# taz.de -- Ambitionen von Markus Söder: Der Hund will die Wurst | |
> Jetzt unterstützt er Armin Laschet. Doch sollte der Unions-Kandidat nicht | |
> Kanzler werden, könnte es der bayerische Ministerpräsident in vier Jahren | |
> selbst versuchen wollen. | |
Bild: Auf dem Parteitag demonstrierte Markus Söder nochmal Einigkeit mit Armin… | |
Freitag vergangene Woche, es ist Mittag. Die ersten Delegierten kommen in | |
der Halle 7A der Nürnberger Messe an. Auf den Tischen liegt schon ein | |
Schreibblock bereit, daneben ein dickes Buch mit all den Anträgen, über die | |
es auf diesem CSU-Parteitag abzustimmen gilt, aber auch die aktuelle | |
Ausgabe der Neuen Apotheken Illustrierten – Titelgeschichte: „Angst | |
überwinden“. Ein kleiner Service der Parteitagsregie? Angesichts der | |
aktuellen Umfragewerte wäre dieser jedenfalls nicht ganz unbegründet. | |
Gegen 14 Uhr trifft CSU-Chef Markus Söder ein und sagt vor dem Osteingang | |
des Messegeländes ein paar Sätze in die Kameras: Den Trend wolle man an | |
diesem Wochenende brechen, ein Signal für Armin Laschet aussenden und, | |
klar, Geschlossenheit zeigen. | |
Bevor Laschet am Samstag ebenfalls nach Nürnberg kommt, gilt es für Söder | |
noch schnell eine Wahl zu gewinnen. Er wird es tun, so viel kann man | |
vorwegnehmen: Mit 87, 6 Prozent der Delegiertenstimmen wird er als | |
Parteichef wiedergewählt werden. Das sind 3,7 Prozentpunkte weniger als vor | |
zwei Jahren, aber das interessiert hier heute niemanden. Denn die | |
Bundestagswahl ist die wesentlich spannendere Wahl, in deren Kontext dieser | |
Parteitag steht. | |
Ob er selbst nicht auch zu den schlechten Zustimmungswerten für die Union | |
beigetragen habe, will ein Reporter von Söder wissen, schließlich habe er | |
gezeigt, dass er Laschet nicht für den richtigen Kandidaten halte. Söder | |
schaut irritiert, als habe man ihn gefragt, ob er mit Anton Hofreiter in | |
den Urlaub fahren wolle. Dann runzelt er in aller Ausführlichkeit die | |
Stirn, bis auch die letzte Kamera dieses Stirnrunzeln eingefangen haben | |
muss, und fragt: „Warum?“ Nein, das könne er nicht erkennen. Mehr nicht. | |
Bei der Bundestagswahl in zwei Wochen steht jedenfalls viel auf dem Spiel | |
für die Union. Laut ZDF-„Politbarometer“ liegt sie gerade noch bei 22 | |
Prozent. Und auch die CSU ist Umfragen zufolge auf ein historisches Tief | |
abgestürzt: 28 Prozent. Das sind zwar sechs Prozentpunkte mehr als bei der | |
Schwesterpartei, aber eben auch elf Prozentpunkte weniger als bei der | |
letzten Bundestagswahl. | |
Die CSU würde damit bundesweit sogar die Fünf-Prozent-Hürde reißen. | |
Praktisch hätte das keine Auswirkung, weil die CSU-Abgeordneten in der | |
Regel nur über ihre Direktmandate ins Parlament einziehen. Und selbst wenn | |
die Liste zum Tragen käme, würde eine Regel die Christsozialen vor | |
Schlimmerem bewahren, wonach jede Partei, die mindestens drei Direktmandate | |
erlangt, entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einziehen | |
darf. Psychologisch jedoch ist die Marke bedeutend. Die CSU-Spitze hofft | |
daher, die Partei in einer letzten Kraftanstrengung noch über die 30 | |
Prozent zu hieven – bemüht sich zugleich aber schon mal vorsorglich, den | |
Bundestrend – sprich: Laschet – für das drohende Desaster verantwortlich zu | |
machen. „Natürlich stünden wir mit Markus Söder besser da“, ließ | |
