| # taz.de -- Alternative zu Spotify: Fairer streamen | |
| > Es muss nicht immer Spotify sein. Andere Unternehmen zahlen höhere | |
| > Tantiemen an Künstler*innen. Vielleicht überraschend: Apple gehört zu | |
| > diesem Kreis. | |
| Bild: Online-Radio, yeah! Rapperin Saweetie im Studio | |
| Berlin taz | Vor wenigen Tagen verkündete [1][Spotify] gute Nachrichten: | |
| Zahlende Kund*innen des schwedischen Streamingkonzerns können Musik ab | |
| sofort auch in verlustfreier Qualität hören. Dieser Schritt war lange | |
| erwartet worden, Mitbewerber bieten dieses Feature längst an oder gründen | |
| ihr gesamtes Geschäftsmodell darauf. | |
| Gute Nachrichten zu Spotify sind aktuell ohnehin selten. Die Firma steht in | |
| der Kritik, aus verschiedenen Gründen: Musiker*innen beklagen die | |
| [2][geringen Tantiemen], Labels zeigen sich irritiert, dass Aufmerksamkeit | |
| für neue Musik abseits des Algorithmus mit Kampagnen erkauft werden kann, | |
| wieder andere sind nicht damit einverstanden, dass der CEO Daniel Ek seine | |
| Börsengewinne investiert. | |
| Und ist das Bezahlabo nicht gerade zwei Euro teurer geworden? Spotify ist | |
| ein bisschen wie Whatsapp: Hat man eben, es geht ja irgendwie nicht ohne. | |
| Dabei gäbe es beim Streamen von Musik genauso vielfältige Auswahl wie beim | |
| Messaging. Signal, Threema, Telegram? Deezer, Tidal, Qobuz. Der Markt ist | |
| riesig: Von den 2,38 Milliarden Euro, die 2024 in Deutschland im | |
| Musikgeschäft umgesetzt wurden, entfallen 78,1 Prozent auf Streaming. | |
| Die Kund*innen können dabei entscheiden, was ihnen am wichtigsten ist: | |
| die Vergütung von Musiker*innen, der Umgang mit den persönlichen Daten, die | |
| Klangqualität, der Preis des monatlichen Abos oder zusätzliche Angebote | |
| rund um die Musik. Eine in vielen Punkten bessere Alternative zu Spotify | |
| ist hier ausgerechnet Apple Music. | |
| Zu lang auf dem Erfolg von iTunes ausgeruht | |
| Erst seit 2015 ist das US-Unternehmen mit Musikstreaming am Markt, | |
| erstaunlich spät für den einstigen Pionier: Seit 2003 verkaufte Apple über | |
| seinen iTunes-Store MP3s und veränderte damit nachhaltig die | |
| Musikindustrie: Das Angebot – ein Song für 0,99 Euro – war unschlagbar. Das | |
| Kaufen, Speichern, auf den iPod und später das iPhone übertragen war selbst | |
| für nicht technikaffine Menschen leicht. Doch man hatte sich zu lang auf | |
| dem Erfolg ausgeruht. | |
| Erst 2014, mit der Übernahme von Beats, der Kopfhörermarke des | |
| US-HipHoppers Dr. Dre, sicherte man sich die Technologie, Infrastruktur und | |
| Lizenzen für Apple Music. Heute liegt Apple Music global mit zwölf Prozent | |
| Marktanteil auf dem zweiten Platz hinter Spotify. In den USA mit rund 30 | |
| Prozent ebenfalls. | |
| Von Beginn an machte Apple beim Musikstreaming einiges anders. Ein eigener | |
| Radiosender begleitete das Angebot. Rund um die Uhr, produziert in Studios | |
| in Los Angeles, New York und London, präsentiert von Moderator*innen | |
| aus der internationalen Radiowelt und ergänzt mit Shows von | |
| Künstler*innen wie Elton John, Brian Eno oder Lady Gaga. | |
| ## Weltweit Studios für Onlineradios | |
| Ein werbefinanziertes Modell à la Spotify bietet Apple nicht an, im | |
| Gegenteil kann das auf mittlerweile sechs Sender angewachsene Radioprogramm | |
| live sogar kostenlos gehört werden, also ohne Apple-Music-Abo, das aktuell | |
| elf Euro pro Monat kostet. | |
| Apple wirft auf die Idee mit dem Onlineradio viel Geld. Weltweit entstanden | |
| in den letzten Jahren Studios, in denen Sendungen für die lokalen Märkte | |
| produziert werden. Eines davon steht in Berlin. Hier dreht sich das | |
