| gewinnen, müsste das Land viel Geld in die Hand nehmen, um das an anderen | |
| Stellen bereits erbittert gestritten wird. Sollte sich Verdi durchsetzen, | |
| würde das das Leben der schwarz-roten Haushaltshüter:innen nicht eben | |
| einfacher machen. | |
| ## Personalmangel, Überlastung, hohe Krankenstände | |
| Doch die Erzieher:innen streiken ja nicht zum Spaß. Sie streiken auch | |
| nicht, um turnusmäßig Reallohnverluste auszugleichen. Sie streiken für ihre | |
| Gesundheit. Denn trotz aller Beschönigungen des Senats ist die Kitakrise | |
| real. Der Teufelskreis aus Personalmangel, Überlastung und hohen | |
| Krankenständen hat mittlerweile eine Dimension erreicht, die die | |
| Funktionsfähigkeit des gesamten Betreuungssystems infrage stellt und die | |
| Qualität frühkindlicher Bildung deutlich mindert. | |
| Auch ohne Streik müssen Berliner Kitas immer öfter schließen oder ihre | |
| Öffnungszeiten einschränken. Eine enorme Belastung, auch für die Eltern, | |
| die notgedrungen immer wieder aufs Neue vor verschlossenen Türen stehen und | |
| ihren Alltag umdisponieren müssen. | |
| Der von Verdi geforderte Entlastungstarifvertrag ist ein konstruktiver | |
| Vorschlag, der Kita-Krise wenigstens in den Eigenbetrieben langfristig | |
| entgegenzuwirken. Beschäftigte, die jetzt darüber nachdenken, den Beruf zu | |
| verlassen, hätten eine Bleibeperspektive – und die Branche würde | |
| attraktiver für junge Menschen. Möglich wäre eine Art Stufenplan, der über | |
| die Jahre stückweise mehr Entlastung bringt. | |
| Vergleichbares hat der Senat nicht zu bieten. Dabei gäbe es auch so | |
| Möglichkeiten, die Arbeitsbedingungen zu verbessern: über ein verbesserten | |
| und nach den wissenschaftlichen Empfehlungen festgelegten | |
| [3][Betreuungsschlüssel im Kindertagesförderungsgesetz] oder in den | |
| Rahmenvereinbarungen mit den Trägern. Nichts konnte den Senat bislang dazu | |
| bewegen, diese Schritte umzusetzen. Weder Petitionen noch Brandbriefe oder | |
| Kampagnen. | |
| ## Senat hofft, längeren Atem zu haben | |
| Das Problem: Die Änderung eines Gesetzes durch einen politischen Streik zu | |
| erzwingen, ist in Deutschland illegal, und an den Verhandlungen zu den | |
| Rahmenverträgen sind die Gewerkschaften nicht beteiligt. So ist der | |
| Arbeitskampf die einzige verbleibende Alternative für die Erzieher:innen, | |
| wenn sie nicht die ständige Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen | |
| hinnehmen möchten. Der Senat weiß das, hofft aber, am Ende beim | |
| Kräftemessen mit den Gewerkschaften den längeren Atem zu haben. | |
| Dass es lange dauern kann, bis Verdi & Co. an ihr Ziel kommen, haben die | |
| Krankenpfleger:innen von Vivantes gezeigt. Sie bestreikten 2021 den | |
| landeseigenen Klinikkonzern über sieben Wochen lang. Auch damals hieß es, | |
| [4][die Forderungen der Gewerkschaft seien nicht umsetzbar]. Am Ende des | |
| Arbeitskampfes stand ein Entlastungstarifvertrag. | |
| 13 Jul 2024 | |
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| [4] /Streikerfolg-der-Krankenhausbewegung/!5801161 | |
| ## AUTOREN | |
| Jonas Wahmkow | |
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