Generalsekretär Markus Blume den Spiegel unmittelbar vor dem Parteitag | |
wissen, um sich kurz darauf quasi zu entschuldigen. Er habe nur das | |
Ergebnis in Bayern gemeint. Dabei hat Blume ja recht: Laut einer | |
Civey-Umfrage käme die Union mit Söder als Kandidat auf 37 Prozent. In | |
Worten: siebenunddreißig. | |
Wie also wollen CSU und CDU den Trend noch umkehren? Indem sie den | |
Wahlkampf in den letzten beiden Wochen noch so richtig rocken. Sagt Markus | |
Söder. | |
## Angst vor den Linken | |
Einen Vorgeschmack, wie das aussehen soll, will Söder an diesem Nachmittag | |
in seiner Rede geben, die er zuvor in ungewohnter Koketterie als seinen | |
„minimalen Beitrag“ bezeichnet hat, bevor dann tags darauf eine „sehr, se… | |
starke Rede von Armin Laschet“ zu erwarten sei. Diese Tonart ist neu. | |
Es ist 16.02 Uhr. Der Parteitag ist in Fahrt gekommen. Blume kündigt den | |
nächsten Show Act an, der auf der Tagesordnung schlicht „Bericht des | |
Parteivorsitzenden“ heißt. Blume schreit ins Mikrofon: „Und hier ist er: | |
Dr. Markus Söder.“ Während auf der Großleinwand noch schnell ein | |
Werbefilmchen über den Vorsitzenden gezeigt wird, eilt dieser schon | |
federnden Schrittes auf die Bühne. Und da steht er nun, groß, breit und | |
mächtig. Mit durchgedrücktem Kreuz. Wenn es stimmt, was manche sagen, dass | |
er nach der Niederlage bei der Kandidatenkür ein paar Kilo verloren haben | |
soll – dann hat er sie inzwischen wiedergefunden. | |
Die Rede, die folgt, ist nicht neu. Größtenteils deckt sie sich mit dem, | |
was Söder vier Tage zuvor beim Politischen Gillamoos präsentiert hat. Auch | |
mit seinen Auftritten auf der Stadiontour seiner Partei. Doch diesmal | |
scheint dann tatsächlich etwas mehr Elan dahinterzustecken. „Es droht ein | |
politischer Erdrutsch“, sagt Söder. „An diesem Wochenende wird Geschichte | |
gemacht“, sagt Söder. „Wir werden den Linken zeigen, dass wir noch nicht | |
aufgegeben haben“, sagt Söder. Und: „Wir wollen keinen Linksrutsch in | |
Deutschland und für alle Journalisten zum Mitschreiben: Wir wollen Armin | |
Laschet als Kanzler haben.“ Ein gewaltiger Applaus hebt an. | |
Oder kommt er einem vielleicht nur deswegen so gewaltig vor, weil man es in | |
Coronazeiten nicht mehr gewohnt ist, 700 Menschen gleichzeitig klatschen zu | |
hören? | |
Armin Laschet als Kanzler also. Ist es wirklich das, was Söder will? | |
Es ist interessant, dass die Frage, was Markus Söder will, in den | |
vergangenen Monaten überhaupt in den Vordergrund gerückt ist. Schließlich | |
ist es eine Frage, die man sich über Jahre hinweg gar nicht gestellt hat. | |
Da war völlig klar, was Söder wollte. Am Ende machte der Politiker auch | |
keinen Hehl mehr daraus: Söder wollte bayerischer Ministerpräsident werden. | |
Und er zeigte Ausdauer. Das Ziel klar vor Augen, machte er seinen Job – ob | |
nun als Europa-, Umwelt- oder Finanzminister war ihm dabei einerlei, es | |
waren ja nur Zwischenstationen auf seinem Weg. | |
Im Frühjahr 2018 war es dann so weit. Nach turbulenten Wochen | |
verabschiedete sich Horst Seehofer, der eigentlich noch eine dritte | |
Amtsperiode als Ministerpräsident dranhängen wollte, nicht ganz aus freien | |
Stücken nach Berlin. Nun durfte der Maurersohn aus Nürnberg in die | |
Staatskanzlei einziehen. Wenige Monate später übernahm er dann auch noch | |
den Job des Parteichefs. Söder war am Ziel. So schien es. Und so mag er | |
