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# taz.de -- Actionkomödie „Fatman“ als VoD: Der Weihnachtsmann ist aggro
> Der umstrittene Schauspieler Mel Gibson gibt in der satirischen
> Actionkomödie „Fatman“ einen zerknautschten, aber glücklich verheiratet…
> Santa Claus.
Bild: Sich mit Killern rumschlagen? Chris Chringle (Mel Gibson) muss das
Wie auch immer wir es feiern werden: Weihnachten kommt und mit dem Fest der
Liebe auch die Möglichkeit, alte und neue Weihnachtsfilme zu sehen, diesmal
allerdings nur im Fernsehen oder dem Streamingdienst der Wahl.
Die Antwort auf die Frage, was genau ein Weihnachtsfilm ist, hat sich dabei
im Lauf der Jahre ein wenig geändert: Einst zählte da nur so
offensichtliches wie „Ist das Leben nicht schön“, später vielleicht noch
„Die Muppets-Weihnachtsgeschichte“, doch schon ein moderner Klassiker wie
„Kevin – Allein zu Haus“ spielte zwar um Weihnachten, war jedoch ein
Weihnachtsfilm der offensichtlich anderen Art.
Noch weiter gehen Menschen, die „Bad Santa“ bevorzugen, in dem [1][Billy
Bob Thornton] einen saufenden, fluchenden, vögelnden Weihnachtsmann gibt,
andere wiederum bezeichnen den Bruce-Willis-Action Kracher „Stirb langsam“
als den Weihnachtsfilm schlechthin, nicht ganz zu Unrecht, schließlich
spielt auch er an Weihnachten und am Ende ist eine Familie in Liebe
vereint.
Vielleicht ist das der Kern des wahren Weihnachtsfilms, wie viel vorher
auch geflucht wird, wie viel auch zu Bruch geht, bevor die Kerzen
angezündet werden können: die Rückbesinnung auf familiäre Werte, ein
zumindest kurzfristiges Loslösen von materiellen Begierden, das besinnliche
Sitzen um den Weihnachtsbaum.
Ernst nehmen kann den Mythos vom Weihnachtsmann ohnehin niemand, der älter
als fünf ist, auch wenn die Geschichte vom beleibten Mann mit Rauschebart,
der irgendwo im Norden haust und zusammen mit seinen Elfen Geschenke
herstellt, ohne Frage etwas hat.
## Das Gegenteil vom kinderliebenden Geschenkeonkel
Mit diesem Wunschtraum spielt auch „Fatman“, ein Weihnachtsfilm des
Regieduos Eshom und Ian Nelms, der mit einer schier absurden Besetzungsidee
aufwartet: Kein Geringerer als [2][Mel Gibson] spielt den Weihnachtsmann
beziehungsweise Chris Cringle, was kein moderner Fantasiename ist, sondern
im angelsächsischen Raum eine Bezeichnung für Santa Claus.
Mit seinem Rauschebart und seiner inzwischen eher kräftigen Statur
entspricht Gibson fraglos dem Klischee des Weihnachtsmannes. Andererseits
ist seine von Wutausbrüchen und antisemitischen Tiraden geprägte
öffentliche Persona so ziemlich das Gegenteil des Bilds vom kinderliebenden
Geschenkeonkel.
So ahnt man schon beim ersten Blick auf Gibson, dass dieser Weihnachtsmann
nicht nur ganz offensichtlich an beruflich bedingten Depressionen leidet,
sondern auch ein gewaltiges Aggressionspotenzial hat. Und das braucht er
dringend, denn der von seinem Geschenk – ein Brocken Kohle – enttäuschte
kleine, aber durch und durch verdorbene Billy (Chance Hurstfield) hat dem
Weihnachtsmann einen Killer ([3][Walton Goggins]) auf den Hals gehetzt.
## Überdrehte Satire
Eine hübsch absurde Prämisse, angereichert mit genug seltsamen Ideen, um
auch dann bei der Stange zu halten, wenn der Tonfall einmal mehr
durcheinander gerät. Zwischen überdrehter Satire und zynischem
Antiweihnachtsfilm bewegen sich die Nelms-Brüder in „Fatman“, haben anfangs
etwa viel Spaß mit dem zwölfjährigen Billy, der selbst einen zweiten Platz
beim Jugend-forscht-Projekt zum Anlass nimmt, den Killer anzurufen,
vergessen seine Figur bald aber völlig.
Am Ende ist es dann doch die Gravitas des inzwischen 63-jährigen Mel
Gibson, dessen zerfurchtes, gezeichnetes Gesicht erschöpft und weltmüde
wirkt. Doch auch sein Chris Cringle kann sich am Ende der Heimeligkeit der
Weihnacht nicht entziehen, nicht zuletzt dank Frau Santa, gespielt von der
französischen Schauspielerin Marianne Jean-Baptiste.
Noch so eine ungewöhnliche Idee in einem Film, der mehr als Einzelteil denn
als Summe funktioniert, aber wie alle guten Weihnachtsfilme im Kreis der
Familie ein besinnliches Ende findet. Frohes Fest!
2 Dec 2020
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## AUTOREN
Michael Meyns
## TAGS
Spielfilm
Weihnachten
Satire
lesbisch
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Neu im Kino
Quentin Tarantino
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