# taz.de -- Ampelkoalition zur Saarlandwahl: Eine Siegerin und zwei Fast-Gewinn… | |
> Die SPD sieht sich durch die Saar-Wahl auch überregional gestärkt. FDP | |
> und Grüne verpassen den Landtagseinzug – und spielen die Bedeutung der | |
> Wahl herunter. | |
Bild: Blumen für die Wahlsiegerin: Olaf Scholz und Anke Rehlinger | |
BERLIN UND SAARBRÜCKEN taz | „Übermäßige Nervosität verhagelt das | |
Ergebnis“, sagte [1][Anke Rehlinger während des Saarland-Wahlkampfes] der | |
taz auf die Frage, wie sie mit dem Erwartungsdruck umgehe. Sie hat die | |
Nerven bewahrt. Die SPD-Spitzenkandidatin und ihre Landespartei gewannen am | |
Sonntag 43,5 Prozent und damit die absolute Mehrheit im Landtag. | |
Die SPD holte vor allem Wähler:innen der CDU und Linkspartei zu sich. | |
Arbeiter, Angestellte und Rentner wählten ebenfalls mehrheitlich | |
sozialdemokratisch. „Die SPD wird wieder als Partei der ‚kleinen Leute‘ | |
erkannt“, erklärte Horst Kahrs von der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Gleichwohl | |
ist es wohl eher die Person Anke Rehlinger, der die Wähler:innen | |
vertrauen. So bescheinigten sie der SPD höchste Kompetenz auf den Feldern | |
„Energiepolitik“ und „Wirtschaft“. Themen, um die sich Rehlinger in den | |
vergangenen Jahren bereits als Wirtschaftsministerin kümmerte. | |
## Rehlinger reiste direkt nach Berlin | |
In Saarbrücken trat am Montagvormittag die neue SPD-Landtagsfraktion | |
zusammen. Fraktionschef Ulrich Commerçon sprach von einem überwältigenden | |
Wahlergebnis und einem klaren Auftrag für seine Partei, das Land in den | |
nächsten fünf Jahren allein zu regieren. Einstimmig nominierte die auf 29 | |
Abgeordnete angewachsene Fraktion Rehlinger als künftige | |
Ministerpräsidentin. | |
Diese war am gleichen Tag nach Berlin gereist. In der Parteizentrale | |
bedankte sie sich bei der Bundesvorsitzenden Saskia Esken für die | |
Unterstützung aus Berlin. Die bundes- und landespolitische Prominenz hatte | |
im Wahlkampf in Saarbrücken vorbeigeschaut – von Malu Dreyer bis Olaf | |
Scholz. „Das ist eine großartige Gemeinschaftsleistung“, lobte Rehlinger. | |
Und nutzte die Gelegenheit, um den Staffelstab an die Genoss:innen in | |
Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zu übergeben, wo im Mai gewählt | |
wird. „Wir befinden uns in der Wechselzone“, so die begeisterte | |
Leichtathletin. Sie hofft nun auf ein gutes Wahljahr. Auch Esken sieht die | |
SPD gestärkt und betonte, dass man nunmehr in 8 von 16 Bundesländern die | |
Ministerpräsident:in stelle. | |
Die [2][SPD misst dem Ergebnis der Landtagswahl also eine gehörige | |
überregionale Ausstrahlung] bei, hofft auf einen Rehlinger-Schub. Je | |
bescheidener ihr Ergebnis, umso weniger bundesweite Bedeutung messen indes | |
die anderen Parteien der Wahl bei. FDP-Parteichef Christian Lindner | |
lächelte am Montag neben der FDP-Spitzenkandidatin Angelika Hießerich-Peter | |
in Berlin etwas angestrengt in die Kameras. Mit 4,8 Prozent hat die | |
Saar-FDP den Einzug in den Landtag knapp verpasst. | |
„Das Saarland ist für uns kein leichtes Pflaster“, erklärt Lindner. „Ze… | |
Jahre waren wir dort nur in der außerparlamentarischen Opposition. Deshalb | |
ist der Anlauf für uns als kleinere Partei weit.“ 2012 flog die FDP mit 1,2 | |
Prozent aus dem Landtag. Bei der Wahl 2017 kam sie auf 3,3 Prozent. Dass | |