selbst es damals auch gesehen haben. | |
## Zwischen Aiwanger und Schweinepest | |
Und jetzt? Wird das laut Franz Josef Strauß „schönste Amt der Welt“ | |
vielleicht doch etwas langweilig? Gewiss, an Aufgaben mangelt es nicht: | |
Corona und die Folgen, der Klimawandel, da hat auch ein Ministerpräsident | |
gut zu tun, ein CSU-Chef ohnehin. Und die Partei wieder zu alten Höhen | |
zurückzuführen, sie bei den Landtagswahlen 2023 zur absoluten Mehrheit zu | |
führen, das wäre ein ehrgeiziges Ziel, aber selbst im Falle des Erfolgs | |
eben doch nur eine nette Randnotiz in den Geschichtsbüchern. Kann das genug | |
fürs Söder’sche Ego sein? Jetzt noch, wo das Kanzleramt schon einmal so | |
nahe war? | |
Nein, Söder habe da schon Blut geleckt, sagt Hans Well am Telefon. Well | |
beobachtet Markus Söder mit besonders großem Interesse – schon seit dessen | |
Zeit als JU-Chef und Generalsekretär in den Nullerjahren. „München ist für | |
einen Titanen wie ihn zu klein“, erklärt Well, der drei Jahrzehnte lang für | |
die bissigen Texte der in Bayern legendären Biermösl Blosn verantwortlich | |
war und inzwischen mit seinen Kindern als die Wellbappn durch die Lande | |
zieht. „Ein G20-Gipfel in Washington reizt das Ego Söders vermutlich mehr | |
als ein Auftritt im Kötztinger Bierzelt oder ein Dasein in München zwischen | |
Aiwanger und Schweinepest.“ Bei seinem Coming-out als Kanzlerkandidat sei | |
das „Mein Platz ist in Bayern“-Mantra sehr schnell vergessen gewesen. | |
Auch die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch meint, dass Söder „nicht der | |
Typ für Ambitionslosigkeit“ sei. „Er braucht den Wettbewerb und immer | |
wieder neue Aufgaben“, sagt die Leiterin der Akademie für Politische | |
Bildung in Tutzing. | |
Das Kanzleramt, ja, das hätte neue Aufgaben versprochen. | |
Und jetzt also wünscht sich Söder allen Ernstes einen Kanzler Laschet? | |
Immerhin: Auf dem langen Weg zur Messehalle begegnet man auf den Plakaten | |
erst mal nur dem Konterfei Laschets, erst auf den letzten Metern kommt | |
Söder. Was denn alle hätten, wundert man sich in der CSU, in vergangenen | |
Wahlkämpfen habe es ganz andere Antagonismen gegeben. Man denke an Seehofer | |
und Merkel oder gar Strauß und Kohl. In der Nacht auf Samstag werden noch | |
ein paar zusätzliche Laschet-Plakate aufgehängt. | |
Er unterstütze Armin Laschet hundertprozentig, das ist der Satz, der seit | |
Wochen in so ziemlich jeder Söder-Rede fällt. Es ist die Betonung dessen, | |
was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Was fehlt: die | |
Begründung. Ein Loblied auf den Kandidaten, eine Erklärung, warum Laschet | |
ein starker Kanzler wäre, warum Deutschland Laschet braucht. | |
Sie habe anfangs auch nicht den Eindruck gehabt, dass Söder Laschet voll | |
unterstütze, sagt Ursula Münch. „Markus Söder war auch schon in der | |
Vergangenheit ein Meister der versteckten, aber unmissverständlichen Kritik | |
und der vermeintlich freundlich daherkommenden, verklausulierten | |
Abrechnung.“ Inzwischen scheine Söder aber umgeschwenkt zu haben, erzählt | |
Münch, vor allem wohl aus der Furcht, andernfalls gemeinsam unterzugehen. | |
„Ob das noch reicht – sowohl für den Erfolg als auch, um den Vorwurf der | |
mangelnden Unterstützung auszuräumen –, kann man getrost bezweifeln.“ | |
## Oder doch lieber Söder? | |
Und es ist ja kaum drei Wochen her, da flammte plötzlich eine kurze Debatte | |
