# taz.de -- Ankunft der ukrainischer Geflüchteter: Sonderzug zum Drehkreuz | |
> Der Messebahnhof Hannover-Laatzen wird als Verteilknoten für das gesamte | |
> Bundesgebiet eingesetzt. Nicht jede Hilfe hier ist nützlich. | |
Bild: Gedränge am Infoschalter: Es fehlte vor allem an Dolmetscher*innen | |
HANNOVER taz | Um 13.45 Uhr trifft am Donnerstag der erste Sonderzug mit | |
ukrainischen Geflüchteten am Messebahnhof Laatzen bei Hannover ein. Das | |
Erste, was auffällt, wenn die Menschen vom Bahnsteig in die Halle strömen | |
ist, wie viel stiller sie sind als Reisende sonst. Überall blasse, müde, | |
erschöpfte Gesichter, auch bei den vielen Kindern. Um die 650 Menschen | |
sollen es wohl sein, so ganz genau konnte das im Vorfeld niemand sagen, | |
weil unklar war, [1][wie viele wohl in Berlin in den Zug steigen würden.] | |
Der Messebahnhof Laatzen soll als „Drehkreuz“ für die Verteilung der | |
Geflüchteten dienen. Dazu bietet er sich an, weil Hannover günstig an den | |
zentralen Verbindungsachsen gelegen ist. Zudem ist der noch relativ neue, | |
großzügig angelegte Bahnhof außerhalb von Messezeiten kaum ausgelastet. Er | |
wurde schon 2016 als Knotenpunkt genutzt. Zwei bis drei Sonderzüge pro Tage | |
will man hier nun wieder empfangen und abfertigen. | |
Den zahlreichen Helfer*innen merkt man die Routine an: Zügig installiert | |
das Rote Kreuz einen Essenswagen vor dem Gebäude und Tische für die Ausgabe | |
von Essenspaketen und Wasserflaschen in der Vorhalle. | |
Ansprechpartner*innen in den markanten roten Jacken verteilen sich | |
überall in der Halle und halten sich bereit – genauso wie die | |
Mitarbeiter*innen von Bahn, Polizei, Region und Zentraler | |
Aufnahmebehörde. | |
Der größte Mangel besteht an Dolmetscher*innen. Um die wenigen, die es | |
gibt, bilden sich sofort dichte Menschentrauben, genauso wie vor den | |
Infoständen der Bahn. Die meisten Menschen haben einen Zettel, ein Ticket, | |
ein Smartphone in der Hand, versuchen nun mühselig diese deutschen Orts- | |
und Städtenamen auszusprechen und zu klären, wie sie weiterkommen. | |
## Private Hilfsangebote nutzen gerade nicht viel | |
Mit Durchsagen auf Ukrainisch und Russisch verweist die Bahn auf die S-Bahn | |
zum Hauptbahnhof Hannover. Weitere Züge fahren direkt Richtung Süden und | |
auch einige Reisebusse, die Zentrale Aufnahmestellen in anderen | |
Bundesländern ansteuern. | |
Für diejenigen, die nicht wissen wohin oder die hier am Abend nicht mehr | |
wegkommen, hat das Deutsche Rote Kreuz eine provisorische Unterkunft in der | |
Messehalle 13 eingerichtet – zusätzlich zu der Messehalle 27, in der schon | |
ein Zeltdorf mit bis zu 1.200 Schlafplätzen für die Stadt Hannover | |
aufgebaut wurde. | |
An privaten Unterbringungsangeboten gibt es also erst einmal keinen Bedarf | |
– eine junge Frau mit einem Pappschild in der Hand versucht aber trotzdem, | |
ihre eigene Rettungsmission zu starten. Die meisten, die sie anspricht, | |
lehnen ab. | |
Eine ähnlich gut gemeinte Geste findet sich am Ausgang des Bahnhofs. Dort | |
hat jemand einen Haufen Kuscheltiere deponiert. „Oh nein, die müssen wir | |
nachher wieder alle wegschmeißen“, seufzt eine leitende DRK-Funktionärin. | |
„Kein Mensch gibt seinem Kind ein Kuscheltier, von dem man nicht weiß, wo | |
es war.“ | |
12 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Nadine Conti | |
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