| Programm vornehmlich um deutschsprachigen HipHop. | |
| Die Idee ist gut: lange Interviews, zweitverwertet als Video auf Youtube, | |
| Hintergrundgespräche, Gesprächsrunden, die über das Thema Musik | |
| hinausgehen. Zumindest die Abrufzahlen auf Googles Videoplattform belegen, | |
| dass das ankommt. Die erste Ausgabe von „Hyped Zeitgeist“, dem Talkformat | |
| von Aria Nejati, „Head of HipHop“ bei Apple Music Deutschland, hat knapp | |
| 200.000 Views. | |
| Mit kleinen Funktionen hat der Service viel Mehrwert geliefert, den andere | |
| Anbieter mittlerweile auch im Programm haben. Integration von Musikvideos | |
| ist ein Beispiel, Songtexte ein anderes. Letztere lassen sich im Netz | |
| einfach finden, sind aber auch vergütungspflichtig. Apple Music hat sie als | |
| erster Anbieter – ganz regulär von den Musikverlagen lizenziert – | |
| eingebunden in die App, synchron zum Mitsingen der Songs oder mit | |
| Karaoke-Funktion. | |
| Apple Music wird querfinanziert | |
| „Wir bezahlen jeden Stream“, betont Oliver Schusser, Musikchef bei Apple. | |
| Ein Seitenhieb gegen [3][Spotify], wo überhaupt erst Umsatz erzielt werden | |
| kann, nachdem ein Song mindestens 1.000 Mal gehört wurde. Apple kann sich | |
| die Lizenzen leisten: Das iPhone bleibt eine Gelddruckmaschine, über die | |
| andere Angebote querfinanziert werden können, auch Apple Music. Spotify hat | |
| diesen Luxus nicht. | |
| Bei der Streamingvergütung liegt Apple Music im oberen Mittelfeld. Wird ein | |
| Song einmal gehört, wird 0,01 US-Dollar ausgeschüttet. Das klingt wenig, | |
| ist im Vergleich aber gar nicht so schlecht. Tidal liegt knapp darüber, | |
| Spotify mit 0,006 US-Dollar deutlich darunter. Noch weniger zahlen Amazon | |
| und Youtube. | |
| Spotify schüttet knapp 70 Prozent des Umsatzes an Rechteinhaber*innen | |
| als Tantieme aus, Apple zahlt einen festen Satz von 52 Prozent. Die | |
| Querfinanzierung ist vielleicht das Zukunftsmodell. Und dürfte langfristig | |
| die Spreu vom Weizen trennen. Spotify wird dabei nicht vom Markt | |
| verschwinden, allein weil die drei verbliebenen Majorlabel Sony, Universal | |
| und Warner Mehrheitseigner sind. | |
| Separate App für klassische Musik | |
| Um auf diesem Markt bestehen zu können, braucht es aber weitere | |
| Einnahmequellen und immer neue Funktionen. Mit „Apple Classical“ gibt es | |
| seit zwei Jahren eine separate App, die klassische Musik anders | |
| aufbereitet. Verschiedene Einspielungen sind besser zu finden, es gibt | |
| Zusatzinformationen, die von Kenner*innen gerne genommen werden, wenn | |
| sie ihre Lieblingssinfonien auf dem Smartphone hören und teilen. | |
| Dieser Service war teuer, dient aber der Markenpflege. Die kalifornische | |
| Firmenzentrale in Cupertino bezahlt das aus der Portokasse. Das gilt auch | |
| für Moderator*innen von Radiosendungen, die Redaktion, die Playlists | |
| zusammenstellt und die Gig-Economy-Arbeiter*innen, die etwa Songtexte | |
| überprüfen oder neu abtippen und digitalisieren. | |
| Ob Apple mit dem Musikstreaming Gewinn erwirtschaftet, ist nicht bekannt. | |
| Das Unternehmen veröffentlicht generell keine Zahlen, die spezifische | |
| abofinanzierte Dienste betreffen. Messbare Steuereinnahmen für den | |
| heimischen Fiskus sind von den Beats und Sounds aber nicht zu erwarten – | |
| dazu ist das System aus Firmenniederlassungen zu verzweigt, wie bei | |
| praktisch allen Tech-Konzernen. | |
| Es ist nicht gesagt, dass Apple Spotify vom Thron stoßen kann; eine | |
| Alternative zum Platzhirschen aus Schweden ist es aber bereits geworden. | |
| 21 Sep 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Thaddeus Herrmann | |
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