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# taz.de -- AfD-„Wahlbeobachter“ in Russland: Auf Kuschelkurs mit dem Kreml
> AfD-Abgeordnete sind als Pseudo-Wahlbeobachter zu Putins
> „Präsidentschaftswahlen“ gereist. Wie bestellt redeten sie im
> Staatsfernsehen die Wahl schön.
Bild: Der Lieblingsdiktator der AfD: Wladimir Putin
Berlin taz | Bereitwillig spielten sie die ihnen zugedachte Rolle in Putins
Propaganda-TV. Vier AfD-Abgeordnete, die als Wahlbeobachter*innen
nach Russland gereist waren, hatten nach Abschluss ihrer Mission ihren
großen Auftritt im russischen Staatsfernsehen bei „RT DE“. Der ehemals als
„Russia Today“ bekannte Sender hat seine Lizenz EU-weit 2022 verloren, weil
er russische Propaganda ausstrahlt. Elena Roon, Andreas Jurca und Ulrich
Singer aus dem bayerischen Landtag sowie Olga Petersen aus der Hamburger
Bürgerschaft störte das nicht weiter: Sie lobten die vermeintlich „freien“
Präsidentschaftswahlen.
Die vier deutschen Rechtsausleger*innen waren nach Russland gereist,
um als vermeintliche Wahlbeobachter*innen der russischen Wahlfarce
beizuwohnen. Nach eigenen Angaben besuchten sie in Wladiwostok insgesamt 20
Wahllokale. Während [1][offizielle Wahlbeobachter der OSZE nicht einreisen
durften], ist es schon länger Praxis in Russland, Vertreter*innen
extrem rechter europäischer Parteien einzuladen, um den [2][Pseudowahlen
Legitimation zu verleihen]. Auch bei früheren Wahlen waren
AfD-Politiker*innen präsent.
Nochmal heikler ist eine solche AfD-Mission allerdings angesichts des seit
zwei Jahren tobenden Angriffskriegs gegen die Ukraine mit systematischen
Kriegsverbrechen, Massakern, Vergewaltigungen und Kindesentführungen durch
die russische Armee. Für ihre Reise nach Wladiwostok wurde die AfD-Gruppe
sowohl aus dem Bundesvorstand ihrer Partei als auch aus der bayerischen
Landtagsfraktion kritisiert. Der Bundesvorstand forderte sie vorab gar in
einer Mail auf, die Reise nicht anzutreten.
Das hat das Quartett jedoch nicht davon abbringen lassen. Ulrich Singer
sagte nach der „Wahl“ bei „RT DE“, er und die anderen Abgeordneten seien
als „Experten für Demokratie“ eingeladen worden. Man sei nicht im Auftrag
der Partei oder Fraktion gekommen, sondern im Rahmen des „freien Mandates“.
Singer nannte die Wahlen „transparent“ und „geheim“. Auch Olga Petersen…
der Hamburger Bürgerschaft behauptete: „Die Wahlen waren offen,
demokratisch und frei.“ Sie sei überrascht gewesen über die „transparenten
Wahlurnen“, es sei eine „Respektlosigkeit gegenüber dem russischen Volk“,
die Wahl nicht anzuerkennen. Es ist nicht das erste Mal, dass [3][Petersen
sich an russischer Desinformation beteiligt].
## AfD-Abgeordnete kommt ins Schwärmen
Elena Roon aus Bayern sprach davon, dass man gemäß der AfD-Parteilinie für
friedliche und gute Beziehungen zu Russland eintrete. Sie kam im TV-Studio
regelrecht ins Schwärmen über die gute Stimmung in der russischen
Wähler*innenschaft und bei Feierlichkeiten rund um die Wahllokale: Es
habe Konzerte, Essen und Trinken gegeben. Dazu sagte der Professor für
internationale Beziehungen [4][Gerhard Mangott der ARD]: Es gehe darum,
„überhaupt Menschen zu mobilisieren, zu Wahlen zu gehen, von denen viele
nicht glauben, dass sie frei und fair sind“.
Tatsächlich deuten viele Indizien auf eine großangelegte Manipulation der
Wahl. Das fängt bei der Nichtzulassung von echten Gegenkandidat*innen
an, zeigt sich aber auch in den Ergebnissen: Das unabhängige
russisch-deutsche Portal Dekoder, das hauptsächlich von nicht
staatsabhängigen Journalist*innen und international tätigen
Wissenschaftler*innen betrieben wird, hat auch bei der Wahl 2024
erneut deutliche [5][Hinweise auf „Wahlfälschung auf Rekordniveau“
festgestellt].
So sei bei demokratischen Wahlen zu erwarten, dass in Wahllokalen mit
niedriger und solchen mit hoher Wahlbeteiligung trotzdem ähnliche
Stimmanteile auf die verschiedenen Kandidaten entfalle. In Russland sei das
anders: Putin hätte überproportional viele Stimmen dort erzielt, wo die
Wahlbeteiligung offiziell besonders hoch gewesen sei, zum Beispiel in der
von Ramsan Kadyrow regierten Teilrepublik von Tschetschenien.
Gratulationen zum Wahlsieg Putins waren wohl auch deswegen selbst in AfD
eine Ausnahme. [6][Parteichef Tino Chrupalla] kritisierte zwar, dass
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Putin nicht gratuliert hatte,
wollte selbst allerdings auch nicht gratulieren. Der parlamentarische
Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Bundestag, Bernd Baumann, hatte am
Dienstag bei einem Pressegespräch gesagt, dass die Wahl „keine Wahl nach
demokratischen Maßstäben“ gewesen sei – das Land sei „keine Demokratie …
westlichen Maßstäben“.
Ganz anders äußerte sich jedoch der völkische Hardliner Hans-Thomas
Tillschneider. Der Vize-Parteichef und Landtagsabgeordnete in
Sachsen-Anhalt buckelte bereits direkt nach der Bekanntgabe der
Wahlergebnisse gen Putin: „Herzlichen Glückwunsch an ihn und an das
russische Volk. Ich wäre froh, wenn unsere Regierung unser Interesse so
wahren würde wie Putin das Interesse des russischen Volkes.“
20 Mar 2024
## LINKS
[1] https://orf.at/stories/3347138/
[2] /Die-AfD-und-der-Krieg-in-der-Ukraine/!5844230
[3] https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2022/09/30/gefaelschte-regier…
[4] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/russland-wahl-beobachter-afd-100.h…
[5] https://twitter.com/dekoder_org/status/1770105869482504580
[6] /Tino-Chrupalla-bei-Markus-Lanz/!5987562
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
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