auf, ob man nicht doch noch Söder zum Kandidaten küren solle. Der Passauer | |
Neuen Presse erklärte Markus Söder daraufhin: „Die Wahlzettel sind gedruckt | |
und die Wahlplakate geklebt, da macht es keinen Sinn, über einen | |
Kandidatentausch zu reden.“ Gedruckte Wahlzettel – ein besseres Argument | |
für Laschet fiel Söder nicht ein. | |
Es gibt verschiedene Erklärungsansätze für Söders Verhalten. Eine davon | |
ist, dass er einfach nicht anders kann. Dass die Kränkung der Niederlage | |
beim Kampf um die Kandidatur zum einen noch zu tief sitzt und er zum | |
anderen immer noch der Überzeugung ist, er wäre der bessere Kandidat. | |
Ursula Münch ist nicht allein mit der Ansicht, dass die Niederlage gegen | |
Laschet den CSU-Chef weiterhin umtreibt: „Erstens, weil er sich durch die | |
Art und Weise, wie Armin Laschet tatsächlich Wahlkampf betreibt, in seiner | |
Kritik an ihm bestätigt fühlen kann. Zweitens, weil es ihn wohl immer noch | |
ärgert, dass die damalige Entscheidung innerhalb der CDU von einzelnen | |
Führungspersönlichkeiten und Gremien an weiten Teilen der Parteibasis | |
vorbei getroffen wurde.“ | |
Hans Well formuliert es nicht ganz so galant: „Der Söder hat das nie | |
überwunden, und er hat diese Niederlage, noch dazu gegen diesen | |
Karnevalisten, gegen diesen Faschingsprinzen, nicht verstehen können.“ | |
Dafür sprächen auch die ganzen Sticheleien, die sich Söder im Nachgang | |
nicht habe verkneifen können. So wie Söder behandelt wurde, gehe er | |
normalerweise mit seinen Gegnern um – dass ihm so etwas jetzt selber | |
widerfahren sei, schmerze doppelt. „Ausgerechnet er, der den Seehofer so | |
hinterfotzig abserviert hat, klagt jetzt darüber, wie ungerecht er | |
abserviert wurde.“ Seine Zurückweisung habe er „als hinterrücks | |
ausgeführten Meuchelmord“ empfunden. „Seitdem unterstützt er Laschet | |
solidarisch nach dem Motto: Ave Armin, Brutus lässt grüßen – diesen | |
Pyrrhussieg, den musst du Drecksau büßen.“ | |
Aber kann man mit so einer Niederlage als professioneller Politiker nicht | |
auch anders umgehen? Die eigene Kränkung der gemeinsamen Sache wegen | |
hintanstellen? Siehe Friedrich Merz, der ja mittlerweile zum größten | |
Laschet-Fan avanciert zu sein scheint. „Ja, der Merz, der hat ja was zu | |
gewinnen“, sagt Well. „Der will ja ein Ministeramt, eine Position, wo er | |
seine Blackrock-Ideale umsetzen kann. Dem Söder eröffnen eine Regierung | |
unter Laschet keine solchen Optionen.“ | |
Eine weitere Erklärung für den Mangel an demonstrativer Euphorie für | |
Laschet ist die Theorie, dass es ja nur in dessen Interesse sei, wenn die | |
CSU ihn in ihrem Wahlkampf weitgehend außen vor lässt und diesen | |
stattdessen ganz auf ihren Parteivorsitzenden, den „Kandidaten der Herzen“, | |
wie Generalsekretär Markus Blume Söder in pathetischem Überschwang | |
titulierte, ausrichtet. Denn je weniger Laschet und je mehr Söder, desto | |
mehr Stimmen für die CSU – und damit für die Union. Klingt gemein, ist aber | |
keineswegs absurd. | |
Söders Zeigefinger kommen kaum zur Ruhe. Mal bohrt er mit dem linken Löcher | |
in die Luft, mal zerschneidet er sie mit dem rechten. Wenn er von der | |
Mütterrente redet, der Pendlerpauschale oder dem Wohngeld, das ordentlich | |
erhöht gehöre. Vor allem aber warnt er vor der drohenden Linksregierung. | |
„Schumacher, Brandt und Schmidt würden sich im Grab umdrehen, wenn sie das | |
