# taz.de -- Angriff auf Presse bei Stuttgarter Demo: „Hass deutlich gespürt�… | |
> Der Reporter Felix Zink und ein Kollege wollten von einer Kundgebung | |
> gegen Corona-Maßnahmen berichten. Dort wurden sie angeschrien und | |
> angegriffen. | |
Bild: Protest unter dem Motto „Es reicht!“ am Samstag in Stuttgart | |
taz: Herr Zink, am Samstag in Stuttgart waren Sie als Reporter für den SWR | |
bei der Kundgebung „Es reicht“ gegen Coronamaßnahmen. Sie wurden dort laut | |
Medienberichten bedrängt und angegriffen. Was ist aus Ihrer Sicht passiert? | |
Felix Zink: Wir sind gegen 13.30 Uhr bei der Kundgebung am Oberen | |
Schlossgarten eingetroffen. Dort hatten sich etwa 1.500 Menschen versammelt | |
– das sind die Angaben des Veranstalters und diese decken sich mit meiner | |
Einschätzung. Es herrschte zunächst friedliche Stimmung, ich habe zu diesem | |
Zeitpunkt [1][noch keine große Abneigung gegen die Presse gespürt]. | |
Allerdings trug ein Großteil keine Masken. Die Polizei machte dann eine | |
Durchsage, Masken anzuziehen, dem sind die meisten nicht nachgekommen. | |
Daraufhin hat nach meinem Wissen der Veranstalter die Kundgebung vorzeitig | |
beendet. | |
Wie kam es zu dem Angriff? | |
In dem Moment, als die Teilnehmer begannen, sich in alle Richtungen zu | |
zerstreuen, standen wir hinter der Kundgebung, noch hinter uns standen | |
zwischen sechs und neun Personen von der Polizei in voller Schutzmontur. | |
Wir wollten noch ein paar Übersichtsbilder drehen, da sah ich aus dem | |
Augenwinkel einen Mann, der einen Gegenstand gezielt Richtung Kopf meines | |
Kollegen an der Kamera warf. Der Gegenstand stellte sich später als | |
Verpackungsmüll heraus. Juristisch gesehen ist das ein Angriff, das ist | |
korrekt berichtet worden. Allerdings ist mir wichtig zu betonen, dass der | |
Vorfall keine vergleichbaren Ausmaße hatte wie [2][der Angriff auf das | |
ZDF-Team in Berlin vor einem Jahr]. | |
Mein Kollege wurde nicht getroffen. Sekunden später hat unsere Security | |
eingegriffen und den Mann zur Polizei gebracht. Wir sind unverletzt | |
geblieben. Dieses Erlebnis war für mich weniger erschreckend. Dann jedoch | |
sind wir in die Innenstadt gegangen, weil wir hörten, dass einige Hundert | |
Menschen da weiter demonstrierten. Dort wurden Sprechchöre an uns | |
gerichtet, dass wir uns schämen sollten, dass wir uns verpissen sollten, | |
dass uns keiner hier traue. Eine Gruppe Männer, groß, durchtrainiert, weiß, | |
bedrängte uns und schrie uns an, das mündete dann in ein Pfeifkonzert der | |
Umstehenden. Ich möchte nicht von „einkesseln“ sprechen. Aber überall um | |
uns herum standen Menschen und schrien uns an. Ich selbst wurde unter | |
anderem als „Hurensohn“ bezeichnet. | |
Wie haben Sie reagiert? | |
Ich habe den Dreh abgebrochen. Ich kenne die Abläufe dieser Demos und bin | |
gewohnt, dass es aufgeheizt werden kann. Aber diese Stimmung habe ich so | |
noch nicht erlebt. Man wird mal beleidigt. Aber Sprechchöre gegen die | |
Presse und dass sich so viele der Umstehenden davon mitreißen lassen, das | |
kannte ich bisher noch nicht. Man hat den Hass deutlich gespürt. Das war | |
ganz weit weg von sachlicher Kritik – einfach nur Aggression. Das hat mir | |
tatsächlich als Reporter Angst gemacht. | |
Haben Sie diese Menschen politisch zuordnen können? | |
Ich habe keine rechten oder sonstigen politischen Symbole gesehen. Es wurde | |
„Lügenpresse“ skandiert, was ein Begriff ist, den vor allem die rechte | |
Szene geprägt hat, der aber mittlerweile an vielen Stellen erschreckend | |
schnell genannt wird, wenn die Berichterstattung schlicht nicht zur | |
persönlichen Überzeugung passt. Auf der Kundgebung zuvor habe ich eher ein | |
Potpourri wahrgenommen: Konservative, „Hippies“, das Verschwörungsmilieu | |
mit „Stoppt Gates“- und „Stoppt die Diktatur“-Plakaten. Auch Menschen v… | |
nebenan, die vielleicht eindeutige Antworten auf komplexe Fragen suchen. | |
Ich habe mich ja mit einigen unterhalten, die sprachen sachlich mit mir. | |
Mir ist auch wichtig zu sagen, dass sich nicht alle Teilnehmer an den | |
späteren Rufen und Beleidigungen in der Innenstadt beteiligt haben. | |
Allerdings waren diejenigen, die nicht mitmachten, in der Minderheit. | |
Wie schützen Sie sich? | |
Bei Demos nehmen wir beim SWR mittlerweile oft Personenschutz mit. Bei | |
Demos gegen die Coronamaßnahmen ist es inzwischen Standard. Der | |
Personenschutz hat gute Arbeit geleistet, das Team war für mich und meinen | |
Kollegen da, als es gebraucht wurde. Gerade wegen des Security-Teams bin | |
ich eingangs nicht mit einem schlechten Gefühl zur Demo gegangen. Und | |
obwohl uns nichts geschehen ist, war ich am Ende einfach froh, dass es | |
dabei war. Allein diese Erkenntnis finde ich erschreckend. | |
17 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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