sie nun immerhin in die Nähe der Fünfprozenthürde kam, bezeichnet Lindner | |
als „ordentlichen Gewinn“. Das sieht die Spitzenkandidatin Hießerich-Peter | |
auch so. Dennoch: „4,8 sind eben nicht 5 Prozent. Insofern nehmen wir das | |
jetzt mal zur Kenntnis und als Arbeitsauftrag an.“ | |
Die offizielle Lesart der FDP ist dennoch wenig selbstkritisch: Die Wahl | |
sei sehr auf die Ministerpräsidentenfrage konzentriert gewesen, worunter | |
die kleinen Parteien gelitten hätten. Was Lindner auch wichtig ist: Eine | |
bundespolitische Bedeutung kann er nicht erkennen, genauso wenig wie eine | |
Auswirkung auf die anstehenden Wahlen in NRW und in Schleswig-Holstein, wo | |
die FDP derzeit mit Schwarz-Gelb und einem Jamaika-Bündnis mitregiert. „Das | |
ist eine Wahl an der Saar gewesen, die sehr eigene Gesetze hatte.“ | |
Fast trotzig reagiert Lindner auf die Frage, ob der von der FDP gepushte | |
Lockerungskurs der Ampel in der Coronapolitik seiner Partei nicht geschadet | |
habe. Eine Kurskorrektur kommt für ihn nicht infrage: „Die Vorstellung, | |
dass die FDP eine Coronapolitik formuliert in Gedanken an Wahlkämpfe, ist | |
falsch.“ | |
## Kuriose Niederlage | |
Die Grünen erlebten am [3][Sonntag eine kuriose Niederlage]: Fast alle | |
Hochrechnungen hatten sie über der Fünfprozenthürde gesehen, am Ende | |
reichte es aber doch nicht – ganze 23 Stimmen fehlten. Spitzenkandidatin | |
Lisa Becker kündigte am Montag an, eine Neuauszählung zu beantragen. Es | |
gebe aber nur „einen Funken Hoffnung“, dass sich das Ergebnis noch ändere. | |
Kurios ist das Ergebnis auch, weil der Bundestrend für die Partei gerade | |
gut aussieht. Robert Habeck und Annalena Baerbock sind aktuell die | |
Kabinettsmitglieder mit den besten Umfragewerten, bei der Sonntagsfrage | |
sind die Grünen wieder auf 18 Prozent geklettert. | |
Dass der Bundestrend jetzt nicht entscheidend geholfen hat, liegt | |
sicherlich auch an der besonderen Vorgeschichte im Saarland. Die Konflikte | |
im traditionell zerstrittenen Landesverband, der zur Bundestagswahl noch | |
nicht mal eine rechtsgültige Liste zustandebrachte, sind noch immer nicht | |
komplett befriedet. Bis zuletzt gab es Störfeuer. Drei Tage vor dem | |
Wahltermin erklärte der Kommunalpolitiker Ralph Rouget überraschend seinen | |
Parteiaustritt und die Grünen im Saarland für „koalitionsunfähig“. Die | |
Wähler:innen sahen es wohl ähnlich: Laut Infratest gaben 75 Prozent an, | |
dass die Saar-Grünen kein geeignetes Regierungspersonal hätten. Die | |
Bundesvorsitzende Ricarda Lang betonte, das Ergebnis stehe „nicht im | |
Zusammenhang mit dem, was im Bund passiert und auch nicht mit den kommenden | |
Landtagswahlen.“ | |
SPD-Chefin Esken beruhigte im Willy-Brandt-Haus, dass sich das | |
Kräftedreieck in der Ampel durch die nun gestärkte SPD nicht verschieben | |
werde. Man arbeite weiter partnerschaftlich zusammen. Ihre Appelle gingen | |
vielmehr an die abgestrafte CDU: Sie wünsche sich, dass man bei der | |
Impfpflicht zu einer gemeinsamen Lösung komme – Streit würde schaden. | |
28 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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Tobias Schulze | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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