jetzt erleben müssten“, behauptet Söder. Für Millionen Menschen bedeutete | |
eine SPD-geführte Regierung eine Verschlechterung ihrer aktuellen | |
Lebenssituation. Und: „Ich hab keinen Bock auf Opposition.“ | |
## Der Gurkenhobelverkäufer | |
Auch wenn dies bedeutet, dass sein Widersacher Armin Laschet Kanzler wird? | |
Vielleicht hilft es, noch einmal einen Schritt zurückzutreten und zu | |
fragen, was Söder überhaupt im Frühjahr getrieben hat, sich um die | |
Kanzlerkandidatur zu bewerben, um eine Ahnung davon zu bekommen, was ihn | |
jetzt antreiben könnte. | |
Viele hatten damals daran gezweifelt, dass Söder am Ende tatsächlich in den | |
Ring steigen würde – weniger weil der es immer bestritten hatte, mehr weil | |
der 54-Jährige als einer bekannt ist, der das Risiko scheut. Aber dann ließ | |
er es doch auf den offenen Kampf ankommen. Söder kam, wollte und – | |
scheiterte. | |
Dass es aber auch danach nicht ganz leicht geworden wäre, war Söder | |
bewusst. „Ich glaube, dass die Deutschen die Bayern schon ganz gern mögen“, | |
sagte er einmal selbst. „Aber immer, wenn sie den Eindruck haben, ein Bayer | |
will Kanzler werden, entsteht die Sorge, künftig aus dem Hofbräuhaus | |
regiert zu werden.“ Nun ist zwar Söder Franke, entspricht nicht vollends | |
dem Bayernklischee, mit den beiden oberbayerischen Kanzlerkandidaten Franz | |
Josef Strauß und Edmund Stoiber hat er jedoch die Parteizugehörigkeit | |
gemein. Es ist ja nicht so, dass noch kein Bayer im Kanzleramt gesessen | |
habe, nur eben kein Christsozialer. Dass sich der Fürther Ludwig Erhard | |
ausgerechnet von einem aus dem Rheinland stammenden CDU-Chef, Konrad | |
Adenauer, in die CDU hat holen lassen, ist, aus der heutigen Gemengelage | |
betrachtet, ein unbedeutendes, aber amüsantes historisches Detail. | |
Tatsächlich wäre Söders Ausgangsposition wohl trotzdem ungleich besser als | |
die von Strauß oder Stoiber gewesen. Einiges hätte auf einen Erfolg Söders | |
bei den Wahlen hingedeutet. „Natürlich wäre er die bessere Wahl für die | |
C-Parteien gewesen“, glaubt auch Hans Well. „Der Söder war immer ein | |
Meister als Verkäufer. Ich hab ihn mir immer wunderbar als | |
Gurkenhobelverkäufer in irgendeiner Fußgängerzone vorstellen können, der da | |
die Auslaufmodelle als das Neueste vom Neuen vorstellt.“ | |
Ein erfolgreicher Kanzlerkandidat ist noch kein erfolgreicher Kanzler. Was, | |
wenn Söder tatsächlich Kanzler geworden wäre? | |
In der CSU, aber auch in der bayerischen Politik ist alles auf Söder | |
zugeschnitten. Kritik ist unerwünscht – und wird auch selten geäußert. Und | |
das System funktioniert. Es ist das, was Armin Laschet mit seiner | |
Anspielung auf Söders „One-Man-Show“ vor der Bundestagsfraktion gemeint | |
haben dürfte. Der Berliner Politbetrieb ist Söder dagegen bis heute fremd | |
und suspekt geblieben, hier verfügt er über keinerlei Netzwerk. Und Söder | |
hätte eine Regierung führen müssen, in der seine Partei der kleinste | |
Koalitionspartner wäre. Eine Partei, die zudem aktuell in Berlin – | |
abgesehen von Landesgruppenchef Alexander Dobrindt – personell kaum | |
auffällt. Eine starke Bastion sieht anders aus. | |
## Auch vergiftete Würste riechen gut | |
Trotzdem wollte sich der risikobewusste Söder auf dieses Vabanquespiel | |
einlassen. Warum? | |
Hans Well bezieht sich auf den Söder-Biografen Roman Deininger. Der habe | |
