| # taz.de -- Angriffe auf Journalist*innen: Arbeiten unter Pressefeinden | |
| > 252 Angriffe auf Journalist*innen gab es 2020 in Deutschland. Ein | |
| > Großteil der Angriffe ging von „Querdenken“-Demos aus. | |
| Bild: Polizisten kesseln Hooligans auf der „Querdenken“-Demo in Düsseldorf… | |
| Die Zahl ist erschütternd: 252 Angriffe auf Journalist*innen gab es im | |
| vergangenen Jahr in Deutschland. Das hat die Bundesregierung gerade [1][auf | |
| eine Kleine Anfrage der Grünen] geantwortet. 252. Das sind mehr als doppelt | |
| so viele wie im Jahr zuvor. Dazu zählen Körperverletzung, Nötigung, | |
| Bedrohung, Brandstiftung, Raub. | |
| Ein großer Teil dieser Angriffe ging von Demonstrationen aus, [2][viele von | |
| Anti-Coronademos]. Sie kommen also von Menschen, die eine „Coronadiktatur“ | |
| aufziehen sehen, die Coronamaßnahmen mit dem Ermächtigungsgesetz der Nazis | |
| vergleichen und einen „Putsch gegen das Grundgesetz“ vermuten. Von | |
| Menschen, die sich für die letzten Freiheitskämpfer*innen halten, in | |
| einem Land, das von einer Despotin regiert wird. In Wirklichkeit greifen | |
| diese Menschen aber etwas sehr Fundamentales einer freien Gesellschaft an, | |
| nämlich die Presse. | |
| Die Grünen fragen in ihrem Papier die Bundesregierung auch, welche Schlüsse | |
| sie daraus zieht, dass in Teilen der Gesellschaft offenbar eine zunehmende | |
| Feindseligkeit gegenüber Medien wachse. Die Bundesregierung will von so | |
| einer „Verallgemeinerung“ nichts wissen. Dabei lassen ihre eigenen Zahlen | |
| auf eine allgemeine Aussage schließen: 144 Angriffe waren rechts motiviert. | |
| Sachsen ist laut der Statistik das Bundesland, in dem Journalist*innen | |
| am häufigsten angegriffen werden. Man muss also gar nicht erst | |
| [3][Washington-Korrespondent] werden, um den Pressefeinden | |
| gegenüberzustehen. Demos in Sachsen sind der gefährlichste Ort für | |
| Journalist*innen in Deutschland. | |
| ## Ein interessanter Gegensatz | |
| Man kann nur allen dankbar sein, die weiter von dort berichten. Die ihr | |
| Mikrofone und Kameras in diese Massen halten. Die unbeirrt arbeiten, wenn | |
| sie von Demonstrant*innen bedroht werden oder von der Polizei am | |
| Arbeiten gehindert werden. | |
| Denn da sind wir beim zweiten Problem: b[4][ei einer Polizei, die | |
| Journalist*innen auf Demos nicht schützt], sondern [5][schikaniert]. | |
| Der Presserat hat im Herbst neue Verhaltensgrundsätze für Medien und | |
| Polizei erarbeitet. Darin steht zum Beispiel, dass die Polizei sich | |
| verpflichtet, Journalist*innen zu schützen und damit die | |
| Berichterstattung zu ermöglichen, während Journalist*innen sich | |
| verpflichten, die Polizei nicht bei ihrer Arbeit zu behindern. | |
| Dieses Papier sollte auf der Innenministerkonferenz im vergangenen Dezember | |
| auf die Tagesordnung kommen. So wollte es der Presserat und so hatte es der | |
| Chef der Innenministerkonferenz, Georg Maier (SPD), angekündigt. Durch die | |
| Anfrage der Grünen kam nun heraus: Das Papier wurde dort nicht besprochen. | |
| Es ist schon ein interessanter Gegensatz. Wenn [6][eine taz-Autor*in | |
| polemisch in einer Kolumne] die Polizei kritisiert, läuft der | |
| Bundesinnenminister die Wände hoch und droht mit einer Strafanzeige. Wenn | |
| der Presserat die Innenminister bittet, die Polizei zum Schutz der Presse | |
| mehr in die Pflicht zu nehmen, passiert: nix. Und das bei 252 Angriffen auf | |
| Journalist*innen in einem Jahr. | |
| 24 Jan 2021 | |
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| [1] https://margit-stumpp.de/wp-content/uploads/2021/01/KA-19_25546.pdf | |
| [2] /Gewalt-gegen-JournalistInnen/!5724074 | |
| [3] /ZDF-Korrespondent-ueber-Gewalt-am-Kapitol/!5742754 | |
| [4] /Thueringer-Polizei-behindert-Journalisten/!5614282 | |
| [5] /Pressefreiheit-in-Sachsen/!5530302 | |
| [6] /Abschaffung-der-Polizei/!5689584 | |
| ## AUTOREN | |
| Anne Fromm | |
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