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# taz.de -- Aktion „Alles dicht machen“: Schützen Sie unsere Stars!
> Prominente deutsche Schauspielstars veröffentlichen ironische Videos
> gegen die Coronapolitik. Wie schön, da bekommt man sie mal wieder zu
> Gesicht. Eine Glosse.
Bild: Ist er am Ende gar kein echter Professor? Jan Josef Liefers als Prof. Kar…
Mein Name ist Heiko Werning und ich bin taz-Autor. Ich wollte an dieser
Stelle einfach mal Danke sagen. Passender wäre es gewesen, diesen Dank in
einem Video zu übermitteln, aber das kann ich nicht, denn ich bin ja kein
Schauspieler. [1][Anders als die 51 mutigen Menschen], die nun statt meiner
endlich ihren Finger in den vom steckengebliebenen Lachen wunden Hals
bohren und ironisch die Coronamaßnahmen, die Regierung, die Medien und
Wissenschaftler loben: Martin Brambach, Meret Becker, Ulrich Tukur, Ulrike
Folkerts und sogar der lustige Professor Boerne halten uns allen, die wir
in unserer unkritischen, regierungstreuen Haltung am liebsten
#allesdichtmachen wollen, den Spiegel vor. Heike Makatsch war ursprünglich
auch Teil der Runde, hat ihr Video allerdings schon wieder zurückgezogen.
Sie fordern, den Lieferando-Boten nicht mehr reinzulassen, nur noch mit
Maske fernzusehen, abweichende Meinungen in den Medien nicht mehr anzuhören
oder, wie Professor Boerne, kritischen Stimmen aus der Wissenschaft, die
sich mit „Nobelpreistiteln schmücken, ich möchte sagen: tarnen, keine Bühne
zu geben, schließlich wissen nur ganz wenige Spezialisten, was wirklich gut
für uns ist.“ Während man einen renommierten Pathologen wie ihn einfach
nicht gefragt hat.
Es ist sehr wichtig, dass diese tapferen Recken sich so deutlich gegen das
herrschende Meinungskartell zur Wehr setzen und der Kritik Raum geben, die
man sonst nur in Untergrundschriften wie Bild oder Welt oder in Kommentaren
verfolgter Intellektueller wie Harald Martenstein, Jan Fleischhauer und dem
Wendler zu lesen bekommt. Es tut so gut, dass endlich einmal jemand darauf
hinweist, dass es auch noch Wissenschaftler wie Hendrik Streeck, Jonas
Schmidt-Chanasit oder Klaus Stöhr gibt, die außerhalb jeder zweiten
Talkshow niemals Gehör finden.
Endlich macht jemand auf das Leid all derer aufmerksam, die seit über einem
Jahr beständig im Homeoffice sitzen müssen, in Loft-Etagen und Häusern, die
so groß sind, dass sie oft nicht mal mehr den eigenen Familienmitgliedern
begegnen, während andere auf der Arbeit an der Supermarktkasse oder [2][im
Schlachthof beständig weiter ihre Freunde und Kolleginnen treffen] und den
ganzen Tag mit anderen Menschen oder doch zumindest mit Tieren zu tun
haben. Trotzdem werden die von den gleichgeschalteten Medien dauernd
bemitleidet wegen des Infektionsrisikos, dem sie dabei ausgesetzt sind.
Wann hörte man je eine Ulrike Folkerts darüber klagen, wie es sich anfühlt,
von psychopathischen Verbrechern eine Knarre an den Kopf gehalten zu
bekommen.
## Es weht ein scharfer Wind
Viel zu sehr auch wurde in dieser Pandemie bislang [3][der Fokus auf die
Opfer gelegt], von denen viele ja sowieso in den nächsten fünfzig Jahren
gestorben wären. Oder auf das Personal [4][auf den Intensivstationen], das
zwar das Privileg genießt, gut bezahlt mit sicheren Tarifverträgen in einem
krisensicheren Job zu arbeiten, sich aber dennoch dauernd über ein paar
Überstunden beschwert.
Während unsere Schauspielerinnen sich durchschlagen müssen von einem
gebührenfinanzierten „Tatort“ zum anderen, von einem Engagement am
staatlich subventionierten Theater zum nächsten. Endlich wird auch nicht
immer nur über die psychische Belastung gesprochen, die Pflegekräfte im
Dauereinsatz erleiden. Als würde Professor Boerne darüber klagen, dass er
dauernd Leichen aufschneiden muss!
Als Widerstandskämpfer, die sie nun einmal sind, weht unseren
Schauspielstars nun scharfer Wind entgegen. Unsolidarische Schlafschafe und
Systemnutten wie Elyas M`Barek oder Nora Tschirner hoffen vermutlich auf
eine Einladung zum Abendessen bei Merkel und fallen deshalb über ihre
wackeren Kolleginnen mit einem beleidigenden #allenichtganzdicht oder
„unfuckingfassbar“ her. Ein von der Regierung gelenkter Twitter-Mob
versucht derweil, sie in die rechte Ecke zu stellen. Zum Glück verwahren
sie sich sogleich „glasklar“ dagegen, wie der mutige Professor Boerne.
## Rechts auf der Bühne
Denn nur weil sie dasselbe sagen wie die Querdenker, AfDler oder
Echsenmenschenskeptiker, sind sie selbst natürlich [5][noch lange keine
Querdenker], AfDler oder Echsenmenschenskeptiker. Was können sie dafür,
wenn die Verantwortlichen und Koordinatoren der Website selbst mit dem
Querdenker-Milieu verbandelt sind? Sollen sie denn, wie Christian Ehrich
antizipiert, demnächst nach der Vorstellung alle auf die rechte Seite des
Theaters gehen, nur um keinen Applaus von rechts zu bekommen? (Allerdings:
von welchen Theatervorstellungen spricht der Mann da? Es bleibt doch alles
dicht!)
Schließlich möchte ich dafür danken, dass wir durch diese Aktion überhaupt
mal wieder etwas von diesen grundsympathischen Künstlerinnen hören. Denn
das ist ja der eigentliche Skandal: Dass wir uns vor lauter Lockdown alle
ins Netflix-Abo geflüchtet haben und plötzlich mit richtigen Schauspielern
in wirklich gut gemachten Filmen und Serien konfrontiert werden. Wenn das
so weiterginge – wer würde denn dann noch Nadja Uhl oder Wotan Wilke
Möhring sehen wollen?
Bitte bleiben Sie gesund – und schützen Sie unsere Stars!
23 Apr 2021
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/channel/UC3_dHQpx8O9JT2LW1U2Beuw
[2] /Soziologe-ueber-Arbeit-im-Schlachthof/!5708023
[3] /Trauer-in-der-Pandemie/!5763118
[4] /Intensivmediziner-zur-Coronalage/!5756629
[5] /Querdenker-ignorieren-Verbote/!5766932
## AUTOREN
Heiko Werning
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