ein schönes Bild bemüht: „Wenn die Wurst vor dem Hund hängt, dann schnappt | |
er danach. Und wenn er noch so genau weiß, dass die Wurst vergiftet ist. | |
Ich glaub, so ähnlich war das.“ Die Verlockung sei einfach zu groß gewesen, | |
das zu erreichen, woran Strauß und Stoiber gescheitert seien. „Der | |
Wurstgeruch war zu stark für ihn.“ | |
Samstagmittag, Einzug Armin Laschet. Der Beifall, mit dem ihn die | |
Delegierten begrüßen, ist fulminant. Hinter ihm laufen JUler her, jubeln | |
und halten Schilder in die Höhe: „Damit Deutschland stabil bleibt.“ Ein | |
Beobachter twitter beeindruckt: „Falls das Schauspielkunst ist, dann | |
zumindest höhere.“ Auf der Bühne angekommen, sagt Söder zum | |
Kanzlerkandidaten: „Lieber Armin, ich weiß nicht, ob du überall so | |
euphorisch begrüßt wirst, bei uns wirst du es.“ | |
Es folgt eine ordentliche Rede, in der Laschet einmal mehr das linke | |
Schreckgespenst an die Wand malt, sich sogar zu der waghalsigen Behauptung | |
versteigt, die Sozialdemokraten hätten in allen Entscheidungen der | |
Nachkriegsgeschichte „immer auf der falschen Seite“ gestanden. | |
Am Ende frenetischer Applaus, Standing Ovations, „Armin“-Rufe. Söder dankt | |
für die „großartige Rede“; für ihn sei klar, sagt er, dass es am | |
Wahlsonntag nur eine mögliche Entscheidung gebe. Er stellt dem allerdings | |
einen Konditionalsatz voran: „wenn die Deutschen die Wahl haben zwischen | |
Scholz, Baerbock und Laschet“. | |
Wenn nun aber Laschet – und momentan ist das eine sehr reale Option – nicht | |
Kanzler werden sollte? Wird Söder dann in vier Jahren einen erneuten | |
Versuch unternehmen? „Ja, ich nehme an, dass Markus Söder dann nochmals die | |
Kanzlerkandidatur anstreben wird“, sagt Expertin Münch. Söder hätte dann | |
immerhin auch vier Jahre Zeit, um seine Truppen in Berlin zu sammeln. Der | |
CSU-Chef selbst hat dieser Option allerdings bereits eine Absage erteilt: | |
„Ich habe einmal ein Angebot gemacht, ein zweites Mal bringt überhaupt | |
nix.“ Schon klar, sein Platz ist in Bayern. | |
13 Sep 2021 | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
## TAGS | |
CSU | |
CDU/CSU | |
CSU-Parteitag | |
Markus Söder | |
Armin Laschet | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
GNS | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
SPD-Politiker Carsten Brosda: Beerbt er die Kulturbeauftragte? | |
Schafft die CDU es nicht in die nächste Bundesregierung, ist wohl auch | |
Monika Grütters ihren Job los. Carsten Brosda scharrt schon mit den Hufen. | |
CSU-Parteitag mit Söder und Laschet: Verordnete Geschlossenheit | |
Scheinbar begeistert beklatschen die CSU-Delegierten Unions-Kanzlerkandidat | |
Armin Laschet. Ob das die beschworene Trendwende bringt? | |
Unions-Kanzlerkandidat im Wahlkampf: Laschet setzt aufs Team | |
Mit neuen Themen und Köpfen hofft der Unionskandidat auf eine Trendwende im | |
Wahlkampf. Trotz schwachem Auftritt beim TV-Triell gibt er sich gelassen. | |
Freie Wähler umwerben Impfgegner: Aiwangers Ruhm ist Söders Dilemma | |
Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler in Bayern, präsentiert sich als | |
Impfskeptiker. Reicht es mit dieser Strategie am Ende gar für den | |
Bundestag? | |
Korruptionsaffäre um Schutzmasken: Nüßlein tritt aus CSU aus | |
Im Zuge der Korruptionsaffäre um Schutzmasken legt der CSU-Abgeordnete | |
Georg Nüßlein seine Ämter nieder, der CDU-Mann Nikolas Löbel gibt auch sein | |
Mandat ab. |